Sie wird von der Firma Clemens Riefler in München bei astronomischen Uhren angewandt und besteht aus einem am Pendelstab angebrachten Dosenaneroid, dessen oberste Dose mit einem Gewichtkörper belastet ist, welcher den Bewegungen des atmosphärischen Luftdruckes folgend, bald gehoben, bald gesenkt wird. Nimmt der Luftdruck zu, so werden die Aneroiddosen zusammengedrückt, der Gewichtskörper sinkt etwas tiefer herab und erteilt dadurch dem Pendel eine Beschleunigung, welche ebenso groß ist als die Verzögerung, die dasselbe dabei in Folge der Luftverdichtung erfahren würde, wenn diese Einrichtung nicht vorhanden wäre. Der Gewichtskörper besteht aus Metallscheiben, deren Anzahl zum Zweck der Korrektion der Luftdruckkompensation vermehrt werden kann. Eine am Instrument angebrachte Skala mit Zeiger gewährt die Möglichkeit den Stand desselben jederzeit mit dem Stand eines Quecksilberbarometers zu vergleichen.
Quelle: Uhrenlexikon.de
Ich hab heute mal wieder gehört, dass so eine Luftdruckkompensation einerseits den Gang verbessern soll, andererseits natürlich auch Luftverwirbelungen erzeugen kann.
Meine Frage geht dahin, dass ich eigentlich nicht ganz überzeugt bin von einem Temperaturkompensierten Pendel in Verbindung mit einer Luftdruckdose.
Hier ha ich einen interessanten Buchauszug gefunden:
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In der Untersuchung und der Erfindung von Riefler geht man doch davon aus, dass das Pendel aus Nickelstahl ist?
Dadurch erklärt sich mir natürlich die Barometerlösung. Aber in Verbindung mit einem Invarpendel, bei Längenausdehnungskoeffz. 20-90 °C = 1,7-2,0 ·10−6 K−1?
Gibt es nicht verschiedene Nickelstähle? Wenn man davon ausgeht, dass die Pendel, die zur damaligen Zeit Luftdruckdosen hatten, waren die Pendel aus dem bekannten Invarstahl, wie ihn Riefler nutzte oder doch noch in einer anderen Legierung des Nickelstahles?
Invarstahl ist ja nicht gleich Invarstahl...
Fe65Ni35-Invar enthält 65 % Eisen und 35 % Nickel. Bis zu 1 % Magnesium, Silicium und Kohlenstoff werden legiert, um die mechanischen Eigenschaften zu verändern. Durch Legieren von 5 % Cobalt kann der thermische Ausdehnungskoeffizient weiter reduziert werden. Eine Bezeichnung für die Legierung ist Inovco, Fe-33Ni-4.5Co, α (20–100 °C) von 0,55 ppm/K.
Varianten dieser Legierung haben einen etwas anderen thermischen Ausdehnungskoeffizienten. So hat Kovar (42 % Nickel) den Ausdehnungskoeffizienten von ca. 5 ppm/K.
Heutzutage sind viele weitere Legierungen bekannt, bei denen ein Invar-Effekt auftritt:
Ist Invar immer noch das Material mit der kleinsten Wärmeausdehnung? Da gibt es doch mittlerweile viele Materialien die damals noch gar nicht zu Verfügung standen. Ich denke da vor allem an verschiedene Kunststoffe und Verbundmaterialien. GFK oder Kohlefaser vielleicht? Gibt es da eventuell auch moderne Studien darüber?
Ja, ich kenne jetzt natürlich auch nicht jeden Werkstoff und dessen Ausdehnung.
Allerdings: Beachte, dass es Materialien gibt, die z.B. magnetische Eigenschaften entwickeln können wie eben Quarz (ich hoffe, ich täusche mich nicht )
Ein Pendel kann sich z.B. schon alleine durch die Reibung mit der Luft leicht elektrisch aufladen, ist natürlich eine Katastrophe.
