was mir an der Seyboldhemmung so gefällt ist, daß sie Ungenauigkeiten im Räderwerk so gut verdaut. Es ist ja eine Hemmung mit konstanter Kraft.
An meiner Turmuhr lässt sich das richtig gut durchspielen.
Die gewünschte Amplitude wird mit dem Gegengewicht A eingestellt. (Ändert den Auflagedruck der Rolle D ). Ein Verstellen des Antriebsgewichtes B des Zwischenaufzugs wirkt nur auf das Hemmrad C, ändert aber die Amplitude nicht.
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Hierbei gibt es natürlich Grenzen. Wird die Antriebskraft zu gering, kann das Hemmrad den Hebel E nicht mehr anheben, die Uhr bleibt stehen. Wird die Antriebskraft zu weit erhöht, wird das Ticken sehr laut und der Verschleiß würde steigen. (Irgendwann wird auch der Druck auf den Anker F so stark, dass er nicht mehr ausgelöst wird).
Also: Antriebskraft am Räderwerk ändert nicht die Amplitude.
Hallo Bernd, Das erscheint auf den ersten Blick logisch ... Aber nur auf den ersten Blick. Die Hemmung liefert immer denselben Impuls, was das Pendel daraus macht, ist je nach Lust und Laune, Wind und Wetter und was sonst noch, eben nicht dasselbe.
Zum anderen muss das Pendel selbst, den Impuls auslösen, und das Drehmoment des Räderwerks, lastet auf der Kralle, und je nach Temperatur und Ölzustand dort und dem Druck aus dem Räderwerk schwankt dieses Lösemoment, und verreisst das Pendel, mal mehr oder weniger stark. Unser Auge kann aber nur mit allergrößter mühe 15 Bilder pro Sekunde auflösen. Also zuverlässig 1/10 Sekunde.
Du siehst es nicht und trotzdem schwankt es. Das Pendel puffert durch seine Masse einiges weg, aber in der Summe hast Du je nach Wetterlage und den Zuständen im Räderwerk trotzdem Schwankungen in der Amplitude. Dann ist das Pendel auch noch schneidengelagert, und Du hast keine Chance auf den Kreisbogenfehler einzuwirken. Und dieser Kreisbogenfehler verursacht schon bei geringen Amplitudenschwankungen starke Gangabweichungen. Da die Auslösung auch noch über dieselbe Kulisse erfolgt, wie der Antrieb, ist die Hemmung auch noch als rückführend zu betrachten Also das Pendel muss am Ende seiner Bahn, nicht nur die Auslösung betreiben sondern auch noch die Rolle ein Stück weit anheben.
Ich finde es schon faszinierend was man sich so alles am Bedarf vorbei ausdenken kann. Besonders 150 Jahre nachdem J.Harrison schon definitiv das Ende der Fahnenstange erreicht hat. Es ist eine tolle kinetische Skulptur und faszinieren anzuschauen. Aber leider nicht gut für die Zeitanzeige.
Man versprach den Leuten von diesen Freien- und Gravity-Hemmungen die Vermeidung eines Remontoires, und den Rückgriff auf die Spindelhemmung die man ja jahrzehntelang verteufelt hatte. Nur wollte man auf keinen Fall eine wirkliche Verbesserung zulassen, stell Dir vor, sie hätten wie Harrison eine Uhr bis an die physikalische Grenze gebracht, dann wäre doch der ganze Spass an all den nutzlosen Erfindungen zum Teufel, und niemand würde mehr einen Penny dafür ausgeben wollen ...
Ich will Dich auf keinen Fall von irgendetwas abhalten, und auch niemanden oder irgentwas schlecht machen. Aber es einfach mal gesagt haben. Mit einem gut gemachten Clement oder Graham-Anker kannst Du dieselben Gangergebnisse erreichen, und hast einiges weniger Aufwand.
Willst Du wirklich das Ende der Fahnenstange erreichen, dann führt an Harrison kein Weg vorbei.
Das Orginal des Meisters, oder besser gesagt eine Museumsgerechte Kopie des Originals mit den Materialien und Werkzeugen seiner Zeit gefertigt. https://www.youtube.com/watch?v=iXCcuok0FjM
und ein Kollege von Dir der Kunstschmied Martin Burgess, fertigte nach den Harrisonschen Vorschriften, mit modernen Materialien, und einer Formgestaltung nach eigenem Gusto diese: https://www.youtube.com/watch?v=iXlHYb6D0cg
Beide sind Zertifiziert die genauesten Pendeluhren, die an freier Luft schwingen. verlieren weniger als 1 Sekunde in Hundert Tagen und weniger als 2 Sekunden im Jahr. und zwar Regelmäßig, und bedürfen über Jahrzehnte, wenn nicht Jahrhunderte keinerlei Wartung. Aufziehen und ab und zu mal staubpusten und das Insektenpapier wechseln ....
Aber genau das wollten Seybold wie auch Manhardt, und alle ihre Kollegen krampfhaft vermeiden. Leider ... Stell Dir vor Harrisons private Taschenuhr wäre in Serie gegangen, und jeder hätte für wenig Geld eine Taschenuhr kaufen können, die bei jedem Wetter die Sekunde über eine Woche hält.
