Hallo, unter diesem Link zeige ich eine Zusammenfassung meines Projektes des Nachbaus der Henlein Uhr, die wohl bekannteste aller Dosenuhren, obwohl letztendlich eine Fälschung. Viel Spaß beim anschauen!
Einfach toll, ich bin begeistert! Ich sehe auch zum ersten mal dieses Werk im Detail. Abgesehen von der grossen Bauhöhe wirkt es ja schon recht 'modern'. Es gibt eine Unrast, keine Löffelwaag und sogar eine Schnecke (Fusee).
Auch wenn die Henlein-Uhr eine Fälschung ist, ist das letztlich egal, denn sie muss ja von echten Vorlagen abgekupfert worden sein. Von Hans Holbein d.J. gibt es Portrait eines gewissen Kaufmanns Gisze von 1532, auf dem eine ganz ähnliche Dosenuhr zu sehen ist.
Danke fürs Zeigen! Davon könnte man sicher eine kleine Serie produzieren. Da gäbe es sicher genug Interessenten dafür. Ich zum Beispiel, falls ich es mir leisten könnte...
Hallo, ich bitte Kenner der Dosenuhr von Peter Henlein um Hilfe. Ich habe 1977 eine solche Uhr von der Firma Diehl zum 75. Firmenjubiläum bekommen. Ich will sie nun verkaufen, weiß aber nicht, welches Werk drin ist. Ich bekomme die Uhr nicht geöffnet. Kann mir jemand sagen, wie man sie öffnet ? PH replika
Da wäre doch ein eigener Beitrag mit Bildern sinnvoll, oder? Aber noch einfacher ist, Diehl Pteter Henlein in google zu klopfen - dann landet man auf einigen Angeboten - auch mit geöffnete, hinterem Deckel - ist nur press aufgesetzt. Da sitzt ein primives Weckerwerk drin
Diese Einfach-"Nachbauten" kenne ich. So weit ich weiss, gab es da 2 Versionen: eine mit Quarzwerk und eine mechanisch mit einem total unspektakulären modernen Billigwerk. Wenn ich mich richtig erinnere stammten die von Diehl und wurden zu irgendeinem Jubiläumsjahr rausgebracht (PS: Steht ja oben schon, da hatte ich nicht alles gelesen). Das ist natürlich völlig reizlos, finde ich. Interessant wird es ja erst durch das Uhrwerk.
Dass es sich bei der Nürnberger Uhr um eine Fälschung handelt, soll freilich der Leistung des im Eingangsposting vorgestellten Nachbaus keinen Abbruch tun!
Hallo Moritz, ich denke sehr interessant, auch weil es zeigt, das der Kompositeur, vermutlich aus dem 19. Jahrhundert, trotz seiner besten maschinellen Ausstattung, nicht in der Lage war sich den Herstellern der von ihm verarbeiteten Spolien, in Qualität, Kunstfertigkeit, und technischem Verständnis, auch nur anzunähern. Hätte das ein "Heutiger" verbrochen wäre das Kompilat sicherlich noch eine weiter Stufe herabgesunken. Da sieht man genau das, was der sogenannte "Wissenschaftlich/Technische Fortschritt" in Wirklichkeit zu bieten hat.
Vielleicht sollte man sich wenn man versucht ein Uhr aus dem frühen 16. Jahrhundert nachzuempfindenden, damit auseinandersetzen, was die Handwerker zu dieser Zeit, alles konnten. Und sich ihre Techniken und den Umgang mit ihren Werkzeugen, wenigstens Ansatzweise anzueignen.
Und nicht Händeringend Vereinfachungen durch moderne Technik und Materialien zu suchen. Ich denke diese Schrift ist abschreckend genug.
