mir ist etwas seltenes in die Finger gekommen. Ein Aeby & Landry Scheibenuhrwerk von ca.1890 Leider steckt das Werk voller Arbeit. Lagerstein erneuern, Unruhewelle muss neu gemacht werden, bei einem Trieb fehlt ein Zahn und und und
Die Platinen habe ich bereits gereinigt, geschliffen, angliert und zum Teil rot vergoldet. Wird sicher noch Monate dauern, bis diese Uhr mal fertig ist.
Hallo Jörg! Kann es sein dass der Zahn bei deinem Trieb absichtlich fehlt?IWC hat ein ähnliches Werk gebaut ( System Pallweber) und da fehlen absichtlich Zähne an einem Rad. Wegen der springenden Auslösung der Zahlenscheibe war dies so gemacht. Beste Grüsse Mario
Schönes Projekt! Es ist natürlich Ansichtssache, aber mir gefällt die aus meiner Sicht übermäßige Aufarbeitung der Platinen nicht besonders. Die Mechanik muss natürlich gerichtet werden, aber der Rest darf meiner Meinung gerne so alt aussehen, wie die Zeitmess-Maschine halt einmal ist. (Ausgenommen der Kunde wünscht es).
Vielleicht wäre es einen ganz eigenen Thread wert, die Grundsätze von Restauration im Gegensatz zu Aufarbeitung oder Umbau darzulegen. Kunden sind da wohl meist völlig unbedarft aber auch ein professioneller Uhrmacher ist sich nicht immer klar, wo die Grenze verläuft und was man an Sammlerstücken "darf" oder "nicht darf" um den Wert nicht zu schmälern.
In der Vergangenheit hat man da aus heutiger Sicht sehr viel Unfug getrieben und niemand weiss, wie eine heute 100 Jahre alte Uhr in weiteren 100 Jahren bewertet werden wird. Genauso wenig weiss man wie man dann über Restaurierung denken wird.
Ein prinzipiell schwieriges und fachlich sehr interessantes Thema, aber in seiner rein technischen Komplexität bei einer Uhr wohl überschaubar. Ich denke jeder Uhrmacher hat ohnehin die fachlichen Voraussetzungen dazu, auch vom restauratorischen Standpunkt aus korrekt zu arbeiten. Wenn er denn weiss was er tun oder lassen soll.
Ein halbverrottetes Seidennegligee ist wohl anspruchsvoller zu restaurieren.
. Viele Grüße von Coloman, der natürlich nicht ich ist.
Wir im Museum handhaben es so, dass alle Spuren die dem weiteren Erhalt des Objektes schaden entfernt werden. Sprich Korrosion, Staub und Schmutz (letztere binden Feuchtigkeit -> Korrosion entsteht). Dabei soll aber die originale Oberfläche erhalten bleiben, mit all ihren Abnutzungsspuren. Also wenn Rost entfernt wird, dann wird das nicht einfach sangestrahlt oder wegpoliert, sondern mit ganz feinem (150-200µ) Walnußschalengranulat bestrahlt bei etwa 1-2 bar. Dadurch geht der Rost weg, seine Spuren und andere Spuren (Feilriefen etc.) bleiben erhalten. Dadurch sieht man: Ah da war mal Rost da So bleibt die Objektgeschichte nachvollziehbar, aber das Objekt wird nicht weiter geschädigt. Ebenfalls verwenden wir dann zur Oberflächenversiegelung ein mikrokristallines Wachs namens Cosmoloid H80.
Anders sieht es natürlich aus, wenn eine Uhr wieder laufen soll. Hier muss auch Augenmerk auf die Funktion gelegt werden. Dabei soll aber auch die originale Oberfläche so wenig wie möglich verändert werden. Poliert man alles wieder auf, schaut die Uhr aus als wäre sie vor 2 Stunden vom Fließband gefallen und nicht wie vor 100 Jahren hergestellt. Also werden Arbeitsflächen (Zapfen, Lager, Hebe(l)flächen etc.) poliert. Alle anderen mehr oder weniger optischen Flächen wie die Platinen (Ausnahme: siehe vorher) werden wie bei einer normalen Restaurierung und Konservierung behandelt.
Restaurierung bewerten Museen so: Überlieferungszustand erhalten Restaurierung wird von vielen Trödlern und Co. als "Auslieferungszustand wieder herstellen" bewertet. Davon distanzieren sich Museen aber.