Ich glaube sogar, Quarz zählt dazu.
Jetzt stell dir vor, das Pendel ist aufgeladen und zieht an manchen Stellen Staubpartikel an...kann dann schon dafür sorgen, dass da Isochronismus-Störungen auftreten
Ich glaube mich daran zu erinnern, dass es bereits Quarzpendel gegeben hat, die aber wegen besagten Gründen nicht erfolgreich waren, auch, wenn der Ausdehnungskoeffizient perfekt gewesen wäre.
Interessantes Argument. An diese Möglichkeit hab ich noch gar nicht gedacht allerdings sollten sich eventuelle statische Ladungen recht einfach ableiten lassen?
Das Quarzpendel von Sartori, Wien, hat die geringste Wärmeausdehnung. Daher ist nur ein sehr kleines Ausgleichsstück erforderlich. Quarz ist Kieselsäure und zerbrechlich wie Glas. Aufhängung und Linse sind sehr schwer anzubringen. Es wird wenig verwandt. " Quelle www.chronox.info/lexikon.htm
Ich berichtete bereits, dass ich Ganguntersuchungen am Sekundenpendel einer RFT HU22 durchführte. Die Messungen erfolgten vom 16.9. bis zum 5.11.2012. Die Uhr hängt dabei in einem unbeheizten Außengebäude.
Das erste Diagramm zeigt den ermittelten Gang (blau). Überlagert ist die mathematisch beschriebene Gangabweichung (orange).
[[File:RFT HU22-608 SN116 Gangdiagramm 1.pdf]]
Die Beschreibung der Gangabweichung erfolgte mit der Formel
G = a1 * t² + a2 * t + b1 * p² + b2 * p +c
dabei sind G Gangabweichung in Sekunden/Tag t Temperatur in °C p Luftdruck in mbar a1 -0,004 a2 -0,3 b1 0,0000002 b2 -0,047 c 50,5
Die Zahlen an der X-Achse stellen die Nummer des Tages im laufenden Jahr dar.
Der Koeffizient a2 beschreibt den von mir bereits kritisierten Temperaturfehler der Uhr mit immerhin -0,3 Sekunden je Tag und Grad. Man beachte den Koeffizienten b2, der den Einfluss des Luftdrucks angibt. Dieser Koeffizient ist immerhin 15,6 % so groß wie der Temperaturfehler!
Das folgende Diagramm verdeutlicht das:
[[File:RFT HU22-608 SN116 Gangdiagramm 2.pdf]]
Es ist sehr deutlich zu erkennen, dass bei extremen Luftdruckschwankungen der Gang sich signifikant ändert (Tag 297). Bei Tag 307 fällt der Luftdruck infolge eines Sturmtiefs deutlich. Der Gang steigt hier nicht so deutlich an, weil gleichzeitig die Temperatur stark fiel.
Insgesamt lässt sich erkennen, dass eine Luftdruckkompensation den kurzzeitigen Gangfehler verbessern könnte. Betrachtet man die Ganggenauigkeit einer Uhr über einen großen Zeitraum, so wird man den mittleren durch Luftdruckschwankungen hervorgerufenen Gangfehler vernachlässigen können. Ähnlich ist es prinzipiell mit dem Temperatureinfluss.
Das gilt solange, wie das Klima konstant bleibt. Das Klima ist aber auch nur der Mittelwert der Wettererscheinungen an einem Ort. Somit könnte eine Uhr 20 Jahre lang genau gehen, dann aber einen zunehmenden Gangfehler aufweisen, weil sich Temperatur- oder Luftdruckänderungen nicht mehr ausgleichen.
Ein normaler Uhrenbesitzer möchte aber, dass seine Uhr immer die richtige Zeit anzeigt. Es ergibt sich gerade für diesen Zweck die Notwendigkeit nach Temperatur- und Luftdruckkompensation. Denn es wird wohl kaum jemand erst die Uhr ablesen und aus dem statistischen Gangfehler daraus erst die Uhrzeit berechnen, so wie es in den Sternwarten üblich war.
