Grüßt euch,

Wie alle natürlich schon verstanden haben, lehnt sich der Titel meines Themas an das Buch Die Reparatur komplizierter Taschenuhren im Reprint von Bruno Hillmann aus dem Jahre 1911 an, welches neu aufgelegt vom Heel Verlag (2006) wurde.

An dieser Stelle kommt was persönliches was an sich nichts zur Sache tut wer will kann diesen Teil gerne überspringen

Es gab mal eine Zeit.... Eine Zeit in der ich noch nicht eine Schulische Ausbildung sowie Studium gemacht habe, tatsächlich gearbeitet und Geld verdient habe..... Dieses Geld habe ich ohne an die Zukunft zu denken komplett in Uhren investiert. Ich stöberte durch Auktionshäuser und habe einige Sachen ersteigert und gut bezahlt..... Darunter auch eine "Goliath" Taschenuhr mit Vollkalendarium. Ich musste unbedingt eine Taschenuhr haben, welche ein mit Zeigern übersätes Ziffernblatt haben sollte. Es faszinierte mich einfach ungemein. Das komische an diesem Kauf war, dass ich nicht wusste, dass diese Taschenuhr so groß ist. 6,7cm ( 6,73 um ganz genau zu sein, Schublehre sei dank) misst sie und ich war sehr erstaunt was ich da gekauft hatte. Ich zog sie auf, sie lief direkt an und ich stellte eifrig das Datum, den Wochentag, den Monat und die Mondphase ein, Achja, sie kann ja auch die Zeit anzeigen, ich stellte diese ein und war verzaubert. Sie lief so ungefähr 3 Wochen und alles Funktionierte. Doch manchmal ging sie 3 Minuten vor, und manchmal 5 Minuten nach.... Ich konnte einfach nicht mit einem guten Gewissen diese schöne Uhr in ihrem ungesäuberten Zustand so weiterlaufen lassen..... Ich legte sie auf Eis... Ich wollte die TU zu einem Uhrmacher bringen aber dann kam die Ausbildung und der Kontostand der sich fast dauerhaft auf ca. 50 Cent belief. Kam was neues drauf wurde es in andere Projekte, Uhren und Hobbys investiert. Jetzt ist das 1. Jahr meiner Ausbildung zu ende, ich habe Sommerferien und bis zu dieser Zeit wenigstens ansatzweise etwas über Uhren gelernt und möchte euch jetzt mit auf die Reise nehmen, wie ich diese Uhr reinige...





Ab hier könnt ihr weiter lesen ohne das ganze vorgeplänkel

Ich möchte diese eben genannte Taschenuhr reinigen und dachte wenn ich ehrlich bin, dass sie wesentlich komplizierter aufgebaut ist...... Ich möchte jetzt an dieser Stelle so genau es geht versuchen, euch zu erklären wie so eine TU mit Vollkalender überhaupt funktioniert. Dafür bediene ich mich aus einem Buch für das ich meine vollste Kaufempfehelung aussprechen möchte! (Nein, ich stehe nicht irgendwie in Verbindung mit dem HEEL Verlag. Es ist einfach ein Grandioses Buch wie ich finde!)
Die Quellenangabe für das Buch findet ihr ganz unten! Es bietet einen sehr guten Überblick auch über weitere Komplikationen von Taschenuhren wie Chronographen, Repetieruhren usw.

Was ist eine Taschenuhr mit Vollkalender?
Im Gegensatz zu einem ewige Kalender stellt die Taschenuhr zwar den Wochentag, das Datum und die Mondphase weiter, aber berücksichtigt nicht das manche Monate nicht immer 31 Tage haben. Der Februar tanzt komplett aus der Reihe da er nur 28 Tage hat und nicht zu vergessen alle 4 Jahre (wie dieses Jahr 2020) dann wieder 29 Tage hat. Ein ewiger Kalender berücksichtigt diese Gegebenheiten und stellt im Januar die 31 Tage dar und im Februar (2020) 29 Tage. Eine nette Spielerei. Spielerei fragt ihr euch? Ja, ich lehne mich ganz weit aus dem Fenster und zitiere einmal was Herr Hillmann zum ewigen Kalender zu sagen hatte:
Ich möchte damit den ewigen Kalender nicht kritisieren, er ist meines erachtens ein Meisterwerk in der Feinmechanik, aber die hohen Preise und die Aussage von Herrn Hillmann geben mir das Gefühl, dass ein Vollkalender völlig ausreicht auch ohne 'ewig' zu sein.

