Hallo Uhrenwerkstattforum Gemeinde,

ich bin neu im Forum, 28 Jahre alt, Eisenbahn- und Uhrenbegeistert und Suche Rat zu einer Siemens Halske Hauptuhr.

Vor kurzem habe ich von einem Bekannten eine Siemens Halske Hauptuhr geschenkt bekommen. Da ich schon lange auf der Suche nach einer solchen Uhr war, hat er mir damit eine große Freude gemacht.
Leider war an der Uhr kein Typenschild zu finden, so dass ich diese nicht genauer spezifizieren kann, Aber vielleicht kann einer von euch die Uhr anhand des Fotos genau identifizieren.





Von einem weiteren Bekannten habe ich eine Nebenuhr geschenkt bekommen, so dass einer Funktionsprobe nichts weiter im Wege stand.
Mechanisch lief die Hauptuhr bereits problemlos.

Also habe ich mir einen Abend die Mühe gemacht, einen Schaltplan anhand der Verdrahtung nachzuzeichen und habe alles angeschlossen und Spannung an die Uhr gelegt.

Sie zog sich sofort mit einem charakteristischem Klack Klack auf, bis die Endabschaltung erreicht war --> alles bestens.

Nun habe ich aber ein Problem, was ich nicht so recht im Stande bin zu lösen.

Die angeschlossene Nebenuhr läuft in der doppelten Geschwindigkeit. Die Hauptuhr zieht sich aller halbe Minute auf, was folglich auch die Nebenuhr aller halbe Minute ansteuert.

Ich habe hin und her überlegt, obs an der Feinjustierung des Vor- bzw. Nachholkontaktes liegt, aber das kann eigentlich nicht sein.

Nun habe ich die Uhr zerlegt, konnte bis auf eine leicht eingelaufene Lagerbuchse in der Seiltrommel nichts erkennen, was auf eine Unregelmäßigkeit hindeutet.
Um in der Sache weiter zu kommen, habe ich mir am Wochenende ein Getriebeschema gezeichnet und darüber die Bewegungsabhängikeiten der Zahnräder ausgerechnet.



Dabei komme ich rechnerisch auf eine Gangreserve von 6 Stunden, was sich in der Praxis auch so dargestellt hat.

Die Seiltrommel benötigt für eine ganze Umdrehung 45min.
Auf der Seiltrommel sind 1.100mm Schnur für das Gewicht aufgewickelt --> entspricht also 8,33 Wicklungen.
Bei 45min/Umdrehung ist die Uhr also nach 375 min bzw. 6,25 h abgelaufen.

In den Uhrenbeschreibungen die ich bisher gelesen habe, ist aber eine Gangreserve von 12 Stunden beschrieben.

Nun leite ich daraus ab, das sich die Seiltrommel zu schnell dreht und die Uhr, bzw. die angeschlossenen Nebenuhren mit der doppelten Geschwindigkeit laufen lässt.
Die Hauptuhr selber läuft allerdings wie gesagt exakte Realzeit.

Nun meine Frage an euch, gibt es für diese Uhren, speziell für die Seiltrommeln, unterschiedliche Getriebeübersetzung für das Planetengetriebe der Seiltrommel oder liegt mein Fehler doch wo anderes?

Für konstruktive Hinweise bin ich dankbar.

Viele Grüße aus Sachsen.

Richard Böhme

Du schreibst dass sowohl Vor- bzw. Nachholkontakt einwandfrei funktionieren, bist du da sicher, durch die fehlende Schneckenscheibe ist doch der Vorbereitungskontakt dauerhaft geschlossen.

hallo, boxercup hat völlig recht, die schneckenscheibe auf der sekundenzeigerachse fehlt. grüsse, karl

Hallo zusammen,

ja mit der Schnecke habe ich mir auch schon so meine Gedanken gemacht. Auf einigen Vidoes bzw. Bildern habe ich diese bereits gesehen.

Meine Theorie dazu lautet wie folgt:

Wenn die Schnecke in irgendeiner Form Auswirkung darauf hat, das sich die Uhr minütlich aufzieht, würde der Aufzug (2x) nur den halben abgelaufenen Weg der Seiltrommel aufholen. Nach Zeit X wäre das Gewicht dann trotzdem abgelaufen.
Ich müsste also 4x aufziehen um den abgelaufenen Weg der Seiltrommel wieder aufzuholen, was die angeschlossene Nebenuhr dann zwei Minuten laufen ließe und zum gleichen Ergebnis wie jetzt führt.
Zumindest lt. meiner Theorie.

