Hallo, Ich möchte Euch meine letzte Erwerbung vorstellen.
Eine Bulle Clock mit geschliffenem Glasdom, Seriennummer 203273. Ich habe es das erste mal versucht, in einem schwedischen Auktionshaus (https://auctionet.com/) zu kaufen. Zugegeben, die Uhr strahlt etwas von dem plüschigen Scharm der Salons der 1930 Jahre aus, aber mir gefällt sie gut und ich konnte nicht widerstehen. Auktionskosten und Transport haben den Preis leider auf rund 300€ vergrößert. Dafür war die Verpackung auch erste Sahne. Man hätte das Packet aus dem 3. Stock werfen können.

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Natürlich zeigten sich bei genauer Betrachtung doch einige Altersspuren. Der sehr schwere Glasdom war vollkommen intakt und mit hoher Qualität geschliffen.
Allerdings war der untere Teil mit einer Art Lack? verschmutzt. Ich probierte Terpentin und Benzin, aber der Lack hielt.
Dann erinnerte ich mich an eine wichtige Regel der Restauration. Die schwächste Maßnahme zuerst. Also in das Spülbecken mit warmen Wasser und Spülmittel gestellt und nach einer halben Stunde quoll der Lack auf wurde weich und weißlich und lies sich gut entfernen.
Man hatte Sockel und Dom wohl mal mit wasserlöslichem Papierklebeband zum Transport verbunden und dann stehen lassen. Der Knochenleim war glashart geworden und das Papier abgegammelt. Da war ich froh.
Natürlich war auch die Pendelfeder gerissen, aber die Klemmbleche waren noch da, auch die Federreste. War wohl Seide, 0,1mm dünn, mit Gummiarabikum? getränkt.

Ersatzfedern werden zu astronomischen Preisen angeboten. Aber als Modellbauer (mein anderes Hobby) habe ich dünne Seide zu Bespannen der Flächen. Diese habe ich auf eine Glasscheibe geklebt, die mit Trennmittel lackiert war und mit vielen Anstrichen verdünntem UHU Por bestrichen. Das Ergebnis sieht dem Original sehr ähnlich. Ich hoffe, es trocknet in den nächsten Tagen wirklich klebfrei auf.

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Nächster Punkt war das Batteriefach, verbastelt und voller Grünspan von zerfressener Batterie.

Aber die Antriebsspule ist OK, ich habe sie durchgemessen, so 1500 Ohm.

Nach erster Durchsicht erscheint mir das gesamte Uhrenkonzept doch recht verspielt und es wundert mich, dass es über Jahrzehnte nicht nur in Frankreich, mein Uhr wurde wohl in Schweden produziert, so ziemlich unverändert verbaut wurde. Bei Ebay war eine Wanduhr aus den 60gern angeboten.

Mal sehen, Gruß Werner

Einige Betrachtungen zu Deiner Uhr. Die Spule hat - bis auf die ganz frühen Uhren unter der Nummer 2000 - immer einen Widerstand von 1150 Ohm. Also ist das bei Dir zu viel. Hatte jetzt auch so eine Uhr. Nehme mal das Pendel auseinander. Bitte zähle die Windungen, mit denen das Pendel in die Pendellinse eingeschraubt ist. Das muss genau so wieder. Habe schon Spulen gehabt, bei denen die Gewindestangen bis in die Spulen gedreht waren, natürlich kaputt. Was gerne passiert im Laufe der Zeit sind Oxidationen im Spulenbehälter, denn die Anschlüsse sind nur geklemmt. Da könnte der höhere Widerstand herkommen.
Außerdem schaue Dir genau den Anker an. Manchmal ist der Silberkontakt im Anker und die Isolation an der Gegenseite total verschlissen. Komischerweise ist der Stift am Pendel nie beschädigt.
Und setze mal ein Bild der sogenannten Isochronismusfeder ins Forum. Aus der Entfernung sieht das so aus, als wenn die zu stark ist.
Die Regulierung ist etwas tricky, mit der Reguliermutter erreichst Du nur eine Fehlweisung von ca. 2 Minuten am Tag.
Für die Pendelfeder habe ich eine andere Lösung als Du, aber wenn das funktioniert, ist es ok.