Die Diskussion um Luftverwirbelungen durch die am Pendel montierte Anaeroiddose halte ich für unnötig. Wenn man bedenkt, wie gering die Winkelgeschwindigkeit der Druckdose am oberen Pendelende ist, kann man den durch Luftverwirbelung hervorgerufenen Widerstand gewiss vernachlässigen.
Anders ist es mit dem Pendelgewicht. Auch bei geringem Auslenkungswinkel legt es einen relativ großen Weg zurück und erreicht im Nulldurchgang eine verhältnismäßig große Geschwindigkeit. Darum ist eine flache, polierte Pendellinse die beste Lösung und nicht zuletzt, neben den Quecksilbertöpfen, die verbreitetste Pendelvariante bei Präzisionsuhren.
Roland
Enno
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Eigentlich gehört es nicht in diesen Thread, aber ich möchte dazu auch noch eine Bemerkung geben:
Ein Pendel aus Quarzglas schwebte mir auch vor. Die in Deutschland ansässige Firma Heraeus stellt Spezialgläser her. Ich habe sie bereits mehrmals angeschrieben. Dort hält man es allerdings nicht für nötig, auf Anfragen eines Kleinstkunden zu reagieren.
Die Halterung eines solchen Pendelstabes ist ein lösbares Problem. So wird z.B. die Pendelaufhängung aus Invar gefertigt und mit einer Klemmschelle am oberen Stabende befestigt. Ein viel größeres Problem stellt die Befestigung des Pendelgewichts dar. Es muss nicht nur fest sein, es soll ja für die Grobjustierung möglichst auch verschiebbar sein. Varianten mit Gewinde fallen da aus, weil man sich, auch bei Verwendung von Invar, mit einem gewaltigen Temperaturausdehnungswert der Gewindestange den Vorteil des Quarzglases zunichte macht.
Daher habe ich mich als Kompromiss für ein Rohr aus Kohlefaser entschieden. Pendelhaken und Einstellgewinde sollen aus Invar sein. Da der Ausdehnungskoeffizient sohl von Karbon als auch von Invar selten konkret angegeben werden können und in einem Bereich bis 50% liegen können, bleibt nur eine variable Kompensation, z.B. nach Riefler.
ZitatVictor: Ein Pendel kann sich z.B. schon alleine durch die Reibung mit der Luft leicht elektrisch aufladen, ist natürlich eine Katastrophe.
Ich glaube sogar, Quarz zählt dazu.
Jetzt stell dir vor, das Pendel ist aufgeladen und zieht an manchen Stellen Staubpartikel an...kann dann schon dafür sorgen, dass da Isochronismus-Störungen auftreten
Staub ist für Uhren immer schädlich. Er lagert sich auch auf Pendeln aus Metall ab und lässt sich durch Abblasen oder Abpinseln entfernen.
Um zu verstehen, wie irrelevant Staub am Pendel ist, vergleiche man mal die Größenordnungen:
Man nehme ein Staubkorn von 5 Mikrometern Größe. Es habe die Dichte von 1,5 g/cm³ (ein Kunststoff) Die Masse des Staubkorns wäre 1,87 * 10^-16 Gramm. Auf dem Pendel sollen 10.000 Staubpartikel kleben. Das ergibt 1,87 * 10^-12 Gramm. Bei einer Pendelmasse von 5 kg hat dann der Staub einen Anteil von 3,75 * 10^-16. Das entspricht bei 31536000 Sekunden im Jahr einem Fehler von 1,18 * 10^-8 Sekunden, das sind 11,8 Nanosekunden.
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Luftdruckkompensation des Pendels
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06.11.2012 14:04 (zuletzt bearbeitet: 06.11.2012 14:18)
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RFT HU22-608 SN116 Gangdiagramm 1.pdf
