In verschiedenen Beiträgen hatte ich ja immer mal wieder angekündigt, eine weitere Uhr mit Harrisonscher Luftdichtekompensation (fälschlich häufig als Barometerkompensation bezeichnet) bauen zu wollen, wobei auch die Harrisonsche Grasshopper-Hemmung zum Einsatz kommen soll. Allerdings hatte mich das letzte Bild im Beitrag von Bierjunge in eine Schockstarre versetzt, die erst jetzt so langsam verschwindet. Warum Schockstarre? Ich war davon ausgegangen, dass die Amplitude, bei der ein Buckel im Gangverhalten auftritt, im wesentlichen durch die zylindrischen Backen an der Pendelfeder bestimmt wird. Die Messungen von @Bierjunge zeigen jedoch, dass der Buckel ohne Hemmung bei knapp 2° liegt (2tes Bild im zitierten Beitrag) und durch die Hemmung auf über 5,5° verschoben wird. Das passt nicht mit meiner geplanten Amplitude von ca. 4° zusammen.
Allerdings besteht noch ein Funken Hoffnung. Im Thread zur Grashüpferhemmung hat Bierjunge mir ja geholfen, eine Grasshopper-Hemmung auszulegen, die ab knapp 3° Pendelamplitude funktionieren sollte. Seine eigene Hemmung funktioniert erst ab gut 5°. Wenn der Buckel typischerweise kurz nach der minimal erforderlichen Amplitude liegt, dann könnte es mit 4° Amplitude doch noch klappen.
Da hilft nur ausprobieren und so soll die Uhr mal aussehen:
Es ist eine 2+2 Räder Konstruktion bestehend aus Minutenrad, Hemmungsrad und Untersetzungsgetriebe für den Stundenzeiger. Der Antrieb erfolgt wie bei Bierjunge über eine Schnurrolle auf der Minutenwelle und einen Huygenschen Endlosaufzug. Dadurch wird der Aufzug alle 4 bis 6 Stunden erforderlich sein.
Auch bei Bierjunge abgekupfert ist die Konstruktion mit Synchronmotor und selbst gespleißter Endlosschnur. Die Motoren gibt es unter dem Oberbegriff "TYC-50" spottbillig aus China und mangels Kohlebürsten hoffentlich ohne den Ärger, den der China-Motor in der letzten Uhr verursacht hat. Das Langspleißen einer Endlosschnur ist bei dünnen Schnüren (1,3 mm) richtig übel, da nach dem Abwickeln einer Kardeele (einer der 3 Stränge) keine gut sichtbare Nut entsteht, in die die gegenüber liegende Kardeele eingedreht werden muss. Das hoffentlich ausreichende Ergebnis ist:
Lustig, bei mir war das Endlosseil das allerletzte Bauteil, an das ich mich gewagt habe; bei Dir ist es das erste. Was ich aus der Zeichnung noch nicht ganz verstehe ist die Lagerung Deines Ankers. Aber das wirst Du sicher alles noch nach und nach zeigen.
Ich hatte arge Bedenken, dass das mit dem Spleißen nix wird. Deswegen habe ich das als erstes ausprobiert.
Du hast recht, die Lagerung ist falsch gezeichnet, da fehlt noch der Anschlag nach vorne. Ansonsten ist das ein Vierkant-Drehling, der als "Schneide" auf einem POM-Bett mit einer 120° Nut gelagert ist. Achat schleifen ist nicht mein Ding ...
Statt Zahnräder aus VA lasern zu lassen, werde ich diesmal wohl auf zusammengelasertes Plastikpulver zurückgreifen:
Is ja super interessant ;-) Falls du für eine Stellprobe 3D-gedruckte Teile brauchst, gerne melden. Bin auch immer noch an einer Grasshopper-Uhr dran. Gruesse Peter
Vielen Dank für das Angebot, aber einen FDM-Drucker habe ich auch :-)
Mit meinem Drucker sehe ich aber keine realistische Chance, Zahnräder mit Modul 0,5 zu fertigen. Igus ist aber offenbar der Meinung, dass das kein Problem ist und bei Lebensdauer-Tests (von Igus selbst gemacht) schneidet das gedruckte iglidur(R) i3 besser ab, als gefrästes POM. Ich bin gespannt.
