Möchte mal wieder eine Uhr vorstellen mit sehr gediegenem Gehäuse:



Die Uhr kam in einem desaströsen Zustand zu mir. Gehäuse verdreckt und mit Aufklebern unbekannter Bedeutung garniert. Wäre auch was für Phil gewesen, wenn er sich mit elektrischen Uhren beschäftigen wollte. Oder für die Wiener hier. Die Uhr kommt übrigens auch aus NL, wie meine letzte, die ich hier vorgestellt habe.



Auch das Werk sah übel aus: Alle Wellen verrostet, ebenso die Schrauben und das Pendel. Pendelfeder kaputt, das Batteriefach fehlend. Also genau die richtige Uhr für mich. Wichtig beim Kauf meiner Uhren ist immer, dass die Zifferblätter gut sind. Ist da ein größerer Fehler drin, dann bleibt die Uhr meistens da.

Das Prinzip dieser Uhr ähnelt sehr den ATO-Uhren. Die Firma Bardon scheint nicht sehr lange aktiv gewesen zu sein. Bardon kam aus Paris und ist dort wohl in seiner kurzen Zeit einmal umgezogen - und zwar innerhalb der Stadt. Die Uhr sieht an sich älter aus, als sie ist, denn sie wurden erst ungefähr ab 1923 gebaut, obwohl die Firma schon ab 1885 existierte. Die Entwicklung der elektrischen Uhr ging wohl parallel mit den ATO-Uhren. Das Prinzip ist ähnlich, die Spule unterscheidet sich und befindet sich - scheibenförmig - unter dem Pendel.



Diese Uhren sind selten. Und das liegt womöglich daran, dass sie im Verhältnis zu den ATO-Uhren sehr viel massiver und teurer gebaut wurden. Das Pendel wirkt nicht nur schwer, sondern ist es auch und besteht aus Messingguss mit einem eingearbeiteten Hufeisenmagneten. Die Platinen sind sehr massiv, viele Teile haben noch Feilspuren. Die Fertigung bei ATO war viel professioneller. Wahrscheinlich waren daher die ATO-Uhren wesentlich preisgünstiger, ohne schlechtere Qualität zu bieten.

Es lohnte sich also, sich mit der Uhr längere Zeit zu beschäftigen und sie wieder in den Ursprungszustand zurückzuversetzen. Dazu gehörte: Polieren der Platinen und Schrauben, ebenso Politur der Radwellen und Federn. Außerdem hat jemand das Minutenrad abgebrochen und daher die Zeigerfutter und Zifferblattpfeiler gekürzt (!), damit alles wieder funktionierte. Das musste alles wieder rückgängig gemacht werden.



Hier sieht man das zurückgesetzte Zifferblatt. Das konnte natürlich nicht so bleiben. Die Minutenwelle wurde verlängert. Man hätte auch eine neue Minutenwelle anfertigen können, denn sie hat kein Trieb und ist nur ein gedrehtes Rundteil. Aber das Minutenrad ist vernietet wie eine Unruhwelle, und so eine große Triebnietmaschine habe ich einfach nicht. Zur Not hatte man sich einen Punzen fertigen können, aber zunächst habe ich versucht, die Minutenwelle zu verlängern. Die andere Option wäre immer noch möglich gewesen. Dazu habe ich in die verlängerte Welle eine Bohrung von 1mm Durchmesser und 3mm Tiefe gebohrt und ein entsprechendes Passstück angefertigt. Der Presssitz war gut, und ich habe keine Bedenken, dass sich das Verlängerungsstück wieder lösen könnte.

Jetzt ist die Uhr wieder ein Schmuckstück:



Auch ein Batteriefach nach altem Muster von Bardon wurde gebaut. Dazu diente mir die Abbildung nach diesem Link:

http://www.electricclockarchive.org/Cloc...aspx?moid=17019

Interessante Uhr. Danke für's Vorstellen.
Die Renovierung sieht sehr ansprechend aus.

