Nachdem meine HU 22 10 Jahre lang, nach Reparatur durch einen Uhrmachermeister, gelaufen war, blieb sie immer wieder stehen. Auffällig, auf dem höchsten Punkt des Nockens. Erster Gedanke war ein eventuell zu hoher Druck des Vorbereitungskontaktes auf den Steuerhebel 2, der die Uhr abbremste (war ja hier im Forum auch schon mal ein Thema).

Also habe ich die Vorspannung des Vorbereitungskontaktes immer weiter reduziert, bis er schließlich nicht mehr vernünftig arbeiten konnte – die Uhr blieb immer noch stehen. Also konnte es doch nur am Uhrwerk liegen. Nach 10 Jahren ist eine Revision auch kein Fehler.

Die Uhr wurde zerlegt und recht schnell kam der Fehler zum Vorschein: Die Achse, auf der das Zwischenrad vorn an der Platine läuft, war angerostet. Hatte der Uhrmacher die Uhr wirklich zerlegt oder nur eine Schnellreinigung gemacht?

Zwischenrad .jpg - Bild entfernt (keine Rechte)

Wie sollte ich die Uhr nun überholen, nach Uhrmacherart oder nach DDR-Fernmeldemechanikerart? Ich habe mich für letzteres entschieden und bin bei der Reinigung schließlich noch einen ganz eigenen Weg gegangen: Die Teile, außer Aufzugsmagnet und Anker, wurden im Ultraschallbad für 2 Stunden mit Heizöl bei 80° C bearbeitet, da Öl ja Öl gut lösen kann. Die Fernmeldemechaniker legten die Uhrteile für 24 Stunden in Petroleum ein, reinigten dann mit Pinsel und spülten mit frischem Petroleum nach.
Anschließend Abkühlung und trocknen lassen. Es folgt eine Reinigung mit Putzlappen und der übliche Weg, Polieren der Wellenzapfen und Ausreiben der Lager mit Putzholz. Beim Zusammenbau erfolgte das Ölen der Lager und Zapfen während des Zusammenbaus (DDR-Fernmeldemechanikerart) und nicht hinterher (Uhrmacherart).

Da ich den Vorbereitungskontakt völlig verstellt hatte mußte er neu justiert werden. Hier mal eine Beschreibung dazu, falls jemand Probleme damit hat:

Vor einer Revision der Uhr sollte deren Zustand geklärt werden. Ist es eine reguläre Revision, befindet sich die Uhr also schon länger im eigenen Besitz und war auch in korrekter Funktion, dürfte eine Justierung des Vorbereitungskontaktes nicht notwendig sein. Falls doch, kann durch minimales Verdrehen des gesamten Kontaktsatzes in seiner Halterung auch eine gewisse Justierung des Vorbereitungskontaktes von demjenigen erreicht werden, der sich nicht an die direkte Einstellung des Kontaktes heran traut. Dabei kommt die hundertprozentige Einstellung am Polwendeschalter zwar minimal aus der Reihe, was aber durch die Spielräume dort eine sichere Funktion nicht beeinflußt. Dieser Umstand sollte jedoch beobachtet werden.

Nach dem Einfallen des Steuerhebels 2 in die Exzenterstufe und dem Schließen des Vorbereitungskontaktes (vk) sollte sich ein sichtbarer, wenn auch minimaler Abstand zwischen der linken Kontaktfeder und der Einstellzunge ergeben (Vorspannung durch Hub erhöht) im Bild (roter Pfeil 1). Damit erhält der Kontaktamboß Vorspannung, die für eine feste und sichere Verbindung sorgt. Ebenso sollte ein sichtbarer Abstand zwischen dem isolierten Schaltstift (4) und der Kontaktfeder vorhanden sein und darf bis zu 0,2 mm betragen (roter Pfeil 3).

Ist dieser nicht vorhanden, muß sichergestellt sein, daß die Kontaktfeder nur leicht am Kontaktstift anliegt. Andernfalls wird die Vorspannung im ausgeschalteten Zustand, ab etwa der 30. Sekunde, so stark, daß der Steuerhebel 2 durch den starken Druck der Kontaktfeder zu kräftig auf den Exenter einwirkt, die Uhr abbremst und sie schließlich stehen bleiben kann!

Für die Nachjustierung des Vorbereitungskontaktes läßt man die Uhr ablaufen, bis der Steuerhebel 2 in die Exenterstufe eingefallen und der Vorbereitungskontakt geschlossen ist. Jetzt sollte zwischen der rechten Kontaktfeder und dem isoliertem Schaltstift ein minimaler Abstand bestehen (roter Pfeil 3) oder die Kontaktfeder nur ganz leicht anliegen. Das kann man durch manuelle Bewegungen des Steuerhebels 2 gut überprüfen, da dieser jetzt seine volle Hubhöhe aufweist.