Vorher musste ich mich noch mit FreeCAD herumschlagen, da mein Uralt-CAD keine Step-Dateien kann, die Igus haben will. Da ich die Zähne uhrenkompatibel rund 0,1 mm schmaler mache, als nach der Norm, war das ganze recht mühsam. Erst mit TurboPascal die Zahngeometrie ausrechnen und in eine Script-Datei speichern. Die dann mit meinem Uralt-CAD im dxf-Format speichern, welches FreeCAD zum Glück versteht. So sieht es jetzt aus:
3D gedruckt und +- 0,15mm Toleranz. Ich kann mir ehrlich gesagt nicht vorstellen, dass das was gescheites wird.
Kunststoffräder dieser Größe haben gegenüber einer Metallplatine ohnehin ein nennenswertes Dehnungsproblem, dazu die Wasseraufnahme und die schlechte Oberfläche. Präzision sieht anders aus. Ein 50mm Achsabstand wird gegenüber einer Messingplatine um 0,1 mm pro 20°C verändert. Ich bin überzeugt, dass die gefrästen Sperrholzräder vom Bierjungen um eine Größenordnung besser abschneiden ausser bei der Reibung.
. Viele Grüße von Coloman, der natürlich nicht ich ist.
Zitat von Willy im Beitrag #6Vielen Dank für das Angebot, aber einen FDM-Drucker habe ich auch :-)
Mit meinem Drucker sehe ich aber keine realistische Chance, Zahnräder mit Modul 0,5 zu fertigen. Igus ist aber offenbar der Meinung, dass das kein Problem ist und bei Lebensdauer-Tests (von Igus selbst gemacht) schneidet das gedruckte iglidur(R) i3 besser ab, als gefrästes POM. Ich bin gespannt.
Vorher musste ich mich noch mit FreeCAD herumschlagen, da mein Uralt-CAD keine Step-Dateien kann, die Igus haben will. Da ich die Zähne uhrenkompatibel rund 0,1 mm schmaler mache, als nach der Norm, war das ganze recht mühsam. Erst mit TurboPascal die Zahngeometrie ausrechnen und in eine Script-Datei speichern. Die dann mit meinem Uralt-CAD im dxf-Format speichern, welches FreeCAD zum Glück versteht. So sieht es jetzt aus:
LG, Willy
Hallo Willy,
ein dxf aufpolstern geht natürlich immer, aber vielleicht kann man es auch mit dem FCGears-Modul von FreeCAD direkt machen. Jacques Favre hat das in einigen Videos demonstriert, z. B.: https://www.youtube.com/watch?v=GCvQ9-lPX-w
Gruß, beamer
P.S.: Die Pulverdrucke von IGUS halte ich für hochinteressant. Das ist sicherlich Industriequalität, aber für den normalen Hobbyuhrmacher wahrscheinlich etwas teuer?
Zitat von mikromeister im Beitrag #73D gedruckt und +- 0,15mm Toleranz. Ich kann mir ehrlich gesagt nicht vorstellen, dass das was gescheites wird.
Kunststoffräder dieser Größe haben gegenüber einer Metallplatine ohnehin ein nennenswertes Dehnungsproblem, dazu die Wasseraufnahme und die schlechte Oberfläche. Präzision sieht anders aus. Ein 50mm Achsabstand wird gegenüber einer Messingplatine um 0,1 mm pro 20°C verändert. Ich bin überzeugt, dass die gefrästen Sperrholzräder vom Bierjungen um eine Größenordnung besser abschneiden ausser bei der Reibung.
Bei der Toleranz bin ich auch gespannt, aber ich gehe mal davon aus, dass 0,15 mm nicht typisch sind, sondern der Maximalwert bei der Bauraumgröße des Druckers.
Ja, die Wärmedehnung bei Kunststoff ist relativ groß. 20°C Temperaturdifferenz werden aber am Uhrenstandort mit Sicherheit nicht auftreten und bei 10°C (17°C - 27°C könnte evtl. sein) sind es nur noch 0,05 mm, die - falls sie denn den Gang beeinflussen - mit der Temperaturkompensation wegkompensiert werden.
Hinsichtlich der Wasseraufnahme schneidet der Kunststoff um rund eine Größenordnung (Faktor 10) besser ab, als Holz.
Wenn die gefrästen Sperrholzräder weder bei Reibung noch Wasseraufnahme besser abscheiden, wobei sind sie denn nach Deiner Überzeugung um eine Größenordnung besser?
