Hallo Leute,

ich bin gerade mit der Reinigung einer alten Rivett-Uhrmacherdrehmaschine beschäftigt. Nun bin ich auf ein Problem beim Zerlegen des Spindelstocks gestoßen. Ich kann die Riemenscheibe einfach nicht bewegen. Hier ein Bilder:

20190111_205650.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)

Die Lochmutter ist lose und sollte eigentlich ein leichtes Verschieben ermöglichen. Klopfen mit dem Holzhammer hilft auch nicht, wobei man natürlich auch noch deutlich stärker zuschlagen könnte. Aber bevor ich das überhaupt erst in Erwägung ziehe, wollte ich in die Runde fragen.

Ich habe hier noch eine Abbildung zum Aufbau verlinkt:
http://www.deprecision.com/RivettLathe.com/images/ww8.jpg
Eine Besonderheit ist das stauchbare hintere Radiallager, das bei dieser Firma als Neuerung das heute übliche zweite konische Lager ersetzte. Liegt in der Zeichnung ein Fehler vor? Bei der Passfeder fehlt doch die Passfedernut. Sollte die Zeichnung korrekt sein, dann verstehe ich die Konstruktion nicht. Die Riemenscheibe verfügt am Umfang über keine Madenschrauben oder ähnliches. Eine Kriechölbehandlung ist bereits erfolgt.

Die Spindel läuft wunderbar, aber es liegt ein leichtes Axialspiel vor. Das muss weg. Eine gründliche Reinigung muss auch gemacht werden.

Bin für jeden Tipp dankbar!!

Beste Grüße
MH

Könnte es sein, daß, wenn man die Mutter mit dem Hebel K an den Spindelstock richtig herandreht, dann mit einiger (gefühlvoller) Kraft weiterdrehen, daß sich dann die Spindel nach vorne herausdrücken lässt? Im Wechsel Schraube anziehen und mit Holzhammer dann hinten auf die Spindel? Gleichzeitig könnte sich die Riemenscheibe mit verschieben auf der Passfeder.

Es kann natürlich auch sein, daß ich die Zeichnung falsch verstanden habe...

Eine recht hohe Kraft war bei meiner (völlig anderen) Drehbank übrigens auch erforderlich um die Spindel auszubauen. Holz auf die Spindel und recht kräftige Hammerschläge waren notwendig. Was noch schwieriger war, das Spiel einzustellen wenn alles so straff ist.

Aber warte noch andere Meinungen ab bevor du viel Kraft anwendest...

Hallo Thilo,

danke für deine Mühe.

Das Rausschieben mittels Mutter (ohne zusätzliche Schläge) habe ich bereits versucht. Will nicht wirklich gehen. Mutter dreht sich aber wunderbar, deshalb bin ich auch nicht ganz sicher, ob das Festsitzen an Korrosion liegt. Außerdem hätte ich noch die Befürchtung, dass ich bei zu viel Kraft das vordere Lager rausdrücke, da die Riemenscheibe sich darauf abstützt. Ich werde dann doch eher die Riemenscheibe selbst abstützen und dann auf das hintere Ende der Spindel klopfen. Ich warte aber natürlich noch ein bisschen.

Gruß
MH

Hab ich das Prinzip richtig verstanden?: bei modernen Spindelstöcken stellt man mit nur der einen hinteren Mutter das Spiel komplett ein.
Bei deiner Variante stellt man wohl das Spiel am vorderen Lager ein mit der Ringmutter die über die Riemenscheibe nach vorn drückt und macht hinten mit der einen Schraube noch das hintere Lager richtig spielfrei?

Da bleiben als mögliche schwergängige Stellen eigentlich nur der Sitz Riemenscheibe auf der Spindel oder, was bei mir schwergängig ist, der Sitz der hinteren Lagerhülse auf der Spindel. Das mit dem Unterstützen der Riemenscheibe und hinten schlagen scheint die einzige Möglichkeit... Dabei eben die Ringmutter von der Riemenscheibe immer wegschrauben.

Genau, du hast das Ding verstanden. Der Kern der Riemenscheibe ist aus Aluminium, denke ich. Das Profil aus Kunststoff. Vielleicht kann auch mäßiges Erwärmen beim Lösen etwas helfen.

