Liebe Uhrenfreunde,

wie oben schon geschrieben, ging das Zerlegen meines ersten Wiener Werkes gründlich schief. Entsprechende Bilder des Werkes habe ich unten beigefügt. Nachdem ich schon sehr viele franz. Pendulenwerke zerlegt, gereinigt und wieder zusammengebaut habe, wollte ich mich an die Reinigung eines Wiener Werkes machen und deshalb tauchen auch viele Fragen auf, die ich dann noch stellen möchte. Folgendes ist mir passiert: um die Federn zu entspannen, habe ich erst Geh- und Schlagwerk vollständig ablaufen lassen. Anschließend sämtliche Teile auf der Vorder- u. Rückseite entfernt - keines der Räder hat sich mehr bewegt. Und jetzt kommts: als ich die Platinen wie gewohnt dann auseinandernehme, gehen die beiden oberen Deckel der Federhäuser mit herunter und die Federn springen heraus. Gottseidank wurde keines der Zahnräder beschädigt, aber ein Zahnrad (hat einen kleinen Zapfen dran und löst den Vorlauf und dann das Auslösen des Schlagwerkes aus) ist mir davongesprungen und selbst nach 2-tägiger Suche nicht aufzufinden.

Bilder des gesamten Werkes: DSCF1512.JPG - Bild entfernt (keine Rechte) DSCF1524.JPG - Bild entfernt (keine Rechte)

Und jetzt meine Fragen:

1. was habe ich falsch gemacht, daß die Federn herausgesprungen sind? Wie entspanne ich die Federn, da die Sperre bei diesen Werken ja im Federhaus sitzt? Bei den Franzosen bleiben doch die Federhäuser auch im ganzen beim Zerlegen und zum Entspannen der Federn sitzen die beiden Sperrhaken außen.
2. und nun zwei Bilder des fehlenden Zahnrades oben links: DSCF1550.JPG - Bild entfernt (keine Rechte) DSCF1563.JPG - Bild entfernt (keine Rechte)
Das Zahnrad hat eine Breite von 22,78 mm incl. beider Zapfen oder dünnen Spitzen.
Hat evtl. jemand so ein Zahnrad übrig, das er mir gegen Bezahlung überlassen würde?
3. Welche Bedeutung haben die beiden Teile mit den mittigen Spitzen und wie müßten die beim Zusammenbau wieder stehen - Bild DSCF1566.JPG - Bild entfernt (keine Rechte)
4. Wie kann ich mit einfachen Mitteln die Zähne des Ankerrades etwas ausrichten, da einige von vornherein etwas schief stehen. Habe leider kein Spezielwerkzeug hierfür wie Uhrmacher.

Nun liebe Uhrenfreunde, ein ratloser Norbert, denn ohne das fehlende Zahnrad nützt mir das Werk gar nichts; vielleicht kann mir jemand helfen, das wäre ganz toll.

Ich bedanke mich im voraus für die Beantwortung der anderen Fragen, damit mir so etwas nicht mehr passiert.

Viele Grüsse und

Norbert

Hallo

Eine Feder ist erst entspannt, wenn man sie aus dem Federhaus "befreit", wie du ja feststellen konntest.
Du hast ganz einfach die Räder, die durch den Federkern noch mit der Feder verbunden waren, samt Platine herausgezogen, mit den bekannten Folgen.
Beim Abnehmen der Platine, sollten die Räder im Federhaus verbleiben, und erst danach vorsichtig herausgelöst werden.
Zudem hat dieses Werk auch noch eine Stellung, die das komplette Ablaufen/Aufziehen der Feder verhindert, um einen gleichmäßigeren Kraftfluss zu erzeugen. Ist die Stellung richtig eingestellt, verbleibt auch noch zusätzlich eine Spannung auf den Federrädern. Man muss die Stellung mit der Hand so lange verstellen und das Räderwerk ablaufen lassen, bis keine Kraft mehr auf den Rädern ist.

Meine ehrliche Meinung - ab damit zum Fachmann wenn dir am Werk was liegt.

Heraus schnalzende 'Federn und noch unter Spannung stehende Räder können mehr als offensichtliche Fehler anrichten.
Nur mit sehr viel Fachwissen und Können kann hier eine womöglich endlose Baustelle vermieden werden.