Trotz allem Dankeschön für die interessante Darbietung dieser Uhr durch den TO, und Dir für das Dokument
Ich habe das oben verlinkte Paper / Buch mit Untersuchung der Henlein-Uhr mal runtergeladen und durchgelesen, bzw. quergelesen. Sehr interessant! Die Unzulänglichkeiten und konstruktiven Ungereimtheiten des Werkes kommen ja eher nicht daher, dass der Fälscher (ich nenn ihn mal so) nicht richtig technisch Bescheid wusste, sondern daher, dass er aus nicht zusammengehörenden bzw. zusammenpassenden, teils kaputten alten (und fehlenden, nachgemachten) Teilen eine Uhr zusammenschusterte und mit der gefälschten Inschrift für ein Werk von Henlein 1510 ausgab. Dabei wurden dann halt Teile zurecht geschnitten und gefeilt, damit man am Ende etwas hatte, was als authentisch durchging. Auf gute Funktion der Uhr wurde da ja wohl wenig geachtet. Hat ja auch geklappt und ist erst sehr spät aufgeflogen. Das heisst ja auch, dass man sehr genau hinsehen muss, um überhaupt zu merken, dass sie nicht authentisch ist.
Ich würde die oben vorgestellte Replica von @horolog als technische Neuanfertigung einer quasi "typischen" frühen tragbaren Uhr der Renaissance betrachten, bei der halt die Henlein-Uhr das nähere Vorbild war (viele solche Uhren gibt es ja wohl nicht mehr, und man braucht ja dann auch eine sehr genaue Darstellung der Bauteile, um das nachbauen zu können, da wird man wohl zwangsläufig auf Literatur zu eben dieser Uhr zurückgreifen).
Wie es aussieht, wurden die technischen Fehler des Vorbilds bei der Replica nicht wiederholt. Zumindest die, die man sieht, wie etwa das stark schief stehende Federhaus des Vorbildes. Statt der unpassenden Kette gibt es eine Saite etc. Die Replica dürfte also viel besser sein als das Vorbild.
Das Einzige, was ich da evtl. noch ändern bzw. ergänzen würde, wären die Tastperlen auf dem Zifferblatt, die es bei der Replica nicht gibt, die aber - so viel ich weiss - alle tragbaren Renaissance-Uhren hatten.
War das vor der Wegwerfgesellschaft nicht prinzipiell noch viel üblicher, aus alten Teilen Neues zu bauen? Arbeitszeit war billig, Material weniger. Da scheint es mir durchaus plausibel, dass im Laufe von 200 Jahren verschiedene Handwerker immer wieder an der Uhr rumgebastelt haben und irgendwann ist mal einer auf die Idee gekommen, eine Henlein-Signatur mache aus dem zusammengeschusterten veralteten Ding ein wertvolles Sammelobjekt.
Woher kommt die Idee, dass da eine einzelne Person in Fälschungsabsicht diese Uhr von Grund auf neu aufgebaut habe?
. Viele Grüße von Coloman, der natürlich nicht ich ist.
Zitat von mikromeister im Beitrag #11War das vor der Wegwerfgesellschaft nicht prinzipiell noch viel üblicher, aus alten Teilen Neues zu bauen? Arbeitszeit war billig, Material weniger. Da scheint es mir durchaus plausibel, dass im Laufe von 200 Jahren verschiedene Handwerker immer wieder an der Uhr rumgebastelt haben und irgendwann ist mal einer auf die Idee gekommen, eine Henlein-Signatur mache aus dem zusammengeschusterten veralteten Ding ein wertvolles Sammelobjekt.
Woher kommt die Idee, dass da eine einzelne Person in Fälschungsabsicht diese Uhr von Grund auf neu aufgebaut habe?
Zitat von mikromeister im Beitrag #11 Woher kommt die Idee, dass da eine einzelne Person in Fälschungsabsicht diese Uhr von Grund auf neu aufgebaut habe?
Wenn jemand soetwas, der Verursacher ist genauso namhaft, wie der Preis, anfertigt, um es , incl. Expertise, für teuer Geld an ein Museum zu verkaufen ... ?
Natürlich gibt es auch Museumsrepliken, die in Auftrag gegeben werden um ein wertvolles, unersetzliches antikes Stück zu schonen, darum sprach ich nicht von einem Fälscher, sondern von einem "Kompositeur". Allerdings graust es Einen, wenn man sieht wie gut gemachte antike Teile, derart verschandelt werden das sie weder kenntlich sind, noch mehr ihren Zweck erfüllen können.
Und es ist mit allergrößter Wahrscheinlichkeit anzunehmen, das die Veränderungen alle aus einer Hand kommen, die Bearbeitungsspuren und die Herangehensweise sind bei allen Teilen sehr vergleichbar, aus einer Hand, und aus der selben Zeit.