Oder seine Pendeluhren und Seechronometer hätten sich verbreitet ... .
mamoman ich hab schon wieder so viel geschrieben ...
Hallo miteinander, Planen ist eine Sache, Bauen die Nächste. Also habe ich mal mit den schwierigsten Teilen angefangen.
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Dann wollte ich natürlich wissen, ob meine "Fangschrecken-Hemmung" funktioniert. Im Lager war noch Tombak-Blech rest. Das war eher eine schlechte Idee, das läßt sich nur bescheiden Bohren.
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Nun mal zusammengebaut und mit ein wenig Schnur laufen lassen. Es funktioniert. ( Seilrolle 28 mm Durchmesser, Gewicht 20 Gramm. Übersetzung 1:7,5 ) Mit einem provisorischen Pendel liegt die Auslenkung je nach Einstellung bei 1,5 - 2 Grad. Sie tickt kaum lauter, als eine Roskopf Taschenuhr. Der Sekundenzeiger springt sauber um je eine Sekunde weiter.
Makro-tauglich ist da noch nichts, es wäre auch sinnlos, Teile "schön" zu machen, die dann in der Tonne landen.
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Heute noch ein wenig Feintuning. Das Antriebsgewicht konnte ich um 7 Gramm vermindern! Hauptgrund war die erstmalige Verwendung von etwas Öl. Immerhin ein Drittel weniger Antrieb.
Alle Räder und Achsen sind fertig (Bis auf das Polieren der Stahltriebe). Im provisorischen Werkgestell tickt die Uhr sauber vor sich hin. Die Laserteile für das eigentliche Gestell habe ich am Freitag endlich erhalten.
Etwas aufwändig war das Herstellen der Kettenräder (6 Stück, 2 mit Verzahnung).
Die Amplitude des (provisorischen) Pendel konnte ich deutlich erhöhen, indem ich das Kugellager der Deckscheiben beraubt habe und das Fett ausgewaschen.
Zum Pendel: Hier wollte ich die Verstellmöglichkeit mit Feingewinde (M3 oder M4) machen. Allerdings schreckt mich der Preis für Schneideisen und Gewindeschneider etwas ab. Ich brauche das ja auch nur einmal.
Hallo Bernd, zur Feinverstellung des Pendels kannst Du auch mit kleinen Auflagegewichten auf einem Teller in Pendelmitte arbeiten. Das geht genauer und vor allem ohne das Pendel anhalten zu müssen. Die Steigung vom normalen M3 ist eigentlich fein genug. Bei deinem kurzen Pendel kann natürlich sein, dass das schwierig umzusetzen ist. Eine Frage zum lasern: welche Positionsgenauigkeiten, bzw Maßtoleranzen kann man da einhalten? Grüße Achim
Ich weiss nicht, was Bernds Fertiger bietet, aber beim Feinlasern ist Genauigkeit von +/- 3-4 um möglich (mit saftigem Aufpreis). Standard +/- 10 - 15 um.
Frank
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Zum Lasern: Vernünftig lässt sich Stahl und rostfreier Stahl lasern, bei Messing ist Wasserstrahlschneiden angesagt.
Bohrungen, kleiner Materialstärke, sind grenzwertig. Die Bohrungen sind eigentlich nie perfekt, am Anschnitt gibt es einen kleinen Absatz, der Aufbohren erschwert.
Für kleine Bohrungen ist es sinnvoller die Markierfunktion zu nutzen. Der Laser markiert hier ein kleines Kreuz, genauer, als man von Hand anreißen könnte.
Die Schnittflächen härten thermisch, Kanten feilen und schleifen ist zäh.
Andererseits ist das Verfahren kostengünstig, weil schnell.
Die Räder sind in das originale Werkgestell gewandert, die Uhr läuft. Aber natürlich noch viel zu kurz. Deswegen ist jetzt der Sockel mit Elektromotor dran. Nicht ganz so einfach, da der natürlich leise und dünn sein muss. Die Bastelkiste hatte da noch 2 Synchronmotore. Wunderbar leise, aber viel zu langsam, da werde ich das Getriebe umbauen.
Zifferblätter und Zeiger sind noch aus Papier, das Pendel ein Provisorium.
für Messing ist Wasserstrahlschneiden die erste Wahl. Aber auch hier gibt es Einschränkungen bei kleinsten Bohrungen. (Natürlich abhängig von der Materialstärke).
Kleine Bohrungen sollte man sowieso Bohren und Reiben.
Ob es beim Wasserstrahlschneiden eine Markierfunktion gibt, kann ich nicht sagen.
Die Uhr läuft sehr gut, es wird Zeit sich um das Wesentliche zu kümmern. Das Pendel.
Mein provisorisches Pendel kann so nicht bleiben. Die 4 mm Invarstäbe sind zu dick, die werde ich auf 3 mm reduzieren. Die Messing-Abstandshalter von 7 auf 5 mm.