Die Spindel hatte auf jeden Fall eine Nut, die kann man durch das Muttergewinde für die SIcherungsmadenschraube sehen, die ist aber nicht sehr tief. Wenn ich mit einem dünnen Draht, der am Ende eine einen kurzen L-förmigen Haken hat, zwischen Mutter und Riemenscheibe in der Nähe der Spindel nach einer Passfedernut suche, dann werde ich auch fündig. Aber ob der Hohlraum zur Spindel oder zur Scheibe oder zu beiden gehört, das kann ich nicht sagen.

Habe mal sehr viel Kriechöl einwirken lassen und noch mal geklopft. Das Axialspiel mit der Messuhr gemessen, um zu sehen ob sich was tut und siehe da. Ich mache noch Bilder von der gereinigten und zerlegten Spindel. Vielleicht hilft es ja irgendwann mal jemandem.

Als Info: Das Kriechöl konnte nun 3 Tage wirken.

Gruß
MH

Was, hats geklappt? Auseinander? Sehr schön!

Ging jetzt die hintere Hülse schwer oder die Riemenscheibe?

Sieht alles gut aus! Die Riemenscheibe war das Problem. Nach einer Reinigung und mit etwas Öl lässt sie sich auch wieder wunderbar auf der Spindel verschieben.

Die Zeichnung ist fehlerhaft. Die Nut zum Verschieben der Passfeder ist vorhanden und befindet sich auf der Spindel, nicht wie üblich an der Scheibe.

Bei meiner 6mm-Lorch ist das Einstellen des Lagerspiel immer eine Geduldssache. Mit der Lochmutter auf der Rivett ist es ein Kinderspiel.

Noch als Info zum Herausschlagen der Spindel. Ich habe den Spindelstock auf die Riemenscheibe selbst aufgelegt, damit das vorderer Lager nicht herausgedrückt wird. Es hat sich aber doch etwas verschoben. Muss mal schauen...

Hallo,

hier noch ein paar Bilder zu den Einzelteilen bzw. zur montierten Spindel. Vielleicht für den einen oder anderen brauchbar oder interessant.

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Spindel mit Passfedernut, die in der Zeichnung nicht vermerkt wurde. (Vielleicht ein alter Zeichenstil, denn beim nachfolgenden Lager liegt etwas ähnliches vor.) Der Stift für die Spannzange befindet sich nicht im Bereich der Lauffläche:

20190112_180858.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)

Das hintere Lager, das Öl läuft über die obere Öffnung hinein:

20190112_180815.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)20190112_180805.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)

Die Riemenscheibe mit Passfeder. Die Riemenscheibe besteht aus drei Segmenten: Einem massiven Kunststoffmantel, einem Übergangsstück aus Aluminium mit Indexlöchern und einer dickwandigen Stahlbuchse im Innern, die die Passfeder aufnimmt. Die Stahlbuchse läuft direkt auf dem vorderen Lager:

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Zum Schluss noch die montierete Spindel. Deckel für die Ölvasen müssen noch gemacht werden:

20190112_182327.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)

Man erkennt, dass es deutliche Abweichungen zur zuvor verlinkten Zeichnung gibt. Die Riemenscheibe ist, wie oben beschrieben, anders aufgebaut und hat in meinem Fall nur drei Übersetzungsmöglichkeiten. Das Lagerdistanzstück J gibt es bei mir ebenfalls nicht. Vielleicht einfach eine andere Version.

Die Laufflächen der Lager sind noch top in Schuss! Als ob man sie gerade erst geschliffen hätte. Finde ich immer wieder beeindruckend bei den alten Maschinen.

Ich hoffe, dass der Faden nicht mehr ganz so unnötig erscheint. Ich hatte meine Frage tatsächlich nur hier gestellte, da ich durch den festen Sitz der Riemenscheibe und die Zeichnung verunsichert war.

Beste Grüße
MH

Hallo Michael,

es war eben schon ein größeres Risiko, wenn die Spindel geplatzt wäre, dann wärs das gewesen!

