Zunächst, warum hier bei "Wanduhren" und nicht bei "Standuhren"? Weil sie zwar auf den ersten Blick aussieht wie eine Standuhr. Allerdings kann man zwischen dem Fuß und dem Fußboden ein Blatt Papier hin- und herschieben. Denn Werk und Gehäuse hängen an eine wirklich massiven Wandanker, der ins Mauerwerk eingelassen ist. Der Grund ist, dass bei einer Wandaufhängung weniger Erschütterungen zu erwarten sind, als wenn die Uhr auf einem Boden, womöglich auch noch einem Dielenboden, stünde.

Unlängst wurde eine Strasser & Rohde in einer Auktion verkauft. Dabei hieß es sie sei original als Standuhr gebaut worden. Das bezweifele ich allerdings, auch aufgrund der Fotos, die m.E. einen Umbau zur Standuhr vermuten lassen.

Die Strasser Hemmung ist eine freie Federkrafthemmung. Der Anker "spannt" eine Feder (tatsächlich 2 Stück, in den Fotos außen liegend) genau im Nulldurchgang des Pendels, wodurch das Pendel den Impuls zur Erhaltung der Schwingung bekommt. Die Antriebskraft ist also stets unabhängig von dem Räderwerk und konstant, da die Federn stets um einen gleichen Betrag "gespannt" werden, die gespeicherte Federkraft also immer gleich ist. So ist die Pendelschwingung völlig unabhängig von irgendwelchen Veränderungen im Kraftfluß des Räderwerkes, beispielsweise durch sich verändernde Öleigenschaften. Das macht diese Hemmung erheblich genauer, als die "normale" Graham Hemmung.

Das Pendel ist vom Typ 12. Die Feinregulierung erfolgt durch Auflage kleiner Metallstreifen als Gewichte auf einen Teller, der weiter oben am Pendelstab befestigt ist (im foto nicht zu sehen). Die Amplitudenskala ist in Winkelminuten und lasst sich seitlich verschieben, um den Nullpunkt genau einzustellen (das betreffende Foto ist während einer Schwingung aufgenommen, wenn es ruht steht die Spitze natürlich genau auf null).

Die Uhr habe ich vor Jahrzehnten erwerben können. Sie läuft natürlich perfekt (= auch genau)

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Hier eine Animation zur Funktionsweise der Hemmung

https://www.youtube.com/watch?v=2EAwDG5ztDM

Lieber Bernhard,
danke dir für den Beitrag mit Text, Bildern und Videoanimation der Strasser Uhr.
Ich bin ehrlich genug, dass ich mir im Internet die nötigen Informationen und auch die Bilder die ich zeige, hergeholt habe.
Umso interessanter und lehrreicher waren die Ergebnisse! Und das Produkt daraus, dass hier gezeigt wird.
Als erstes zum gesamten deiner Uhr: Sie ist ein rares und kostbares Stück Zeitgeschichte. Und die Tüftler daran vor denen ziehe ich meinen Hut. Riefler, Strasser und dergleichen sie bereicherten die Uhrenwelt ungemein bis heute. Je mehr ich mich hineinlese, umsomehr steigt meine Achtung davor. Aber lassen wir die Lobhudelei, und kommen zu den Fakten.
Bei Strasser war die Umverpackung, also das Gehäuse zweitrangig, Priorität hatte die Entkoppelung des Räderwerkes vom Schwingsystem. Im Gegensatz zur starren Verbindung mit Grahamgang zum Pendel und Räderwerk. Wenn wir von Priorität sprechen, so war ihm die Uhr-bzw. Gehäuseaufhängung und Befestigung noch wichtiger.

Zitat Bernhard:
„Denn Werk und Gehäuse hängen an einen .wirklich massiven Wandanker, der ins Mauerwerk eingelassen ist. Der Grund ist, dass bei einer Wandaufhängung weniger Erschütterungen zu erwarten sind, als wenn die Uhr auf einem Boden, womöglich auch noch einem Dielenboden, stünde.“
(Zitatende)

Das ging soweit, das Strasser teilweise die Uhren fast ohne Rückseite befestigen ließ. Wichtig war ihm die weitgehendste Entkoppelung des eigentlichen Uhrwerks vom Unter- bzw. Hintergrund. Riefler ließ sogar eigens dafür angefertigte Betonfundamente bauen, denn beide waren der Ansicht und Meinung, dass jegliche Erschütterung tunlichst zu vermeiden ist, um nicht das Gangbild negativ zu beeinflussen.