Wie viele versteckte Beschädigungen oder leicht verbogene Teile sich noch am Werk befinden, kann man nur erahnen.
Aber selbst die normale Abnützung zu beseitigen, ist schon eine Menge Arbeit. Ein schneller Überblick zeigt mir z.B. die abgenutzten Sperre am Gehwerk Federrad.
Wird dies nicht fachgerecht repariert, hat man später massive Probleme.


Gruß hermann

Hallo Norbert,
hier mal was mir dazu einfällt:

Zitat von nobby im Beitrag #1

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... Und jetzt meine Fragen:
1. was habe ich falsch gemacht, daß die Federn herausgesprungen sind? Wie entspanne ich die Federn, da die Sperre bei diesen Werken ja im Federhaus sitzt? Bei den Franzosen bleiben doch die Federhäuser auch im ganzen beim Zerlegen und zum Entspannen der Federn sitzen die beiden Sperrhaken außen.

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Zitat von nobby im Beitrag #1

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2. und nun zwei Bilder des fehlenden Zahnrades oben links:
Das Zahnrad hat eine Breite von 22,78 mm incl. beider Zapfen oder dünnen Spitzen.
Hat evtl. jemand so ein Zahnrad übrig, das er mir gegen Bezahlung überlassen würde?

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Zitat von nobby im Beitrag #1

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3. Welche Bedeutung haben die beiden Teile mit den mittigen Spitzen und wie müßten die beim Zusammenbau wieder stehen - Bild [[File:https://files.homepagemodules.de/b514521/f119t5729p56911n7_cJBsWlxM-thumb.jpg|none]

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Zitat von nobby im Beitrag #1

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4. Wie kann ich mit einfachen Mitteln die Zähne des Ankerrades etwas ausrichten, da einige von vornherein etwas schief stehen. Habe leider kein Spezielwerkzeug hierfür wie Uhrmacher.

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Moin,

also der Christian ist zwar kein Uhrmacher aber er macht nur richtige Uhren und diese fangen bei Ihm erst ab einem Eigengewicht von 1kg an.
Zum verlorenen Rad:
Du solltest wirklich nochmal genau hinschauen. Ausserdem besteht auch die Möglichkeit das der Zapfen des Rades irgendwo in einner Wand oder gar in der Decke steckt (Letzteres hab ich selbst erlebt, bei einem ähnlichen Disaster).
Zum Werk, so wie Hermann mit dem Hermannkuchen schon schrub:
Ab zum Fachmann damit. Zur Not zu den Wienern schicken, da diese noch irgendwo eine Zahnradmöglichkeit haben und mit solchen Werken recht gut trainiert sind.

Viele Grüsse Nico

@steffl62

Gute Analyse!
Eine Anmerkung dazu, eine Malteserstellung ist das nicht.
Ich nenne diese Stellung "Fingerstellung", kann aber auch anders heißen.

Eine Fingerstellung kann man ablaufen lassen, in dem man den Innenteil auf der Platine verschiebt und so den Finger an der Räderachse wieder für eine Umdrehung frei gibt. So lange wiederholen, bis die Feder "entspannt" ist.

Hier ein Bild mit Animation von einer Malteserstellung:

Malteserkreuz Stellung

Gruß hermann

Zitat von HermannH im Beitrag #5

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@steffl62

Gute Analyse!
Eine Anmerkung dazu, eine Malteserstellung ist das nicht.
Ich nenne diese Stellung "Fingerstellung", kann aber auch anders heißen.

Eine Fingerstellung kann man ablaufen lassen, in dem man den Innenteil auf der Platine verschiebt und so den Finger an der Räderachse wieder für eine Umdrehung frei gibt. So lange wiederholen, bis die Feder "entspannt" ist.

Hier ein Bild mit Animation von einer Malteserstellung:

Malteserkreuz Stellung

Gruß hermann

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Zitat von steffl62 im Beitrag #6

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Das bedeutet bei der Fingerstellung kann ich, wenn der Finger nicht im Eingriff ist, das Rad verdrehen und bei der Malteserstellung nicht, da bleibt das Rad blockiert.
Stimmt's?

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Zitat von oldnicos im Beitrag #4

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so wie Hermann mit dem Hermannkuchen schon schrub:

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Hallo Hermann, hallo Christian, hallo Nico,

vielen herzlichen Dank für Eure sehr informativen Antworten zu den von mir gestellten Fragen. So habe ich nun die Möglichkeit, nicht mehr denselben Fehler mit dem Herausschnellen der Zugfedern zu machen. Im Vergleich zu den Franzosenwerken, bei denen das Federhaus komplett im Ganzen herausgenommen werden kann, muß ich beim Zerlegen der Wiener Werke umdenken.

