Hallo Dirk,
schöner Bericht, tolle Arbeit. Nur als ich gelesen habe, dass Du die Unruhe mit dem Proxxon polierst, bin ich etwas zusammengezuckt ;-). Das würde ich niemandem zum Nachahmen empfehlen und bei einer Präzisionsuhr auch nicht machen, denn dann würde sich der Regleur, der sehr viel Zeit damit verbracht hat, die Unruhe einzustellen, im Grabe umdrehen. Gut, Deine ist eine normale Trageuhr und da wollen wir mal nicht so empfindlich sein ;-)

Anscheinend waren die Wellenzapfen dann ja doch nicht gebrochen ? Nach so einem Wirrwarr unterhalb der Platine sah es auf dem "vorher" - Foto auch gar nicht aus, da saß das Ankerrad doch nach meiner Ansicht ganz gerade drin und die Platine saß so festgeschraubt, wie sie sitzen muss. Ich meine, dass konnte man vorher nicht erwarten, was dann anscheinend auf Dich zukam. Auch fehlende Wellenzapfen kann man bei Taschenuhren nur selten schon auf den Fotos erkennen.

Auf jeden Fall hast Du aus der Uhr wieder ein sehr ansehnliches Stück gemacht. Gratulation dazu !

Ich wollte aber zu der Uhr an sich noch etwas schreiben.

Solche Uhren wurden in der Schweiz gefertigt, wie schon ein Schreiber vor mir schrieb, weil die Produktion in der Schweiz damals viel günstiger war als die behäbige englische Uhrenindustrie. Heute mag man darüber lachen, aber die Schweiz war auch ein Billiglohnland !
Auf dem englischen Markt gab es Uhren mit englischen Gehäusen und schweizer Werken, aber es gab auch komplette schweizer Uhren, wie bei Deiner. Das Gehäuse hat den englischen Importstempel (das umgedrehte Omega), das heisst, es wurde auch in England eingeführt.

Importstempel und Herkunftsbezeichnungen wie swiss made oder Made in Germany waren gesetliche Pflicht und hatten ursprünglich den Grund, die gute englische Qualität von der schlechten eingeführten unterscheiden zu können. Heute ist es genau anders herum und ist ein Qualitätsmerkmal.

Bei englischen Uhren gab es fast nie Phantasienamen auf schweizer Uhren, wie es auf dem amerikanischen Markt manchmal üblich war (dort werden solche , den amerikanischen Uhren ähnlich aussehenden Uhren jetzt verächtlich "swiss fakes" genannt), sondern Uhrmachernamen die vorne auf dem Zifferblatt waren, waren die Verkäufer.

Hier waren die Verkäufer Purser and Sons. Purser and sons waren Juweliere und Uhrmacher und ich denke, die hatten nicht nur ein Geschäft. Ab 1920 wurden die, wie es scheint von den Juwelieren Pickets übernommen und hießen dann Pickets and Pursers und die existieren sogar noch heute.

Was sehr schön ist, es gibt ein interessantes Foto des Ladens von damals, das ein bisschen zeigt, wie groß das Sortiment war. Leider kann ich nur dorthin verlinken, sonst gibts evtl. ein Problem mit dem copyright : http://www.pickettsandpursers.com/images...y/0-PURSERS.jpg

Das Foto befindet sich auf der Seite von Pickkets and Pursers, auf der man vielleicht noch andere Einzelheiten findet. -> http://www.pickettsandpursers.com/

Gruß
Peter

Danke erst mal für den ausführlichen Hinweis der Herkunft , das ist schon sehr interessant ! Jaaaa das Thema Unruhen polieren ist sicher nicht ohne , aber da muss ich gestehen das ich das mit fast jeder Unruhe aus dem Taschenuhrbereich mache und es bislang noch keine probleme damit gab. Hatte vielleicht auch immer nur Glück ! Aber dazu kann ich zumindest sagen das ich die Unruhe nach der Bearbeitung immer auf die Prismen lege und nach der Unwucht schaue und dieses ggf. korrigiere. Auch ergänze ich dann ggf. die Massen durch unterlage der Regulierscheibchen und für meine Anwendung funzen die Uhren dann schon sehr gut .Auch kommt bei mir da noch hinzu das die meisten der revidierten Werke bei mir anschliessend in Armbanduhrgehäusen verbaut werden und dann auch sehr ausgiebig getragen werden. Hier ist die Ganggenauigkeit dann auch immer noch für mich akzeptabel und erstaunlicher Weise hatte ich in den letzten 3 Jahren ,wo ich diese Uhren täglich trage ,noch nie einen Zapfenbruch der Unruhe . Also so empfindlich ist die Geschichte ohne Stoßsicherung garnicht .
Das Wirrwarr unter der Platine kann man schon erahnen wenn man sich das Bild mal genauer anschaut und am Gehäuserand den Verlauf der Platine verfolgt . Dann sieht man das die Platine schief aufliegt . Aber da rechnet ja keiner mit .

Eins habe ich noch vergessen, Du weisst es aber sicher, ich kann nur jetzt nicht so schnell, finden, ob Du es irgendwo erwähnt hast. Das Werk hatte noch einen Staubschutzdeckel. Deswegen der Spalt zwischen Werk und Gehäuse. Ich meine auf den Vorher-Fotos auch noch die Haltepilze in der Platine zu erkennen.

Gruß
Peter

Na ja , dabei war keiner aber ich habe es vermutet da die Haltezapfen dafür ja auf der Platine sitzen.