@Joerg
In deiner Aufarbeitung steckt sicherlich viel Arbeit, keine Frage, davor hab ich großen Respekt! Aber eine Restaurierung ist das nicht, sondern ein Zerstörung des Alterszustandes der Uhr.
Zitat von Phalos im Beitrag #8Nirgends. Das ist nur auf die Reaktion: Die Uhr sieht jetzt zu neu für ihr eigendliches Alter aus
Warum? Müssen denn alte Dinge immer korrodiert und schmutzig sein um authentisch zu wirken? Mir persönlich gefallen die Werke alle besser wenn sie sauber und Rostfrei sind.
:-) Ich hab mir fast gedacht, dass diese Dikussion beginnen wird.
Also ich habe ein Geschäft und kein Museum, daher werden die Uhren so gebaut wie sie sich am besten verkaufen, sprich der Kunde entscheidet, was er haben möchte. Eine Mariage-Uhr die "nur" gereinigt und repariert wird, liegt vier mal so lange in der Vitrine wie eine Uhr mit vollständig veredelten Werk. So ist es jedenfalls bei mir und danach richte ich mich. Ausserdem fehlt bei dieser Uhr sowieso das Gehäuse und das Zifferblatt. Eine originale Herstellung ist also schon mal gar nicht möglich. Für dieses Werk soll vielmehr noch ein Emailleziffernblatt angefertigt werden und ein Gehäuse aus Damaststahl.
So jetzt habe ich die "bittelasseoriginal" Vertreter sicher noch mehr geschockt aber wie gesagt, ich kann meine Brötchen nun mal nicht mit Idialismus bezahlen auch wenn es schön wäre. LG Joerg
Zitat von Zeitspecht im Beitrag #2Hallo Jörg! Kann es sein dass der Zahn bei deinem Trieb absichtlich fehlt?IWC hat ein ähnliches Werk gebaut ( System Pallweber) und da fehlen absichtlich Zähne an einem Rad. Wegen der springenden Auslösung der Zahlenscheibe war dies so gemacht. Beste Grüsse Mario
Hallo Jörg,
ja, da hat Mario recht. Ich hatte auch so ein ähnliches Werk. Die Radzähne fehlen absichtlich. Vielleicht ist das bei dem Trieb ebenso.
die Verzahnung ist bei dem Werk etwas ähnlich ungewöhnlich und tatsächlich ist es gewollt, dass ein Zahn am Trieb fehlt. Also vielen lieben Dank für den Hinweis von Euch. Eine Baustelle weniger
soweit der Plan, mal sehen ob es funktioniert. Bin gerade dabei mich in die Materie einzulesen. Habe auch einen Händler gefunden, der UV beständige Farben und das Zubehör (Stegdraht, Gegenemaille, Ofen etc.) anbietet und noch wichtiger, er hilft auch bei Fragen. Ich hoffe, dass ich dieses Jahr noch damit beginnen kann. Ich werde die ersten Fehlversuche posten.
Zitat von Swissuhrwerker im Beitrag #7... An welcher Stelle in Joerg´s Thread steht eigentlich etwas davon, dass es sich um eine "Restaurierung" handelt?
LG Ralf
Eine Restaurierung bedeutet, das Uhrwerk wieder in den Zustand zu versetzen, den es ab Bau gehabt hat. Im weitesten Sinne ist das ausschließliche Reinigen eines ETA 2824ers auch eine Restaurierung. Geht die Restaurierung weit über die Erhaltung der Originalsubstanz hinaus, z.B. das Ersetzen der alten Lager gegen Steinlager oder das Verändern von Oberflächen, dann spricht man eher von einer Modernisierung.
Dies ist in unserem Bereich immer ein Seiltanzakt und stark mit der jeweiligen Sichtweise des Handwerkers oder des Kunden verbunden.
Das @Sterntroja berichtet das er mit "Modernisierung" wirtschaftlich besser fährt, verblüfft mich jetzt sehr. Ich habe eigentlich gegenteilige Erfahrungen gemacht.
Aber im Endeffekt zählt ja eigentlich nur, das ein Stück Zeitmesstechnik wieder zu Laufen gebracht wird! Vielleicht hätte das neue Design dem ursprünglichen Erbauer sogar besser gefallen, wer weiß!
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06.09.2016 18:59
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