Daß ich das weggesprungene Zahnrad trotz 2 Tagen intensiver Suche noch nicht gefunden habe, ist mir nach wie vor ein Rätsel. Ich habe schon wesentlich kleinere Teile wiedergefunden und wie Christian schreibt, ist dieses Zahnrad auch nicht so klein. Ich denke, ich muß momentan aufhören zu suchen, denn je mehr man sucht, umso besessener wird man. Ich muß auf den großen Zufall hoffen, daß mir das Zahnrad irgendwie in die Hände fällt. Daß es vorhanden war, sieht man ja auf den Bildern.

Ob mir die Wiener, gemeint ist damit wahrscheinlich Siverl, mit einem Ersatzrad helfen können oder ob es Sinn macht, Ihnen das Werk bzgl. Ersatzrad zuzuschicken, vermag ich nicht zu beurteilen. Vielleicht könnte mir Siverl in diesem Beitrag einmal hierzu Ihre Einschätzung mitteilen.

Dann werde ich halt mal in aller Ruhe weitersuchen, in der Hoffnung, doch noch fündig zu werden. Ich melde mich, wenn ich hoffentlich Erfolg habe.

Viele Grüsse an Alle und vielen Dank.

Norbert

Hallo Norbert,
Siverl ist meine mir angetrauter Ehefrau und wir beide werden hier manchmal als "die Wiener" bezeichnet.
Du darfst dieses Werk nicht mit den von den Pariser Pendulen vergleichen, das hier ist viel älter. Die Pendulenwerke sind industriell gefertigt und da ist es auch lange nicht so schwer ein Ersatzteil dafür zu finden. Dein Werk schätze ich ins erste drittel des 19. Jahrhunderts, da waren die feststehenden Federhäuser Standard, zumindest im Wiener Raum.
Leider sind wir gerade auf Kur in Kärnten, ca. 350km von unserer Werkstatt entfernt und erst wieder in 2 Wochen zu Hause.
Ich habe zwar eine Zahnradfräsmaschine und auch einige Fräser dazu aber die passenden um so ein Auslöserad und den Trieb dazu zu fräsen wahrscheinlich nicht. Ich vermute man müsste spezielle Schalgzähne entsprechend den benachbarten Trieb bzw. Zahnrad anfertigen. Ich hab so was bis heute noch nicht gemacht, weis also nur theoretisch wie das geht. Ist sehr viel Arbeit mit ungewissem Ausgang. Wenn Du die Abmessungen des Rades und des Triebs und die Zähnezahlen von beiden angibst können wir in 2 Wochen mal unsere Grabbelkisten durchsuchen allerdings sind die meisten Teile die wir da drin haben von viel jüngeren Werken.

lg Silvia und Christian

Hallo Norbert,

nach 7 Tagen Kuraufenthalt darf ich endlich mal an den PC (nebenbei gesagt MEINER) ....

Wie Christian schon schrieb, haben wir einen riesen Fundus - allerdings in Wien, und das dauert noch 2 Wochen bis wir wieder zu Hause sind.
Rekapitulieren wir den Moment des Verlustes des Originalrades dann gibt es verschiedene Möglichkeiten wo sich so ein nicht all zu kleiner Teil 2 Tage verstecken kann.
Ich gehe mal davon aus, dass Du den Boden gekehrt/gesaugt/ und alle Nischen durchsucht hast. Vermutlich hat das Biest einen schöneren Landeplatz gefunden und ruht irgendwo in einem Regal oder - ich kenne ja Deinen Arbeitsplatz nicht - hängt im Vorhang, baumelt fast vor Deinen Augen und Du siehst es trotzdem nicht.
Du musst nur ein wenig in Dich gehen und vielleicht kannst Du dann den Suchsektor eingrenzen oder erinnerst Dich an ein Landungsgeräusch.

Solltest Du nicht fündig werden, schauen wir gerne nach ob wir was Passendes für Dich haben...

LG
derzeit aus Kärnten
Silvia

Moin nobby,

eigentlich solltest Du das wissen, dass es Wiener immer nur paarweise gibt. So verhält sich das mit unseren Wiener quasi genauso. Nur eben mit einem gewaltigen Unterschied: unsere Wiener kommen mit Mannerschnitten, Käskrainer, Sachertorte, Fiakerlschnitzel, Zwickel und so wie ich am WE mit Buchteln mit Vanillesosse ... och Kaiserschmarrn? Ne des ist doch ein Schmarrn!