Frank

Hallo Frank,

Bezüglich des Widerstandes der Spule habe ich noch mal, jetzt mit frischer Batterie im Messgerät, nachgemessen. Es sind 1050 Ohm. Aber so genau ist mein Gerät nicht, also sollte es passen. Isochronismusfeder sieht anders aus als Original-Ersatzteile, die bei Ebay angeboten werden, aber das sehe ich ja dann.

Kannst Du mir sagen, wie du die textile Pendelfeder ersetzt hast? Die im Netz angebotenen Ersatzteile sind ja recht bunt und die Bändchen wirken recht dick. Der Spalt in den Halterungen aber ziemlich schmal.

Und eine stilistisch passende Batteriehalterung muss ich noch anfertigen. Ev. mit stabilisierter Spannung? Mal sehen.

Gruß Werner

Eine stabilisierte Spannung ist absolut nicht notwendig, wenn Du keine quartzgenaue Zeit haben willst. Ich finde, wenn man die Uhren vernünftig reguliert, dann halten sie die Zeit sehr genau.

Habe letzte Woche noch eine "Pendelfeder" ersetzt, bzw. eine Textileinlage neu hineingebaut. Mit der alten Konstruktion eierte das Pendel, wie das auch bei herkömmlichen Uhren mit Knick in der Pendelfeder der Fall ist. Habe da alles mögliche schon ausprobiert, aber die erste Idee, die ich hatte, hat sich bis heute bewährt, besonders bei Pendelfedern, die geschraubt sind, und zwar seit Jahren. Als Material ideal geeignet ist tatsächlich Leukosilk, das Pflaster von BSN medical. Es ist dünn, sehr stabil (eine Uhr lief damit bestimmt 10 Jahre bei mir, dann habe ich sie verkauft) und leicht zu verarbeiten, dabei aber nicht dehnbar. Anfangs habe ich den Kleber mit Benzin entfernt, aber mittlerweile klebe ich damit zunächst die unteren Messingteile dran. So kann man sie perfekt gerade ausrichten. Dann kommen die oberen Messingteile drangeschaubt, einfach durch das Textilband hindurch. Oben und unten überstehendes Band wird einfach mit dem Cuttermesser abgeschnitten. Hast Du die Messingteile noch? Wenn nicht, gebe ich gerne die Maße durch.
Frank

Hier noch ein Bild der unlängst ersetzten "Pendelfeder".
Frank

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Hallo,
Inzwischen läuft die Uhr mit meiner reparierten Pendelfeder und einer 1,5V Batterie. Die Klemmbleche hatten auch noch die Blei/Zinn Einlagen, die wohl das Rutschen verhindern sollen.
Allerdings traten ein paar Probleme zu Tage.

Die Uhr läuft zu schnell. Ich habe das Einstellgewicht schon bis zum Ende der Pendelstange herunter gedreht. So läuft sie immer noch rund 10 Minuten pro Tag zu schnell.

Der Pendelausschlag ist zu stark. Der Anker schlägt an den Sicherungsstiften an. Man konnte sehen, dass das Pendel bei der Umkehr auf der rechten Seite ordentlich beschleunigt wurde. Der Linke war schon leicht dünner gedreht, aber erst als ich einen 500Ohm Widerstand vor die 1,5V Batterie geschaltet habe, ist der Ausschlag so gering, dass er gerade zwischen die Sicherungsstifte passt, wenn die Uhr entsprechen nivelliert ist. Das Vorgehen ist nun geringer, aber immer noch leicht zu schnell.
Eigentlich ist der große Pendelausschlag unnötig. Die Zeigerfortschaltung klappt auch bei weit geringeren Ausschlägen dank der schlauen Konstruktion.

Ich habe die gleiche Uhr auf einem Videoclip gesehen. Dort war der Pendelausschlag auch extrem, deshalb waren die Ankeranschlagstifte gekürzt worden. Ob sie so genau läuft und ob das gut ist für die Fortschaltmimik des zierlichen Kronrades?

