Hallo und Guten Tag !

" Die Uhr läuft deutlich zu schnell, ca. 15 Minuten auf 24 h."

Von dieser Tatsache ist aus zu gehen und darauf basierend zu entscheiden was will ich. Nehme ich in Kauf, (was habe ich gekauft), daß das "Gute Stück", Präzise 15 Minuten in 24 Stunden vor geht, oder will ich einen genauen Zeitmesser.

Auch das verbasteln der Uhr mit einem verlängern der Pendelstange ist graß, zumal dann der Führungsblock unschön weit nach oben aus der Pendellinse ragt und ein verpappen der Ankergabel zum Zwecke der nachhaltigen Fixierung , fällt weit aus dem Rahmen des Restaurativen Ansatzes.
Genau so, verhält es sich mit der Bewertung von einstmals verwendeten Techniken. Wer nicht rein schaut, weis nicht was drinn ist.

Ich für meinen Teil, würde mal den Verkäufer mit diesem Thema Konfrontieren.

Grüße aus dem Schwarzwald,

Paul Eble

Hallo,

das sehe ich nicht so. Das Verlängern des unteren Gewindes ist m.E. kein "Verbasteln", sondern Wiederherstellung eines möglichst originalähnlichen Zustandes, zudem reversibel. Der Führungsblock ist mit dem vorhandenen Restgewinde schon maximal in der Pendellinse, weiter geht er auch wegen der Konizität nicht einzuschieben. Ist ja auch logisch, weil die Linse durch das gekürzte Gewinde schon maximal hoch steht (läßt sich nicht weiter hoch schieben, als wenige Gewindegänge).

"Verbastelt" hat das ein "Experte", der anstatt das Gewinde wieder zu verlängern, also die ursprüngliche Gewindelänge wieder herzustellen, die Linse unten gemetzgert hat. Nur damit die Reguliermutter wieder auf den Gewindestummel drauf geht. Und natürlich ohne den erheblichen Vorgang dadurch behoben zu haben. Und mit der Verlängerung des Gewindestummels, also Rekonstruktion der ursprünglichen Gewindelänge, steht der Block keineswegs "unschön" weit über der Linse hervor, sondern genau so weit, wie es original bei gut einregulierter Uhr einmal war.

Natürlich könnte man den Gewindestummel komplett abtrennen und in den Block eine neue Gewindestange der richtigen Länge einsetzen (und eine neu angefertigte Reguliermutter verwenden). Das wäre technisch die beste Lösung, würde aber Originalsubstanz zerstören.

Das "Verpappen" des Gewindes der Ankergabel mit Loctite ist m.E. der restaurativ beste Ansatz, auch weil ggf. vollständig reversibel (durch Erwärmen auf 80 °C). Aber insbesondere verändert es nichts an der vorhandenen Substanz, insbesondere wird nichts weggeschnitten. Ein Nachschneiden des Gewindes (auf dem Schaft der Ankergabel?) stünde vor dem Problem, dass ein exakt dem Gewinde entsprechender Gewindeschneider nicht verfügbar sein dürfte. Denn das Gewinde ist 320 Jahre alt und irgendwelche Normgewinde existierten damals nicht. Vielmehr haben damals die Uhrmacher mehr oder weniger "individuelle" Gewinde hergestellt. Mit einem "in etwa" Gewindeschneider würde man dagegen die vorhandenen Gewindegänge "vermurksen" und das Gewinde säße noch lockerer in dem vorhandenen Innengewinde als ohnehin schon.

Eine "Reparatur" durch "Wegschneiden" hat ja schon ein Künstler an der unteren Kante der Linse praktiziert, ein unter restaurativen Gesichtpunkten absolut inakzeptabler Ansatz . Wegschneiden/-feilen/-schleifen ist m.E. nie ein restaurativer Ansatz.

Auch deswegen denke ich, dass ein Zerteilen des Blocks, um zwischen den Teilblöcken eine Verlängerung einzubauen, weit von einem restaurativen Ansatz weg ist, zumal das so auch noch nicht einmal ohne noch weitere spanende Maßnahmen funktionieren würde (wegen der leichten Konizität des Blocks). Es würde vorhandene originale Substanz m.E. irreversibel zerstören.