Allerdings habe ich noch nicht ganz verstanden, was den Unterschied zwischen Vor- und Nachholtkontakt ausmacht. Beide sind bei mir in Abschlussstellung der Seiltrommel (Gewicht voll aufgezogen) geöffnet.
Läuft das Gewicht nun ab, schließen beide fast gleichzeitig. Da beide parallel geschalten sind, macht es für mich irgendwie keinen Unterschied ob der eine oder der andere schaltet.
Wenn die Uhr also wegen Stromausfall etwas länger abläuft, sind ebenfalls beide geschlossen. Also bräuchte ich den einen doch gar nicht oder?

Hallo, sorry - warum sollte sich die Übersetzung ändern? Oder jemand andere Zahnräder einbauen...? Es ist so, dass die Schnecke fehlt, wenn diese drin ist, dann funktioniert die Uhr wie sie soll. es ist einfach so. Es muss ja einen Grund geben, dass die Schnecke drin ist... Die Schnecke verhindert das zu frühe auslösen des Kontaktes welcher den Hubmagneten steuert. Mit Schnecke: 1x in der Minute, ohne 2x, sobald der Kontakt wieder zugeht. Gruss, Karl

Zeig uns Detail vom Uhrwerk ! Irgendwas scheint da tatsächlich nicht zu passen...

Z8 und Z7 sind beide 68 ? Ganz sicher ? Z8 (Minutenrad-Trieb) sollte 45 und Z7 dann 90 Zähne haben.

Hallo zusammen,

anbei zwei Bilder der Zahnräder Z7 und Z8.

Die Zahnräder haben gleiche Zähnezahl bzw. gleichen Durchmesser.





Wenn ich mir dir Zahnräder nochmal genau betrachte, sehe die beiden Z 7 und Z8 Räderpaare von der Oberfläche des Messings auch irgendwie anders aus.

tja, das Problem hast ja nun da vor dir. Die Übersetzung ist 1:1 und du brauchst 1:2 damit du den gewünschten Minutenimpuls bekommst. Aus dieser Veränderung resultiert übrigens auch die beobachtete Halbierung der Gangreserve und das etwas zu klein geratene Antriebsgewicht deiner Uhr.

Da nun irgendwas am Uhrwerk umzubauen, würd ich lieber sein lassen und stattdessen auf elektronischem Wege versuchen das Problem zu lösen.

polwendInv2.png - Bild entfernt (keine Rechte)

Na gut. Ist zumindest erst mal die Uhrsache zweifelsfrei geklärt.
Ich werde mich trotzdem versuchen um den Ersatz der passenden Zahnradpaarungen bemühen.

Fall es gar nicht klappen sollte, ist natürlich die vorgeschlagene Lösung über elektronischen Weg eine denkbare Alternative.

Hallo v100-ricki,

wie immer mische ich mich mal wieder wegen der Analogie von Siemens- und RFT-Hauptuhren ein. Darum kann ich für die Fehlersuche nur eine Anregung liefern.
Deine Siemens-HU hat eine sogenannte Präzisionsauslösung für die Minutenimpulse. Wenn ich das richtig von einem Artikel im WWW in Erinnerung habe, wurde die Präzisionsauslösung kurz vor dem 2. Weltkrieg eingeführt.
(Meine Siemens-HU ist ein Vorläufer mit einfacher Auslösung.)
Die von RFT (DDR) gebauten Hauptuhren entsprechen im Aufbau weitgehend den späteren Siemens-HU.

Bei der RFT-Hauptuhr:
Für jeden Minutenimpuls zieht der Aufzugsmagnet zweimal an:
- der kleine Fühlhebel wird von der Sekundenwellenschnecke angehoben, der gibt den Hebel für Minutenkontakt frei (ca. 58. Sekunde)
- 1 s Magnet an, Schaltfeder spannen (59. Sekunde)
- 1 s Magnet aus, Schaltfeder dreht Schaltstern, schaltet Minutenimpuls ein (60. Sekunde)
- der kleine Fühlhebel fällt von der Schneckenstufe, der Hebel für Minutenkontakt wird verriegelt
- 1 s Magnet an, Schaltfeder spannen (1. Sekunde)
- 1 s Magnet aus, mit Schaltfeder Minutenimpuls ausschalten (2. Sekunde)

Die (bei Deiner Uhr nicht vorhandene) Schnecke sorgt zusammen mit dem Mechanismus dafür, dass der Minutenimpuls exakt zur vollen Minute und genau einmal bei zwei Magnetzyklen abgegeben wird.
Die unterschiedlichen Übersetzungen an beiden Seiten des Planetengetriebes in der Seilwalze sorgen dafür, dass zwei Aufzugsbewegungen je Minute dem Ablauf in einer Minute entsprechen.

