ich habe mich heute mal hin gesetzt und mich ernsthaft mit der Finissage von Kanten befasst, da ich demnächst ein Uhrwerk unter anderem damit veredeln möchte. Für alle die also selber eine Anglage machen möchten und noch nicht wissen wie, könnte das hier interessant sein:
Aber zuerst ein paar Bilder und eine kurze Erklärung! Mir ging es hier gerade nur um die prinzipielle Machbarkeit mit dem Werkzeug das ich habe, von daher ist bei meinen Versuchen nicht konstant bis zum Rand, bzw. die ganze Brücke gemacht. Die gezeigte Brücke (leider Schrott) hatte bereits abgeschrägte Kanten (allerdings rundlich). Der Teil der erfolgreich war ist im Fokus des Bildes zu sehen. Im hinteren Bereich sieht man einen weiteren Versuch, den ich aber nicht vollendet habe (war eher das erste Testgebiet). Leider bin ich Dödel mit den Fettfingern drauf gekommen und habe es nur mit einem Tuch abgewischt. Auf einem Bild sieht man das, bitte ignorieren, die Kante glänzt wie Speck.
SO nun zum Vorgehen:
Werkzeug welches benötigt wird:
-Reinigungstücher -Okular -Feine Nadelfeile (flach, bzw. je nach betreffender Fläche) -Degussit Rundfeile mit Stifthalter -Polierstahl -Putzholz -Diamantine und Anreibeöl
Schwarze Striche sind auf dem Etikett, ich will ja keine unerlaubte Werbung machen.
Wie:
Schritt 1) Mit der Nadelfeile schön im 45° Winkel die Kante gleichmäßig abfeilen. Immer wieder prüfen, dass sowohl die Rundungen, als auch der Winkel stimmen. Ein kleiner Klotz zum Auflegen des Werkstückes kann da helfen.
Schritt 2) Werkstück und Arbeitsplatz von den groben Spänen befreien, damit im nächsten Schritt nichts die Oberfläche zerkratzt.
Schritt 3) Degussitfeile in den Stift einspannen. Mit Hilfe des Okulares (um den Auflagewinkel gut beobachten zu können) die Feile entlang der Kante bewegen um die vorherigen Feilriefen zu entfernen.
Schritt 4) Wieder Spänen entfernen.
Schritt 5) Mit Polierstahl und Okular die Oberfläche verdichten und glätten
Schritt 6) Diamantine mit Anreibeöl zu einer schönen dickflüssigen Pampe anrühren und mit einem Putzholz etwas aufnehmen. Mit geschickten Bewegungen um die Kante reiben und damit nachpolieren. Immer darauf achten, dass der Winkel stimmt, wir wollen ja keine Kanten rundlutschen.
Da bekomme ich gleich Lust, es selbst einmal auszuprobieren.
-Ich habe da gleich einmal eine Frage zu dem Polierstahl, handelt es sich einfach um ein gedrehtes Stück Silberstahl ohne jegliche thermische Behandlung?
-Nimmt man beim verdichten der Kanten mit dem Polierstahl ein Öl?
-Degussitfeile ist ein Schleifstein aus Degussit, oder verstehe ich das falsch?
-Ich habe bisher immer nur mit fertigen Diamantpasten poliert. Diamantine habe ich mir schon bestellt, aber muss dieses Anreibeöl ein ganz bestimmtes sein oder ist das nicht so wichtig?
der Polierstahl ist selbst poliert und gehärtet. Sowas kauft man besser, der kostet nicht viel. Öl brauch es nicht.
Degussit ist der Markenname, die Dinger sind aus Oxyidkeramik gesintert.
Beim den Diamantinen hab ich ein Anreibeöl mitbestellt, wobei ich in einen Uhrmacherbuch mal was von einem Öl gelesen habe, was man aus der Küche kennt, bin mir da aber nicht mehr sicher, muss ich mal nachschlagen. Die Viskosität des Anreibeöls ist jedenfalls dick.
Schweiz, zwischen Zürich-Luzern und Deutschland, Saarbrücken
Wenn ich mir ins Gedächtnis rufe, was ich bisher schon über Anglierungen gelesen und in verschiedenen Berichten gesehen habe, scheint auch das Verfahren der Anglierung eine uhrmacherische Philosophie zu sein, denn offensichtlich gibt es hierfür die unterschiedlichsten Verfahren.
LG
Ralf
Es gibt Dinge die wir lernen müssen bevor wir sie tun können und wir lernen sie indem wir sie tun
Und ich habe es noch anders gemacht . Gerade heute habe ich ein Unitas 6497 wieder zusammengefügt wo ich alle Kanten der Platinen 1. mit einer kleinen,feinen Feile geglättet habe,2. die Kanten von Hand unter der Lupe auf 45 grad angearbeitet habe und dann alle Flächen mit 1200er Nassschleifpapier ,auf einem Alustreifen aufgeklebt,geglättet habe. Abschliessend habe ich die Flächen wie immer mit Metallpolitur und kleiner Filzscheibe in einer Proxxon auf hochglanz gebracht.Das ist natürlich nicht unbedingt Uhrmachertypisch aber für mich absolut i.o. Abschliessend wurden alle Platinen noch 24K vergoldet.
Bevor man die Kanten überarbeitet,sollte man aber die Oberflächen behandeln. Was nützt dem Uhrenliebhaber eine schöne anglierte Kante,wenn dann die Oberfläche noch total zerkratzt ist.
Eure Kanten sind wirklich schön geworden.
„Wer Schlechtes nicht ertragen kann, wird Gutes nie erleben.“
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10.11.2014 21:30 (zuletzt bearbeitet: 11.11.2014 00:02)
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