Bei alten Uhren, 300+ Jahre alt, ist immer damit zu rechnen, dass im Laufe der Jahrhunderte ein weniger talentierter und/oder motivierter Uhrmacher sich an diesem oder jenen Detail vergangen hat. Hier halt die völlig ungeeignete Kappung der Unterkante der Linse, um die Reguliermutter auf den Gewindestummel wenigstens ein paar Gewindegänge aufschrauben zu können, und so als "Kollateralschaden" für einen heftigen Vorgang zu sorgen. Einen Verkäufer da "in Gewährleistung" nehmen zu wollen ist m.E. abwegig, zumal dies für mich persönlich kein Grund ist, die Uhr nicht mehr haben zu wollen. Und vom Verkäufer einen Reparaturversuch zu verlangen ist ebenso abwegig, denn ein Verkäufer wird immer kostengünstigst arbeiten wollen, was seltenst auch gut wird. Gerade unlängst hat ein Bekannter eine Macke in einer Ankerpalette einer Strasser Hemmung beim Verkäufer bemängelt. Was dann zurück kam war buchstäblich übler Pfusch, die Steine konnten nur wieder ausgebaut und entsorgt werden, die Uhr lief mit dem solchermaßen vermurksten Anker noch nicht einmal mehr.

Heute einen "besser als neu" Ansatz zu verfolgen mag im Kunsthandel beliebt sein, wie zahlreiche "totrestaurierte" Möbel aus dem 18. und 19. Jahrhundert belegen. Insofern sehe ich es eher als meine Aufgabe die technische Funktion, hier genauer Gang, mit Mitteln wiederherzustellen, die 1) nicht das Wegschneiden/-feilen/-schleifen von Material umfassen, 2) bestehende Substanz maximal erhalten und 3) ggf. reversibel sind.

Das mag sich für einen Händler mit gesetzlichen Gewährleistungspflichten anders darstellen. Aber würde ich bei einem Uhrmacher vorstellig werden, die Punkte diskutieren, und dann die genannten "sach- und fachgerechten" Reparaturvorschläge, wie beispielsweise Zerschneiden des Pendelblocks, empfohlen bekommen, ich würde, offen gesagt, das Werk unverrichteter Dinge wieder mitnehmen.

Beste Grüße, Bernhard

Ich lese immer „verfügbare Gewindeschneider“. Aber jede mechan. Werkstatt kann auf der Drehbank eine Gewindestange mit gewünschtem Durchmesser und Steigung anfertigen, entsprechend dem ‚antiken’ Vorbild.

Zitat von praezis im Beitrag #48

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Ich lese immer „verfügbare Gewindeschneider“. Aber jede mechan. Werkstatt kann auf der Drehbank eine Gewindestange mit gewünschtem Durchmesser und Steigung anfertigen, entsprechend dem ‚antiken’ Vorbild.

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Pendelfeder hat in der Gabel noch Luft nach unten. (Vierkant)
Etwas längere Pedelstange sollte den Fehler eigentlich Beheben.

Hallo Frank,
wenn ich es mir aussuchen kann, nehme ich ein Schneideisen.
Die damals verfügbaren Zahnradsätze, um Gewinde auf einer Drehmaschine zu schneiden, waren sicher die gleichen wie heute.
Die Steigungen sind deshalb vermutlich reproduzierbar.
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Das vorhandene Gewinde an der Pendelstange hat keinen Gewindefreistich, den ich bei der Herstellung auf der Drehmaschine erwartet hätte.
Es sieht eher nach dem Auslauf eines Schneideisen aus, was bedeutet, dass da schon mal jemand nachgeholfen hat.

Grüße
Achim

Hallo Achim,

damals (ca. 1700) wurden Gewinde meines Wissens nicht auf Drehbänken hergestellt, sondern individuell mit Hilfe von gehärteten Matrizen, und das in mehreren Arbeitsgängen. Also ähnlich wie bei heutigen Schneideisen. Ein Gewindefreistich wäre also m.E. eher ein Beleg dafür, dass jemand später daran herum gemacht hat.

Genormte Gewinde kamen ansonsten erst Mitte des 19. Jahrhunderts auf.

Beste Grüße, Bernhard

Zitat von Manfred im Beitrag #50

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Pendelfeder hat in der Gabel noch Luft nach unten. (Vierkant)
Etwas längere Pedelstange sollte den Fehler eigentlich Beheben.

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Hier mal Ansichten von originalen Schrauben und Muttern etwa aus der Zeit. Einmal etwas älter, ca. 1660, einmal etwas jünger, ca. 1740. Die sind komplett handgemacht, die Schlitze der Schrauben sind gesägt und gefeilt, und daher typischerweise keilförmig. Das ist original so und nicht etwa "ausgenudelt".