Da an dieser Uhr garnichts von einer Spindeluhr aus dem 16. Jahrhunderts mehr als solches zu erkennen ist, wirklich jedes antike Teil wurde verhunzt,ist es aus Sicht des Museums, nur richtig, es als als Falsifikat zu bezeichnen.
Zitat von Matthias Bigalke im Beitrag #13Und es ist mit allergrößter Wahrscheinlichkeit anzunehmen, das die Veränderungen alle aus einer Hand kommen, die Bearbeitungsspuren und die Herangehensweise sind bei allen Teilen sehr vergleichbar, aus einer Hand, und aus der selben Zeit.
Das kann ich dem Untersuchungsbericht nicht entnehmen. Da steht im Wesentlichen, dass die Teile ursprünglich nicht zusammengehörten und viele Änderungen im 18. Jhd. erfolgten. Für eine gezielte Fälschung spricht allerdings nach meinem Verständnis des Textes, dass die Abnutzungsspuren nicht für einen schrittweisen Umbau sprechen und die Uhr wohl auch nicht mehr viel gelaufen ist. Hat ja wohl auch nicht gut funktioniert.
Ist aber trotzdem ein interessantes Stück. Mich fasziniert immer, mit welchem technischen Verständnis solche damaligen teuren Spitzenerzeugnisse gefertigt und dann doch an vielen Stellen erstaunlich grob und ohne Liebe finissiert wurden. Es war ja nicht so, dass man damals ein Werkstück nicht akkurat hätte fertigen können, es war anscheinend einfach nicht wichtig.
. Viele Grüße von Coloman, der natürlich nicht ich ist.
Zitat von mikromeister im Beitrag #14 Mich fasziniert immer, mit welchem technischen Verständnis solche damaligen teuren Spitzenerzeugnisse gefertigt und dann doch an vielen Stellen erstaunlich grob und ohne Liebe finissiert wurden. Es war ja nicht so, dass man damals ein Werkstück nicht akkurat hätte fertigen können, es war anscheinend einfach nicht wichtig.
Wir leben wohl auf unterschiedlichen Planeten.
Eine solche Uhr war auch um 1510, der Zeit von P. Henle, kein Luxusgut. Brüggi, Melanchton und Luther, die seine Kunden waren und Uhren bei ihm machen ließen , hatten Armut. Keuschheit und Gehorsam geschworen. Und waren wenigstens Lutter und Melanchton niedere Beamte, der untersten Kategorie, Lehrer/Schreiber/Prediger, die vorwiegend in Naturalien bezahlt wurden wenn überhaupt. Die Luxusuhren dieser Zeit hatten Werke aus vergoldetem Messing und vernickeltem Stahl, und Gehäuse aus Gold Silber und Edelstein, und zeigten außer den Stunden auch noch Sonne Mond und Sterne, schlugen die "Grand Sonnerie" repitierten auf Knopfdruck und hatten natürlich einen Wecker. Die Werke von P.H. und seiner Kollegen waren aus billigstem Material. Ein altes Hufeisen. 3 kräftige Zimmermannsnägel aus Stahl und der abgebrochene Messinggriff von einem alten Kochtopf, mussten als Material genügen. Der Erzeuger dieser Chimere hatte keinerlei Einfühlungsvermögen in die zugrundeliegende Technik, und wollte offensichtlich auch garnicht. Die ursprünglich hochwertigen Teile, wurden solange zuschanden gerichtet, bis nicht mal mehr die Funktion ging. Seine Schöpfung sollte beweisen: Alt= schlecht, modern=überlegen . Als Beispiel das filigrane Steigrad, ein Schmiedeteil aus Renneisen. ganz ohne Drehmaschine, gefeilt ... Wenn man genau hinschaut sieht man noch Rudimente der ursprünglichen Form, wunderbar zart geschenkelt, die Speichen mit dreieckigem Querschnitt, und hatte den Namen Kronen-Rad, ganz sicher verdient. Aber auch für die Funktion war es TOP, die Zähne 15° nach vorn geneigt, erlaubte der Unruhe einen Bogen, der bei 95° begann und bis 125° reichte, das bringt mancher Chinesenklunker nicht. An diesem Kompilat musste man froh sein, wenn die Unruhe 10° erreichen konnte, natürlich war das gewollt, was denn sonst.