Da hätte ich zwei Fragen:
Die Pendellinse soll aus Messing-massiv werden, ist es sinnvoll, die Pendellinse möglichst schwer zu machen? Ich könnte die Dicke zwischen 8-15 mm wählen. Durchmesser ca. 55 mm.
Die Pendelfeder. Ich habe 2 Federn aus dem Fundus probiert. Eine hauchdünn, die Andere normal. Hier habe ich keinen Unterschied in der Amplitude feststellen können. Welche Wirkung haben die Dicke der Pendelfedern?
Hallo Bernd, die Pendelfedern ersparen Dir eine teure komplizierte reibungsträchtige störungsanfällige Aufhängung. Wie bei allen Dingen gilt es hier maß zu halten. Nicht zu dünn das die Feder an der oberen Kante knickt, und nicht zu dick ...
Auf die Amplitude hat das keinen merkbaren Einfluss ... aber die Rückstellkraft der Pendelfeder beeinflusst die Frequenz. Und die Rückstellkraft der Pendelfeder, ist siehe E-Modul, temperaturabhängig. Und die Pendelfeder ist sehr schnell mit Wärme gesättigt.
Weil aber bei einem gut designten Pendel alle Teile so bemessen sein sollten das sie GLEICHZEITIG mit der Wärmeaufnahme fertig sein sollten, beschert uns eine schlecht bemessene Pendelfeder gleich 3 x ein Temperaturproblem.
Darum macht man die Pendelfeder möglichst dünn, und nicht zu lang.
Und führt sie zwischen radialen Wangen(die können noch andere Aufgaben in der Kompensation übernehmen), weil sich die Feder bei jeder Schwingung an die Wangen anschmiegt hat sie nicht die Lufttemperatur, sondern eher die der Wangen, und du kannst über die Abmessungen der Wangen, die Wärmeträgheit der Feder steuern.
Außerdem haben radiale Wangen im Gegensatz zu den Zykloiden nicht die Kante am Ausgangspunkt, also einen besseren Knickschutz auch bei kleineren Amplituden. Was dünnere Federn mit kleinerer Rückstellkraft, und somit kleinerm Temperaturkoeffizienten erlaubt.
Der 3. Punkt ist der, das ein zu hoher Q-Faktor, das Pendel anfälliger für Störungen macht, oder besser gesagt das Rauseitern dieser erschwert. Das Pendel sollte also nicht zu schwer sein und eine ausreichende Amplitude machen. Ein Q zwischen 700 und 1000 ist ausreichend.
Für Pendel mit einer Amplitude von 5° langen 700g für die Pendellinse, und bei 9° 330g . Damit der Bob nicht zu viel Luftauftrieb erzeugt sollte der Bob eine möglichst hohe Dichte, also ein möglichst kleines Volumen haben. Denn der Luftauftrieb macht das Pendel für Schwankungen der Luftdichte anfällig.
Also entwerfe alle Teile Deines Pendels so, das sie über ihre Oberfläche, ihr Volumen, ihre Leitgeschwindigkeit und ihre Wärmekapazität so ausgelegt werden das sie, zu gleicher Zeit, und in der gleichen Geschwindigkeit, mit der Wärme gesättigt werden. Auch coaxiale Konstruktionen sind zu vermeiden, weil sie die Wärmeträgheit der Konstruktion vervielfachen.
Mit den entsprechenden Tabellen ist das leicht zu berechnen. Wenn man das mal gemacht hat, dann versteht man auch warum Quecksilberpendel, oder die Dinger von Riefler und Strasser einfach nur ein schlechter Scherz, aber keine Kompensationspendel sein können.
Das mit den Invarstangen ist per'se, keine gute Idee ... aber da musst Du selber darauf kommen.
Noch ein paar kleine Ergänzung zu Matthias Ausführungen:
Die Stärke der Feder hat deswegen so gut wie keine Auswirkung auf die Amplitude, weil sie Dir die darin gespeicherte Energie beim Rückschwung wieder zurückgibt. Die Strukturdämpfung einer dünnen Federstahlklinge ist gegenüber dem Luftwiderstand des Pendels so gut wie vernachlässigbar. Dass die Rückstellkraft einer starken Feder als "künstliche Schwerkraft" die Pendelfrequenz erhöht, hatte ja schon Matthias geschrieben.
Die Stärke der Feder beeinflusst den virtuellen Drehpunkt des Pendels, und wie sich dieser bei Amplitudenänderungen (wie sie bei Luftdruckschwankungen unvermeidlich sind) ggf. verändert. Bei der Burgess Clock B ermöglichte erst die Anpassung der Federstärke letztlich die barometrische Kompensation.
Sofern Du die Feder nicht zwischen Backen führst, wäre die Kombination einer sehr schweren Linse mit einer extrem dünnen Feder keine gute Idee, weil dann die Feder dort, wo sie ihr oberes Heft verlässt, scharf abknickt anstatt sich darunter zu biegen, was ihrer Lebensdauer nicht zuträglich wäre.
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01.09.2024 19:48
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