Schrauben.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)

Schrauben 2.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)


Und hier von der Gould (leider kein besseres Fotos zur Hand).

Schrauben 3.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)

Und hier noch ein Beispiel von ca. 1760. Zwei der Schrauben sind original, zwei habe ich neu angefertigt. Zuvor waren da zwei moderne Schrauben eingesetzt, die Gewinde in der Plate entsprechend "nachgeschnitten". Die ebenfalls sichtbare Mutter ist wiederum original.

Bei dieser Uhr habe ich nicht konservatorische Ansätze verfolgt, sie hatte viele Fehlteile, viele falsche (moderne) Schrauben, und hat dementsprechend auch recht wenig gekostet. Bei einem solchen Objekt kann man sich dann rekonstruktiv austoben (bis hin zur Herstellung von "authentischen" Schraubenköpfen).

Schrauben 4.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)

Zum Thema "Schrauben" schließlich noch dies. Eine Detailansicht einer an sich feinen Bracket Clock, angeblich zu datieren auf ca. 1680, meines Erachtens aber später, eher Anfang 18. Jahrhundert. Aber egal.

Hier wurde "restauriert". Das sieht zwar "fach- und sachgerecht" aus, also ordentlich und gut gemacht. Dem kundigen Sammler kräuselt es aber die Fußnägel angesichts dieser relativ modernen Schrauben. Man kann nur hoffen, dass die originalen Schrauben wenigstens aufgehoben wurden und beigegeben werden, auch wenn die originalen Gewinde in der Platine natürlich zerstört sein dürften.

Für mich ein Grund nicht auf diese Uhr zu bieten.

Schrauben 5.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)

Hallo Bernhard,

Zitat von Bernhard J im Beitrag #49

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grundsätzlich richtig, wobei jedenfalls meine Drehbank zwar alle möglichen Normgewinde machen kann, aber nur eben die und keine stufenlos freien Kombinationen dazwischen.

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Hallo und Guten Tag !

Zitat ... : empfohlen bekommen, ich würde, offen gesagt, das Werk unverrichteter Dinge wieder mitnehmen.

Allerdings gäbe es da Werkzeuge, welch zur Verlängerung der Pendelstange nach dem " Restaurativen " Ansatz hilfreich gewesen währen.


P1030056.JPG

Grüße aus dem Schwarzwald,

Paul Eble

Ich habe mir jetzt gerade noch den Thread zur Pendeverlängerung durchgelesen und bin ganz einverstanden mit Achim.
Stahl, Rechteckquerschnitt.
Das Gewinde sieht mir nicht so unglaublich exotisch aus, dass man da nichts halbwegs passendes drehen könnte. Ein ordentlicher Mechaniker kann das und wenn die Winkel stimmen kann das Gewinde auch reichlich Luft oder sogar Steigungsfehler haben und hält doch.
Ich würde allerdings das Verlängerungsteil zuerst rund fertigen, mit zylindrischem Bohrungseinlauf, so dass es axial am ursprünglichen Vierkant anschlägt. Dann aufschrauben und die Flächen erst feilen, wenn man genau weiss, wie die Drehlage sein wird. Siehe Ankergabelproblem.
Später sieht man, ob es zur Not zusätzlich eine niedrigfeste Schraubensicherung braucht. Loctite 222 oder Schellack.
Durch die Vierkantform und Stahl wird das Gewinde auch stabil genug, wenn die Wandstärke an den zwei Breitseiten des Vierkants gegen Null geht.


Alternative: An der Gewindestange einfach per Laser eine Verlängerung anschweißen oder schräg abschneiden und eine Verlängerung hart anlöten. Das ist ja die Wiederherstellung der Originalform zum Erhalt der Funktion und sollte damit restauratorisch auch ok sein.
Bei 3cm Verschiebung der Mutternposition ist ein Gewindeversatz nur ein Schönheitsfehler.

So etwa habe ich es gemeint.
Bei aller Rechnerei der nötigen Pendellänge... klebe die Linse und ein Dummygewicht der Verlängerung mit etwas Klebeband an die berechnete Position an die Stange und probiere es aus. Es wäre sehr lästig, wenn hinterher ein paar Millimeter am Gewinde fehlen
Grüsse
Achim