Du weist was Renneisen ist? Das ist nahezu reines Eisen, mit Glück, wenig Prosphor, Kein Mangan und ein halbes Prozent Vanadium, aber durchzogen von einem Gewirr feinsten Schlackefäden. Die innere Struktur ist wie wenn Du eine Häufchen vom Mittag übriggebliebener Spagetti in den Kühlschrank tust und am nächsten Tag in Würfel schneidest. Da kommt man beim Finisch sehr schnell an seine Grenzen. Natürlich waren die Teile ursprünglich blank geschliffen, aber der Kompositeur hat sie in Schwefelsäure getaucht, zum einen um seine Bearbeitungsspuren unauffälliger zu machen, und zum Anderen, alt= besonders schäbig. eben genau das was er vorführen wollte.
Auch beim Kronrad das das Steigrad treibt, das selbe. Der Erbauer dieses Teils, hat es geschmiedet, und die Hälfte der Höhlung, durch mehrmaliges schlagen mit einer Punze auf dem Bleiklotz, eingetrieben. Dann kam die Feile und um mehr Freiraum an den Zahnfüßen zu gewinnen wurden die Radspeichen nach dem schenkeln Dreieckig gefeilt dadurch konnte man die Innenkante ausreichend weit nach unten ziehen. die Kratzer Schrammen und Drehspuren stammen vom Kompositeur an manchen Stellen sieht an aber trotzdem noch Reste der alten Politur. für ein komplett gefeiltes Rad, aus Renneisen, sicher eine Leistung. Das drehen der Räder war damals nicht üblich, die Drehmaschine wurde erst 1800-1830 von Henry Maudsley erfunden. P.H. und seine Kollegen haben ähnlich wie G.Graham und J.Harrison, alles gefeilt incl. der Zapfen, und den letzten Schliff bekamen sie im Drehstühlchen, und sowas , was zusammen exakt laufen musste bekam dort noch das letzte Hundertstel übergezogen.
Messingbuchsen waren völlig unüblich, und eingeschraubt gleich 3x nicht. Die Kombination von gehärtetem Stahl und weichen Eisen gibt ein durchaus zufriedenstellendes Lagerpaar. Natürlich wussten das auch die Kunstschlosser des 14. und 15. Jahrhunderts. Man musste nur dafür sorgen das nirgends die Paarung Eisen-Eisen und Stahl-Stahl vorkam.
Aber Selbst an der Verzahnung hat sich der Übeltäter vergriffen. Der Schöpfer der Räder zeichnete den Wälzkreis, und teilte den Kreis mit dem Zirkel. Jeder Schnittpunkt bekam einen Körner, an dem der Uhrmacher seine Zahnschablone anlegte. dieser Kreis der Körnerpunkte ist nahezu exakt, die Abweichungen der Körner liegen innerhalb von 5 Bogenminuten, die Zähne sind aber oft mehr als einen halben Millimeter daneben, und die Körner werden manchmal sogar von den Zahnflanken geschnitten. Man denke sich blos nix dabei ... so doof kann doch keiner sein, es sei denn er hat es bewusst getan, um die Räder absichtlich zu verhunzen, und den Eingriff bewusst unregelmäßig zu machen. Ich will nun nicht mehr weitermachen ... Das Nationalmuseum hat aus Photogrammetrie, Mikro-Tomographie und Laserablation ein 3D- Modell dieser Uhr fertigen lassen. Das kann man dort samt Viewer käuflich erwerben. Auch einen sehr umfangreichen Bildband. Da sieht man noch viele Schweinereien mehr wie z.B. die Marken die beim mehrmaligen spannen des Federhauses in ein Vierbackenfutter entstanden. Auch gefräste und abgedrehte Triebe fertigte P.H. auf keine Fall.
Also nix mit mangelhaftem Finnish, und klobigen Formen, das kam erst im 19.Jahrhundert dazu, das nennt man Fortschritt ...
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17.11.2024 16:58 (zuletzt bearbeitet: 17.11.2024 17:09)
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