Mich hätte mal die Aufhängung der „Stephan-Uhr“ interessiert mit den massiven Wandanker. Das können wir natürlich heute in unseren Mietwohnungen nicht mehr praktizieren, als Hausbesiitzer schon eher. Sattler liefert in der gehobenen Preisklasse eine stabile Eisenwandplatte zur Unterlage der Uhrbefestigung mit.

Wenn Riefler und Strasser aus ihren Gräbern auferstehen würden, was würden die beiden wohl zu meiner an der Kleiderschrank aufgehängten Sekundenpendeluhr sagen? Ja, der Platz ist halt in einer 30 qm großen Wohnung nicht allzu groß

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Siehe hier die Ansicht der Strasser Hemmung, Pendelführung und Pendelfeder (entnommen der Deutschen Uhrmacher Zeitung 1900/Nummer 17/Seite 219) siehe auch dazu die Bilder 4 und 5 von Bernhard

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Man sieht auf den Bild links, wie die Pendelaufhängung an einen massiven Block hängt, den man sich eingemauert vorstellen muß, ob jetzt unmittelbar oder mittels einer schweren eisernen Rückwand, spielt keine Rolle-

Nicht ganz, unten eine Aufstellanleitung. Der "Eisendübel" (bei meiner Uhr war das Original dabei) ist extrem massiv. Man muss ein ziemlich heftiges Loch in die Wand stemmen und dann den Eisendübel mit Zementmörtel (m.E. besser als Gips) sozusagen einbetonieren. Der Eisendübel hat ein Innengewinde für die sehr massive Schraube mit Sechskantkopf (SW irgendwas im 30er oder 40er Bereich), mit welcher die Grundplatte dann an die Wand geschraubt wird. An der Grundplatte, die also auf der Wand aufgesetzt ist, hängt das Pendel und der Stuhl für das Werk. Das Gehäuse ist mit 2 kleineren Schrauben an der Grundplatte angesetzt und weist 3 recht große Löcher auf, durch welche Pendelaufhängung und Streben für den Stuhl hindurchragen. Ich hätte damals ein Foto von dem "Eisendübel" machen sollen, im Netz habe ich auf die Schnelle keines gefunden. Dann wäre klar, dass man da mit Bohren nicht weiter kommt, nur mit Stemmen.

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Hallo Bernhard,
Was für eine herrliche Uhr! Vielen Dank fürs Zeigen!

Ich will weder herumnörgeln, noch besserwisserisch erscheinen. Aber nachdem Du die Funktion der Hemmung erklärst, bitte ich zu gestatten, einen kleinen, aber entscheidenden Punkt richtigzustellen, denn sonst kann man sie nicht verstehen:

Zitat von Bernhard J im Beitrag #1

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Die Strasser Hemmung ist eine freie Federkrafthemmung. Der Anker "spannt" eine Feder (tatsächlich 2 Stück, in den Fotos außen liegend) , wodurch das Pendel den Impuls zur Erhaltung der Schwingung bekommt..

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Zitat von Bernhard J im Beitrag #1

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So ist die Pendelschwingung völlig unabhängig von irgendwelchen Veränderungen im Kraftfluß des Räderwerkes, beispielsweise durch sich verändernde Öleigenschaften. Das macht diese Hemmung erheblich genauer, als die "normale" Graham Hemmung.

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Hallo Moritz,

danke für die Richtigstellung meiner sehr verkürzten und insofern zumindest ungenauen (wenn nicht falschen) Beschreibung und die detaillierten Erläuterungen dazu. Ich bin immer wieder beeindruckt, wie tief Du in der Materie steckst, meine Hochachtung.

Beste Grüße, Bernhard