Zitat von beamer im Beitrag #8ein dxf aufpolstern geht natürlich immer, aber vielleicht kann man es auch mit dem FCGears-Modul von FreeCAD direkt machen. Jacques Favre hat das in einigen Videos demonstriert, z. B.: https://www.youtube.com/watch?v=GCvQ9-lPX-w
Ich bin beeindruckt :-D ... und nicht mal auf die Idee gekommen, nach solchen Funktionen zu suchen.
Zitat von megasonic im Beitrag #9IGUS ist ein hochprofessioneller Laden, die können Dir sicher belastbare Daten zu Ausdehnung und Wasseraufnahme zur Verfügung stellen.
Zitat von beamer im Beitrag #8Die Pulverdrucke von IGUS halte ich für hochinteressant. Das ist sicherlich Industriequalität, aber für den normalen Hobbyuhrmacher wahrscheinlich etwas teuer?
Ich habe inkl. MwSt. und Versand 64,90 EUR für das Zahnrad (Z=192, M=0,5 B=8,4 mm mit Schnurrolle) per Vorkasse bezahlt. Ob das teuer oder preiswert ist, hängt auch davon ab, wie gut es ist. Wenn man bei Mädler ein gefrästes Standard-POM-Zahnrad (Z=120, M=0,5, B=4) in der Warenkorb packt, dann soll das inkl. 10.- Mindermengenzuschlag 34,55 EUR kosten. Uhrmacherei ist halt kein billiges Hobby...
auf jeden Fall ein interessantes Projekt! Bin gespannt auf die nächsten Etappen. Habe im Januar 2022 eine Coronica nach den Vorbildern hier aus dem Forum (Danke an peterg und Cougarnaut) aus PETG gedruckt, die läuft noch heute tadellos, … Die Stabilität und der Elastizitätsmodul oder eine (eventuelle) Wasseraufnahme des Kunststoffes waren bisher noch nie ein Problem, ...
interessanter Werkstoff. Sicherlich eine gute Lösung für Einzelanfertigungen oder um Kunststoffzahnräder zu ersetzen, in moderneren Uhren, an denen Leute emotional hängen (wirtschaftlich wahrscheinlich weniger rentabel als ein Originalersatzteil, wenn verfügbar).
Zitat von Willy im Beitrag #10[quote="mikromeister"|p151252] Hinsichtlich der Wasseraufnahme schneidet der Kunststoff um rund eine Größenordnung (Faktor 10) besser ab, als Holz.
Wenn die gefrästen Sperrholzräder weder bei Reibung noch Wasseraufnahme besser abscheiden, wobei sind sie denn nach Deiner Überzeugung um eine Größenordnung besser?
Der Wärmeausdehnungskoeffizient von Holz ist zumindest in der richtigen Faserausrichtung sehr klein und die Wasseraufnahme kann durch Lackbehandlung minimiert werden. Hölzerne Pendel von Mutteruhren sprechen eine eindeutige Sprache und auch die praktische Erfahrung mit Holz als Uhrenwerkstoff. Ausserdem schätze ich, dass eine gefräste Oberfläche immer noch sauberer ist als eine zwangsläufig gestufte aus dem Drucker.
Man könnte natürlich die Kunststoffzähne auch fräsen.
Ich habe mal Präzisions-Differenzialspindeln mit M5x0,4 und M5,5 x0,5 aus Neusilber mit spanend gefertigten Muttern aus Iglidur W300 oder J kombiniert. Das war schon sehr gut und hatte überragende Stick-Slip Eigenschaften. Also ich habe keine Berührungsängste mit IGUS :-)
. Viele Grüße von Coloman, der natürlich nicht ich ist.
Beschriftet mit 12V DC, 50/60 HZ, CW/CCW und das stimmt in gewisser Weise sogar. Im Lieferumfang war ein Adapter, der aus Gleichstrom Wechselstrom macht und die Drehrichtung kehrt sich um, wenn der Motor mit den Fingern bis zum Stillstand abgebremst wird. Da ich ohnehin einen Freilauf einbauen werde, sollte das mit der zufälligen Drehrichtung kein Problem sein. Das gute bei dem Teil ist, dass ich es über die Zeitwaage mit 12V DC ansteuern kann.
Hoffnungslos übertrieben ist die Leistungsangabe mit 4 W. Auch beim Abbremsen bis zum Stillstand steigt der Strom nicht über 0,2 A (= 2,4 W).
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04.10.2023 12:07
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