Die Spindel und alle Lagerflächen wurden vor der Montage großzügig mit Uhrenöl Tillwich 3-5 bestrichen. Die Riemenscheibe ließ sich dann auch schön "satt" aufsetzten. Dann wurden die Ölvasen mit dem gleichen Öl etwas gefüllt und die Lochmutter Stück für Stück angezogen bis der erste Hauch eines Widerstands beim Drehen der Spindel aufkam. Dann gings einen Schritt zurück mit der Mutter und die Riemenscheibe wurde mit der Hand in Richtung Mutter gedrückt. Dann hat es erstmal gepasst. Madenschraube wurde vorsichtig angezogen.

Weiter ging es dann mit dem hinteren Lager. Hier wurde die Schraube schrittweise angezogen bis ebenfalls ein Widerstand beim Drehen der Spindel aufkam. Dann wieder einen Schritt zurück, anschließend einen kleineren Schritt vor. Da liegt ein kleines Umkehrspiel vor. Deshalb muss man sich immer die letzte Schraubenschlitzposition merken, bei welcher noch ein freies Drehen der Spindel möglich war. Das geht alles wirklich wunderbar. Bei meiner 6mm-Lorch muss man alles freihand in Position schieben und das hat dann bei mir noch nie auf Anhieb gesessen.

Die Wörter "Schritt" und "Stück" sind natürlich in diesem Zusammenhang dehnbare Begriffe. Ich musste mich da auch rantasten.

Beim ersten, kürzeren Probelauf blieben die Lager fast kalt, deshalb bleibt das Öl erstmal drin. Das Axialspiel beträgt ziemlich genau 1/100mm. Rundlauf im Konus liegt unter 5µm (also Umkehrpunkt zu Umkehrpunkt auf der Skala). Gemessen/geschätzt habe ich 3-4µm, das aber nur unter Vorbehalt. Das Ergebnis hängt ja auch immer von der Messuhr ab .

Vielleicht noch zur Reinigung. Die war etwas aufwendiger, da sehr viel altes Öl mit Spänen an der Maschine haftete. Alles wurde in demontiertem Zustand gereinigt.

Erster Schritt: Benzin und Zahnbürste, dann trockenreiben
Zweiter Schritt: Putzholz
Dritter Schritt: Ultraschallbad mit Elma 1:9
Vierter Schritt: Spülen mit Wasser
Fünfter Schritt: nochmal Putzholz
Sechster Schritt: nochmal Ultraschallbad mit neuer Elma 1:9-Lösung (das war nötig!)
Siebter Schritt: Spülen mit Wasser und Isopropanol mit anschließendem Trocknen

Das war tatsächlich alles nötig!

Bei den Ölfragen waren wir ja hier schonmal tätig: Suche: 6mm-Zubehör für Uhrmacherdrehbank


Thilo! Nochmal Danke an dich! Deine Rückmeldungen haben mich bestärkt, es erneut zu versuchen!


Beste Grüße
MH

Immer wieder schön, wenn es Erfolge gibt!

Die Lauffläche sieht ja wirklich wie neu aus. Das war bei meiner "Drehe" nicht ganz so...

An Öl nehme ich seit der damaligen Diskussion nach wie vor das Velocite Nr. 4, bis jetzt hab ich keine Schäden festgestellt. Lager bleiben immer "eiskalt". Allerdings wenn ich die Spindel von Hand drehe und dabei axial von hinten drücke, geht es merklich schwer, das ist aber hoffentlich (?) normal, weil ohne gewisse Drehzahl kein Film da ist.

Zitat von Uhrgewichtheber im Beitrag #13

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Allerdings wenn ich die Spindel von Hand drehe und dabei axial von hinten drücke, geht es merklich schwer, das ist aber hoffentlich (?) normal, weil ohne gewisse Drehzahl kein Film da ist.
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Dank eurer Beiträge habe ich heute (vor dem Beginn der Arbeiten damit) den Spindelstock meiner Boley Drehbank zerlegt, gereinigt und mit Tillwich 3-5 Öl geölt.

Kurze Frage, bevor ich was falsch mache: ich habe de facto kein Spiel, Flächen waren auch ohne Riefen etc, Drehung ist weich. Ist es nun so, dass durch Wärmeentwicklung im Betrieb das Spiel noch geringer wird und zu Schaden führen kann, oder ist das bereits durch die Konstruktion kompensiert?

Wie lange soll die Spindel nach dem Abstellen des Motors noch nachlaufen?

Danke!