Ich vermute als Ursache, dass die 1,5V der aktuellen Batterien zu hoch sind. Ursprünglich wurden wohl Zink-Luft Batterien verwendet, die 1,3 - 1,4 Volt haben, außerdem einen viel höheren Innenwiderstand.

Nun bin ich etwas ratlos. Die 1,5V Batterien werden ja wohl allgemein verwendet, um solche Uhren zu betreiben.

Ich werde es mal mit einer Germaniumdiode probieren, die sollte so 0,3V kappen.

Freue mich jeden Hinweis von Besitzern solcher Uhren.

Gruß Werner

Zitat von kioto im Beitrag #6

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Ich vermute als Ursache, dass die 1,5V der aktuellen Batterien zu hoch sind. Ursprünglich wurden wohl Zink-Luft Batterien verwendet, die 1,3 - 1,4 Volt haben, außerdem einen viel höheren Innenwiderstand.

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Da kann ich Frank nur Recht geben. Der Kontaktstift darf nur zu 2/3 in den Anker hineinragen, von vorne betrachtet. Erstens wird dadurch die Bewegung des Ankers begrenzt, denn der darf gar nicht bis zu den Begrenzungsstiften ausschlagen. Und zweitens wird so die Dauer der Kontaktgabe begrenzt. Die Pendel schlagen schon ordentlich aus, viel mehr als bei mechanischen Uhren. Normalerweise dürfen sie ungefähr 10mm vor der Befestigung des Magneten ausschlagen, aber weiter ist nicht gut. Dann den Kontaktstift noch etwas (!) weiter nach oben setzen. Aber ich vermute, dass beim Eintauchen zu 2/3 der Pendelausschlag in Ordnung ist.
Die Regulierung dieser Uhren ist etwas tricky, und gerade habe ich so eine Uhr, bei der die Reguliermutter von unten massiv angebohrt wurde. Wohl, weil auch jemand diese Uhr nicht reguliert bekommen hat. Die Reguliermutter beeinflusst die Pendelschwingung nur bis ca. 2 Minuten am Tag. Sie ist ja auch nicht groß im Verhältnis zum Pendelgewicht. Die Grobregulierung erfolgt durch die Isochronismusfeder. Eine Erfindung von Bulle. Es handelt sich um eine kleine, dünne Drahtfeder, die am einen Ende unten am Werkgestell befestigt ist. Das andere Ende hängt an der Pendelstange. Das Federchen zieht das Pendel zur Mittellage und beschleunigt es, je mehr es angespannt wird. Hängt man diese Feder aus, läuft die Uhr massiv nach. Um die Feder einzustellen, gibt es zwei Möglichkeiten: Einmal die Befestigung am Pendel auf- oder abschieben. Und die zweite Reguliermöglichkeit ist feiner. Vielleicht bei der Montage übersehen: Ein Röllchen für die Federbefestigung hat auf einer Seite eine Fläche. Hier kann man mit einem 5mm-Gabelschlüssel eingreifen und das Röllchen verdrehen, um die Feder mehr oder weniger anzuspannen. Vorher bitte die Reguliermutter in die Mitte stellen. Mit dem Gabelschlüssel lässt sich die Uhr bis auf 1 Minute am Tag regulieren. Der kleine Rest geht dann mit der Reguliermutter. Viel Spaß.
Frank

Hallo, Danke für die schnelle Antwort.

Hier ein Bild

Bulle-Pendelgabel.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)

Ist die Position so OK?

Gruß Werner

Sehr viel zu tief. Dann muss die Uhr einen zu großen Ausschlag machen. Außerdem fehlt die Kontaktfeder für den Anker.

Hier ein Bild, welches ich früher mal gemacht habe. Nicht ganz ideal, bringt die Sachen aber auf den Punkt.