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Bildquelle: Auszug aus 'Die Reparatur komplizierter Taschenuhren' von Bruno Hillmann, HEEL Verlag 2006 Seite 114

Also ein Vollkalender Stellt das Datum, Wochentag und so weiter dar.

Wie macht die Taschenuhr das!?
Nun denn, Die Datumsanzeiger welche in dem Bild mit I,II,III bezeichnet sind, ruhen auf Stahlstiften welche in der Platine eingebohrt sind (Hillmann, 2006, S. 12). Der Zeiger welcher für die Monatsanzeige verantwortlich ist (I) hat 12 Zacken für Januar bis Dezember. Der für die Monatstage (II) hat 31 Zacken und der Stern III für die Wochentag hat 7 (ebd.). Diese Sterne werden von jeweils einer federnden Sperrklinke (a, b und c) in der dementsprechenden Ruhelage gehalten (ebd.)
Für die Mondpahse ist die bemalte Scheibe IV verantwortlich und dreht sich auf dem Putzen 1 um sich selbst (ebd.). Dieses Zahnrad hat insgesamt 59 Zähne , und macht demnach in 59 Tagen eine komplette Umdrehung (Hillmann, 2006, S. 13). Die Mondscheibe verfügt über zwei Monde, da der Mond ungefähr 29½ Tage für einen Umlauf um die Erde braucht und so der abnehmende-, zunehmende- und der Neumond abbildet werden kann (ebd.) Damit man die Mondscheibe IV auch sehen kann ist im Ziffernblatt ein Durchbruch (Hillmann 2006, S. 12)
Loch 2 ist für den Sekundenzeiger vorgesehen (Hillmann, 2006, S. 12.).

Um alles auch in Bewegung zu bringen besitzt das Stundenrad (3 ist punktiert in der Zeichnung dargestellt) ein gesondertes Rad (4), welches mit den Rädern 5 und 6 im Eingriff steht und so einen 1:2 Eingriff bewirkt (Hillmann, 2006, S. 13). Somit ergibt sich, dass nach zweimaliger Umdrehung des Stundenrades sich die Räder 5 und 6 erst einmal gedreht haben und die in diesen Rädern (5,6) eingesetzten Stifte (7 und 8) welche in die Sternräder II und III eingreifen, diese um eine Stellung weiter treiben (ebd.). Das Datum und der Wochentag sind somit um einen Tag weitergeschaltet und dies geschieht im Idealfall um 12 Uhr Nachts. Dies sollte nun beim Zusammenbau natürlich berücksichtigt werden und muss passend eingestellt werden!!!
Der Stift 8 (welcher auf Rad 6 sitzt) der den Wochentag Fortschaltet, schaltet auch die Scheibe IV für die Mondphase weiter (ebd.). Da dieses Rad aber unterhalb sitzt, geschieht die Schaltung für die Mondphase nicht um 12 Uhr nachts sondern um 12 Uhr mittags (ebd.).
Damit man nun alle Zeiger für die Daten unabhängig des Zeigerstands ändern kann, befinden sich an den Seiten Stifte zur Schnellverstellung welche im Bild mit 13, 14, 15 und 16 gekennzeichnet sind (ebd.). Diese Stifte sitzen an den Schalthebeln 9, 10, 11 und 12 welche diese eben genannte schnelle Fortschalten ermöglichen (ebd.). Diese Stifte ( 13 - 16) schauen unter dem Glasrand hervor und so kann man mit einem Spitzen Gegenstand (Nadel, Uhrmacher-Schraubendreher ö.ä.) die Daten bequem weiter schalten. Dazu ist noch zu sagen, dass sich alle Zeiger im Uhrzeigersinn bewegen und das der Stern I für den Monat (für die herkömmlichen 'einfachen' Uhren) nicht in Eingriff mit dem Stundenrad steht, und das der Monat somit gesondert und manuell wie eben beschrieben über den Stift 13 weiter geschaltet werden muss (ebd.). Das selbe muss mit dem Stern II am Ende eines Monats geschehen, welcher nicht über 31 Tage verfügt welches dann mit dem Stift 14 bewerkstelligt wird (ebd.). Bla bla bla Und natürlich wenn ein Schaltjahr das aktuelle Jahr den Februar von den eigentlichen 28 Tagen auf 29 Tage setzt [2020, 2024, 2028......] (ebd.).

Bildquelle: Auszug aus 'Die Reparatur komplizierter Taschenuhren' von Bruno Hillmann, HEEL Verlag 2006 Seite 114

Hier jetzt ein Bild von meiner TU wo ich bereits die Zeiger abmontiert habe.