Silverls Idee mit den Gardinen ist noch eine Idee der Superlative, ebenso die Gefechtsstellung Bücherregal.

LG Nico

hallo,
viel Spaß beim Suchen... bei mir hat mal ein "abgeschossenes" Bauteil wochenlang in der Holzdecke über der Werkbank gesteckt und das war kein kleines Rädchen eines Uhrwerks.
Mit bestem Gruß und viel Erfolg bei der Nachsuche,
D.

Hallo Silvia, hallo Christian, halllo D., hallo Nico,

danke für Eure netten Antworten. Daß sich hinter Siverl und Steffl62 die "Wiener" verstecken, das wußte ich ehrlich gesagt bis heute nicht, aber ich bin ja auch noch nicht so lange im Forum. Vorhang und Bücherregal habe ich nicht, aber es steht doch Einiges herum, das ich zwar schon mal gründlich ohne Erfolg durchsucht habe. Staubsaugen und Sichtung des Staubsaugerbeutels habe ich auch schon hinter mir. Zumindestens konnte ich bei dieser Gelegenheit auch mal gründlich sauber machen - ist doch schon mal was und meine Frau wird sich freuen.
Ich werde jetzt erst mal das zerlegte Werk zur Seite legen und einfach nach und nach die herumstehenden Sachen nochmals gründlich nachsuchen. Vermutlich habe ich schon 10 x drübergeschaut und doch nicht gesehen.

Daß das Uhrwerk, wie Christian es einschätzt, aus dem ersten Drittel des 19. Jhd. ist, habe ich nicht gewußt und freut mich natürlich auch, denn ich habe dieses Werk, wenn auch ziemlich dreckig, recht günstig erwerben können. Umso ärgerlicher ist deshalb die Sache mit dem Zahnrad und es wäre ewig schade, wenn ich es nicht wieder zum Leben erwecken könnte.

Ich melde mich wieder, wenn ich es hoffentlich gefunden habe bzw. falls nicht, mit den Maßen des Zahnrades - vielleicht habe ich dann bei den "Wienern" mehr Glück.

Erlaubt mir bitte bei dieser Gelegenheit noch eine andere Frage:

ich habe bei einer Hausmeisteruhr, die in sehr schlechtem Zustand war und die ich restauriert habe, das Uhrwerk eingebaut. Eine kleine Vorstellung der Uhr reiche ich nach Fertigstellung nach. Es hat sich herausgestellt, daß ich die Uhr von vorne gesehen, auf der linken Seite um 2 cm heben muß, um ein gleichmäßiges Ticken zu erreichen. Vermutlich wurde hier auch schon mal an der Ankergabel herumgemurkst, denn die steht auch schon ziemlich weit links. Stelle ich die Uhr gerade hin, habe ich sehr unregelmäßiges Ticken und hebe ich rechts an, geht überhaupt nichts.

Was kann ich Eurer Meinung nach tun, damit ich, wenn die Uhr normal gerade steht, ein gleichmäßiges Ticken erreichen kann. Danke im voraus für Eure Hinweise.

Nun wünsche ich Euch alles Gute und den "Wienern" noch einen schönen Kuraufenthalt - aber bitte ohne einen Kurschatten.

Viele Grüsse und

Norbert

Hallo

Ungleichmäßiges Ticken nennt man einen fehlerhaften Abfall.
Bei vielen "neueren" Uhren gibt es eine Vorrichtung die das Einstellen des richtigen Abfalls erlaubt.
Bei der von dir beschriebenen kann man die Ankergabel leicht verbiegen (2cm ist nur ein leichter Abfallfehler).
Ist der Abfall mehr verstellt, sollte man die Ankergabel von der Welle schlagen und neu Aufsetzen.
Ein ganz gemeiner Fehler bei diesen Werkes ist, wenn die Ankergabel nicht fest auf der Welle sitzt und man das nicht überprüft hat.

Gruß hermann

Peter Wiebner aus Bärenkopf Niederösterreich kann dieses Rad und Trieb sicherlich ohne Probleme anfertigen. Ich habe mit ihm schon sehr gute Erfahrungen mit Wiener Uhren gemacht. Gute Preise gute Arbeit.

Michael