Der Nachholkontakt überbrückt den Minutenkontakt, bis das Gewicht wieder oben ist und der Hebel am Planetenrad das Nachholen beendet. Manchmal fehlt noch eine Minute bei den NU. Die wird dann bald auch nachgeholt.

Wenn alles richtig ist, wird nur ein Minutenimpuls von 2 s Dauer abgegeben. Der Magnet zieht aber das Gewicht zweimal je Minute hoch. Die Justage von Schnecke, Sekundenkontakt, Minuten- und Nachholkontakt ist ein Geduldsspiel.
Selbst das Spiel und der Hub der Schaltklinke für das Sternrad sind empfindlich einzustellen.

Zur Gangreserve: Die Hauptuhren von RFT und Siemens mit Sekundenpendel haben meines Wissens 12 h Gangreserve.
Bei den 3/4s-Uhren, wie Deine und meine, fehlt die nötige Fallhöhe. Es bleiben dann wirklich nur 6 h.

Ganz zum Schluss noch der Hinweis, dass es auch Uhrenanlagen gab, die mit 2 Impulsen je Minute arbeiteten.

Roland

Hallo Enno,

besten Dank für dein Statement.

Ich bin zwar immer noch nicht ganz zweifelsfrei dahinter gestiegen, weshalb Minuten und Nachholkontakt in zwei Kontakten ausgeführt sind, da für mein Verständnis der Nachholkontakt die Funktion des Minutenkontaktes ja mit übernimmt.
Zumindest bei mir.
Demzufolge ist auch das Schneckenrad für mich in der Funktion nicht so recht erklärbar.

Wenn ich mir dieses Video

https://www.youtube.com/watch?v=BQbn5t_Sg5g

anschaue, würde alles so wie es funktioniert auch ohne die Schnecke funktionieren.

Bei mir hält ein Aufzug je nach Einstellung der Kontakte entweder genau 30 Sekunden (2 Aufzüge) oder genau 15 Sekunden (1 Aufzug), bis ein erneuter Aufzug erfolgt, so dass ich den Fehler eindeutig an der Getriebeübersetzung zwischen den beiden Zahnrädern sehe.

Viele Grüße

siemens.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)Enno hat 100% recht. Warum wurde die Schnecke wohl eingebaut? Hätte man die weglassen können wäre die auch sicher weggelassen worden. Anbei ein Bild vom Werk einer baugleichen Uhr welche einwandfrei gelaufen ist. Leider habe ich keine Schnecke übrig. Viele Grüsse, Karl

Hallo Karl,

besten Dank für das Foto der Zahnradpaarung.
Deutlich zu sehen, die Getriebeübersetzung 2:1, im Gegensatz zu meiner 1:1 Übersetzung.

Jetzt aber für mich nochmal zum mitmeiseln...

Mal abgesehen von der fehlenden Schnecke würde meine Uhr mit der der richtigen Zahnradpaarung doch den gewünschten minütlichen Aufzug erlangen?!
Oder reicht das Anbringen der Schnecke?

Ein Video, so wie du es im anderen Beitrag angekündigt hast, wäre natürlich absolut hilfreich um die ein oder andere Erkenntnis zu erlangen.

Tach, bin grad verschärft am nachdenken..... (eigentlich müsste ich Bilder bearbeiten) ich hab grad erst wirklich verstanden! um was es geht. Sorry. Am Wochenende mach ich mal Videos von vorn und von hinten, ich hab so eine Siemens Uhr am laufen und die tut wie sie soll, mit Nebenuhr. Ich vermute, dass nach Einbau einer Schnecke (ich denke über eine Leihschnecke nach...) die Uhr richtig funktioniert. Zu den Zahnrädern: Der kleine Hebel, welcher am Differentialgetriebe dran ist, schliesst durch seine Bewegung den Schalter, welcher den Spulen-Stromkreis "anschaltet". Erst dann kommt der Sekundenkontakt zum Zuge. Möglicherweise ist durch die andere Zahnradgrösse das Übersetzungsverhältniss des Differentialgetriebes auch anders - und am Ende passt es wieder. Mehr fällt mir jetzt dazu nicht ein. Beste Grüsse, Karl. Bis Sonntag.

Zitat von V100-Ricki im Beitrag #11

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Ich bin zwar immer noch nicht ganz zweifelsfrei dahinter gestiegen, weshalb Minuten und Nachholkontakt in zwei Kontakten ausgeführt sind, da für mein Verständnis der Nachholkontakt die Funktion des Minutenkontaktes ja mit übernimmt.

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