56.JPG - Bild entfernt (keine Rechte)

Rechte Kontaktfeder - Die Vorspannung, also die Kraft der rechten Kontaktfeder muß so groß sein, daß der Steuerhebel 2 sicher in die Exenterstufe einfallen kann und der Kontakt mit dem gegenüberliegenden linken Kontakt sicher geschlossen wird. Außerdem muß soviel Kraft da sein, daß der gegenüberliegende Kontakt von seiner Einstellzunge weggedrückt wird und damit Vorspannung erhält, wodurch ein fester Kontaktschluß gegeben ist (roter Pfeil 1). Die Vorspannung der rechten Kontaktfeder kann am einfachsten auch über den vorgeschriebenen Druck von 4 g mit einer Waage eingestellt werden.

Linke Kontaktfeder - Die linke Kontaktfeder muß über ihre Einstellzunge soweit an die rechte Kontaktfeder herangeführt werden, bis sich die linke Kontaktfeder leicht von der Einstellzunge abhebt, sich also die erforderliche Kontaktvorspannung einstellt (roter Pfeil 1).
Außerdem wird so eingestellt, daß beim Einfall von Steuerhebel 3 in Steuerhebel 2 (nach der zweiten Schaltung des Aufzugsmagneten und dessen elektrischer Blockade) der Vorbereitungskontakt auch geöffnet ist.
Beide Einstellungen der Kontaktfedern stehen in Wechselwirkung, beeinflussen sich gegenseitig und müssen unter ständigem Probieren (Uhr laufen lassen und Schaltspiele auch über längere Zeit prüfen) passend eingestellt werden.

Das Einstellen der Kontaktfedern macht sich am einfachsten mit einem Schraubenzieher (Schraubendreher), indem die Kontaktfeder oder Einstellzunge gefühlvoll in die jeweilige Richtung gedrückt, gebogen wird. Federn oder Einstellzungen können nicht einfach in die gewünschte Stellung gebracht werden, sondern müssen generell über die gewünschte Stellung hinaus (je nach Materialwiderstand) bewegt werden. Sie werden „überbogen“ bzw. überdehnt. Hierzu wendet man zuerst wenig Hub an und steigert ihn langsam immer mehr, bis die erforderliche Stellung erreicht ist. Hat man sie zu weit gebogen, was schnell vor kommt, wird sie entgegengesetzt wieder zurück gebogen, ebenfalls durch leichtes Überdehnen. Solche Einstellvorgänge sind meist geprägt von mehreren „zu wenig“ und „zu viel“, bis man eher zufällig die richtige Einstellung findet.

Rainer.

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Linkes Bild: Hier wird die rechte Kontaktfeder nach links gebogen, was die Vorspannung erhöht.

dhdhdhd.JPG - Bild entfernt (keine Rechte)
Linkes Bild: Mit einem Schraubenzieher wird die linke Kontaktfeder über die Einstellzunge nach links gebogen, wodurch der Kontaktamboß vom rechten Kontakthammer sich entfernt (Einstellung des minimalen Kontaktabstandes).
Hat man eine Kontaktfeder zu weit gebogen, wird der Schraubenzieher auf der anderen Seite angesetzt und die Kontaktfeder bzw. die Einstellzunge wieder etwas zurück gebogen. Dazu setzt man etwas geringeren Kraftaufwand als zuvor ein. Hier lassen sich keine Vorgaben machen, das muß man einfach ausprobieren.

Hallo Rainer,
danke für den detaillierten Bericht und insbesondere für die praxisbezogenen Tipps zur Kontaktjustierung! Ob ich Deine Reinigungsmethode mal übernehme - da bin ich mir noch nicht ganz sicher. Bisher habe ich den Kontaktsatz nie in irgendwelche flüssigen Reinigungsbäder gegeben, sondern nur "trocken" gereinigt, da ich befürchtete, dass die Isolierstücke (Pertinax?) dabei in Mitleidenschaft gezogen werden, z.B. durch Aufquellen. Aber nach Deiner Schilderung hat er das zweistündige Bad im heißen Öl ja offenbar bestens überlebt!
Grüße,
Gerrit -elektrozeit-

Zitat von rainerkamenz im Beitrag #1

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Die Teile, außer Aufzugsmagnet und Anker, wurden im Ultraschallbad für 2 Stunden mit Heizöl bei 80° C bearbeitet, da Öl ja Öl gut lösen kann.

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