Unter der Magnetspule ist eine Skale mit "R---0---A" zu sehen. Gibt es da unten noch etwas zum Regulieren oder bezieht sich die Skale auf die Pendelmutter?

Die Kaufentscheidung vom Zustand des Zifferblatts abhängig zu machen, ist sehr vernünftig. Nach diesem Prinzip handle ich inzwischen auch.
Ein vergammeltes Zifferblatt wieder originalgetreu zu restaurieren, ist mit Amateurmitteln sehr aufwändig und oft auch unmöglich.
Die Inanspruchnahme eines professionellen Restauratuers kommt für den durchschnittlichen Uhrenfreund wohl selten in Frage.

Roland

Und übertrifft meistens auch den Wert der Uhr.

Die Skala unter der Spule bewegt beim Verschieben ein Weicheisenstück unter der Spule. Damit kann die Uhr "feinreguliert" werden. Die Grobreglage erfolgt mit der Pendellinse, d. h. mit dem Messingteil der Pendellinse. Der Magnet bleibt immer in gleicher Höhe, ansonsten würde die Funktion der ganzen Uhr gestört.

Frank

Sehr schöne Uhr und eine super Arbeit, Frank. Danke fürs Zeigen und Mitnehmen!

Hallo,
eine interessante Uhr, würde sich auch gut bei mir machen...

Mit bestem Gruß,
D.

Gratuliere, Frank! Da hast Du wieder einen echten Leckerbissen erwischt.

Die Uhr gefällt mir auch sehr gut. Vor allem eine sehr gute Restaurierungsleistung! 10 Punkte!

Hallo Frank,
Du hast schon recht, die Uhr wäre was für uns gewesen. Allerdings hätten wir sie wohl kaum so schön hinbekommen wie Du.
Herzlichen Glückwunsch zu diesem Stück Technikgeschichte. Ich nehme mal an das in dem großen Messingzylinder hinten die Batterie sitzt?

lg Silvia und Christian

Hallo

Danke für´s zeigen!
Meine absoluten Lieblinge solche "Hybriden"!

Gruß hermann

Genau, in dem Zylinder sitzt eine Monozelle. Und dieser Behälter wurde komplett nachgefertigt, und zwar nach dem Muster aus dem Link. Maße waren also nicht vorhanden, aber der Adapter musste zum Uhrwerk passend sein. Die Hülse entstand aus einer Gewichtshülse und einigen Messingblechen auf der Drehbank.

Frank

Hallo Frank, hast du Litratur zu der Bardon Clock? Gibt es Bücher oder Beschreibungen? Danke Hajo

Bei mir werden die Bilder leider nicht angezeigt, gibt es da nen Trick?

Leider gibt es zu diesen Uhren keinerlei Unterlagen, außer das bischen, was in Clockdoc steht.

https://clockdoc.org/default.aspx?aid=304

Dort steht etwas zu diesen sehr schönen Uhren, aber es ist sehr mager.
Die Bilder zu diesem Restaurationsbericht stehen auch dort. Mittlerweile habe ich diese Uhr schon nicht mehr. Ich habe mittlerweile eine andere, mit einem 4-Glas-Gehäuse, vom gleichen Hersteller. Die finde ich wesentlich schöner, und wenn Interesse besteht, kann ich von der auch Bilder einstellen (die dann jeder sehen kann :-))

Frank

PS: Die einzige Unterlage zu den Uhren, die ich habe, sind die Maße der Kontaktfedern. Die musste ich einmal nachfertigen, und so habe ich mir von meiner Uhr die Maße und Stärke der Federn besorgt. Das ist aber dann schon alles

F.

Zitat von Typ1-2-3 im Beitrag #14

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Die finde ich wesentlich schöner, und wenn Interesse besteht, kann ich von der auch Bilder einstellen (die dann jeder sehen kann :-))

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