Bei diesem Bild ist gut zu sehen, dass die Zeichnung aus dem Buch sehr übereinstimmend mit dieser Taschenuhr ist!

So, das war für den Anfang sehr viel Theorie und ich habe versucht, so gut es geht einen Einblick in mein momentanes Projekt zu geben. Hier ein paar FAQ wieso ich das so gemacht habe...

Warum schreibst du so komische Sachen hinter deinen Sätzen in diesem Beitrag zur Funktion einer Taschenuhr?
Ich bediene mich des Wissens her von einem Buch. Dieses Buch kostet Geld. Das hier ist keineswegs mein eigenes Wissen zur Funktion einer Vollkalenderuhr und somit benutze ich eine Zitierweise welche ich auch an der Uni anwenden muss. Somit stelle ich sicher, dass jeder das was ich geschrieben habe selbst überprüfen kann. Fehler können jedem mal passieren und ich will einfach nicht ein Plagiat mir zu schulden kommen lassen. Hier benutze ich die Harvard Zitierweise. Ich mache das auch, um das richtige Zitieren zu üben wie ich es auch in Wissenschaftlichen Ausarbeitungen für die Uni machen muss

Hogwarts Zitie..... was!?
Die Harvard Zitierweise ist eine Art Quellenangaben um in einem Text aufzuzeigen wo man nicht auf das eigene Wissen zurück greift. Hinter jedem Satz wo ich aus dem Buch das Wissen aufgegriffen habe ist in Klammern der Autor, das Jahr (des Reprints) und die Seite auf der die Aussage zu finden ist angegeben.

und wat is ebd.?
Bedeutet ebenda und bezieht sich auf eine Aussage welche ich gemacht habe welche auf der selben Seite steht wie das vorherige paraphrasierte bis das letzte mal in den Klammern Autor, Jahr und Seite steht. Ist halt einfach einfacher :)

Du hast zwei Mal das selbe Bild in deinem Beitrag!
Ich weiss :) Ich dachte mir, dass wenn wirklich jemand das nachvollziehen möchte was ich geschrieben habe es einfacher ist, dass selbe Bild oben und unten zu haben damit man nicht ständig hoch- und runter scrollen muss.

Braucht man wirklich so einen Vollkalender?
Ich finde, auch hier ist ein Zitat welches schöner und geschwollener nicht sein könnte von Herrn Hillmann angebracht:

"[Diese Taschenuhren] verfolgen den Zweck, ihrem Besitzer nach seinem Erwachen aus Morpheus Armen anzuzeigen, in welchem Monat, wievielten Tage desselben und an welchem Wochentage er sein Dasein zur Zeit fristet." (Hillmann, 2006, S. 11)
Gänsehaut pur . Und mit das schönste Zitat aus diesem Buch was ich hier mit unterbringen wollte!


Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie gerne behalten

Ich hoffe, dass es in Ordnung ist das Bild aus dem Buch hier verwendet zu haben. Ansonsten bitte löschen! Ich möchte mir wirklich keinen Urheber Rechtsstreit aufhalsen!

Zum Zustand der Uhr (Welche schon ein paar mal repariert wurde) mache ich dann im Verlauf der Reinigung genauere Bilder....

Ich Danke euch für jede Form eurer Aufmerksamkeit und hoffe das euch mein Bericht (ich saß jetzt 3 Stunden daran) euch gefällt. In kürze gibt es dann mehr!

Liebe Grüße
Lars

Qullenangabe: Hillmann B. (1911). Die Reparatur komplizierter Taschenuhren., Reprint (2006). Königswinter: Heel Verlag
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Zitat von UhrenLars1995 im Beitrag #4

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Eine Frage habe ich noch heißt es jetzt Viertelrohr oder Minutenrohr? Oder ist beides richtig? In meinem schlauen Buch steht Minutenrohr. Hier im Forum habe ich des öfteren Viertelrohr gelesen.

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Die ganze Uhrmacherei ist voll von tradierten, uralten Begriffen, die heute etwas aus der Zeit gefallen wirken. Beim Blick auf manche alte Turmuhr-Zifferblätter wird klar, warum Viertelrohr die ältere Bezeichnung ist:


(Quelle: Wikipedia commons)

Moritz

Zitat von Schroetus im Beitrag #10

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Hallo Schroetus,
mir ist nicht so ganz klar, was Du uns sagen willst. Leider ist Dein Foto sehr klein, aber mit etwas Phanthasie könnte ich dahinter eine Mondscheibe vermuten. Aber leider ist kaum was zu erkennen.