Bulle-Clock_Anker.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)

Anker von der Pendelseite aufgenommen. Der Stift ist eingezeichnet, aber man kann die Sache auch gut von der Zifferblattseite erkennen. Der Stift ist sehr weit oben in dem Einschnitt des Ankers. Nur 2/3 des Silberstiftdurchmessers ragen in den Anker, mehr nicht.
Außerdem kann man die Feder erkennen, die bei Dir fehlt. Eine sehr dünne Silberdrahtfeder mit einem Drahtdurchmesser von 0,2mm. Vorne eine relativ große Öse, denn diese große Öse reibt nicht in der Kerbe der Ankerwelle, sondern schaukelt quasi nur hin und her. Am anderen Ende ist die Feder an einem kleinen Blech (von hinten rechts vom Anker) eingehakt. Vielleicht hast Du Dich schon gewundert, wofür dieses Blech ist. Die Spannung der Feder darf nur ganz gering sein. Wenn die Feder ohne Spannung in Richtung Anker gezogen wird, nur bis zur Mitte der Welle.
Was man an dem alten Bild noch erkennen kann: Bei dem Anker könnte das Silberplättchen ersetzt werden, ebenso wie das Pertinaxplättchen. Denn die Kanten sind im Neuzustand nicht so stark abgerundet.
Frank

Habe gerade noch mal zwei Bilder von einer Uhr gemacht, die hier auf dem Tisch steht. Ist ein frühes Werk, daher die Unterschiede in den Feinheiten. Aber die wichtigen Dinge sind zu erkennen:

P1020359.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)

Hier ist zu erkennen, wie die Ankerkontakte sein sollten (da gerade ersetzt) und wie tief der Stift vom Pendel in den Anker ragt.

P1020360.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)

Und hier das Werk von hinten mit der Ankerkontaktfeder.

Frank

Danke, das macht es klarer.

Für was ist die Silberdrahtfeder gut? Sie ist ja momentfrei aufgehängt. Stromkontakt?
Ich habe schon Reparaturberichte im Netz gefunden, da wunderte sich der Spezialist über den Flachen Pin mit dem kleinen Loch.

Und wo soll ich so eine Feder her bekommen? Selber wickeln. Werde mal sehen, wo ich Silberdraht bekommen kann.

Gruß Werner

Klar, selber wickeln. Man kann diese Federn in GB kaufen, für teuer Geld und Porto und Zoll. Silberdraht kann man auf einer Rolle kaufen (echten, nicht den Schmuckdraht, der nur versilbert ist, wenn überhaupt) oder vom Goldschmied. Wickeln ist ein wenig knibbelig, besonders das Anbiegen der größeren Öse.
Und klar: Der Draht verbessert den Kontakt zum Anker. Genau dazu ist er da.

Frank

Hallo, die Uhr läuft jetzt, mit Pendelmutter auf halber Höhe und Isochronismusfeder ganz leicht gespannt.

Allerdings ist die Einstellung doch recht mühsam. Vielen Dank für die gute Einweisung in diese mir bis jetzt unbekannte Uhrentechnik.

Die Uhr ist hübsch, aber die Konstruktion macht einen irgendwie gebastelten Eindruck. Einmal zum Laufen gebracht, wurde das Konzept dann Jahrzehnte weitergebaut.

Ich lasse sie jetzt erst mal ein Weilchen laufen. Silberdraht für die Kontaktfeder ist bestellt.

Ab nächste Woche mache ich mich an den Konkurrenten, Brillie. Ich habe eine Wanduhr Modell 1570, also Fabrikuhr mit Zeitschaltungen, in Frankreich erstanden, Zustand mäßig. Durch die Marmorrückwand sehr schwer, kam aber trotz recht schludriger Verpackung heil an.

Dank und Gruß, Werner

Hallo,

Die Uhr läuft immer noch recht genau. Die Justierung war allerdings recht fummelig.

Auch nach der Montage der Ankerkontaktfeder, die ich aus 0,3mm vergoldetem Silberdraht gewickelt habe, läuft sie gut.

Bulle Clock Glasdom 300? - Kontaktfeder-eigen.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)

Gruß und fröhliche Weihnachten für Alle, Werner