Hallo allerseits in die Runde,

vorweg: ich kann von mir behaupten technisch und handwerklich begabt zu sein, auch oder besonders feinmechanisch (bedingt durch früheren Beruf).
Bin auch ziemlich gut mit Werkzeug aller Art ausgestattet, wenn auch nicht mit speziellem Uhrmacher Werkzeug.

GROSSES ABER: ich habe keinerlei Ahnung von Uhren (hab zwar schonmal in eine Armbanduhr ein neues Quarzwerk eingesetzt aber das ist keine grosse Kunst. Kann jeder der nicht gerade Grobmotoriker ist und 2 linke Hände hat).

Vor zwei Jahren habe ich auf nem Flohmarkt diese JUNGHANS Küchenuhr erstanden (Fotos anbei).
Hat mir einfach gut gefallen. Ich finde die schön und das Ticken irgendwie sehr entspannend.

Uhr lief auch. Allerdings zu schnell. Sie ging deutlich nach. In den 7-8 Tagen die sie im Schnitt so lief (manchmal auch 10 Tage) ging sie teilweise bis zu 30 Minuten nach (manchmal auch "nur" 20 Minuten).
Teilweise deshalb da dies nicht konstant war. So lief sie z.B. nach dem 1. Tag oft noch ziemlich genau, am 2. Tag 5 min. zu schnell, 4. Tag 13 min. zu schnell, 6. Tag 20 min zu schnell, 8. Tag 14 min. zu schnell etc.

Hab versucht an der Schlitzschraube die offensichtlich ein Einsteller für die Geschwindigkeit darstellt zu drehen.
Hat sich aber nichts Nennenswertes getan.

Mittlerweile läuft die Uhr nach dem letzten Aufziehen gar nicht mehr.
Wenn man sie etwas hin und her schwenkt, machts noch ein paarmal Tick-Tack und das war`s. Sie steht.

Ich würde die Uhr gerne wieder zum Laufen bringen und zwar wenn dann so, dass sie auch einigermaßen korrekt läuft.
Ne Minute hin oder her auf die Laufzeit ist (mir) egal. Aber 1/2 Std....

Bin durchaus bereit Zeit zu investieren habe aber nicht vor all zu tief einzusteigen (ich weiß wie sowas gehen kann, bevor man sich`s versieht hat man ein riesen Fass aufgemacht, dabei wollte man "nur" ...).

So wie ich das sehe ist das Uhrwerk über 3 Schrauben mit der Keramikfront verbunden.
Man müsste das Werk also schonmal als Ganzes einfach ausbauen können.
Nur wie dann weiter?
Muss man wirklich das ganze Werk komplett zerlegen um es zu reinigen?
Kann man das als Laie überhaupt oder geht das garantiert schief, wenn man keine Ahnung hat?

So gefühlsmäßig hätte ich gesagt ich bade das ganze Teil kompett wie es ist in ??? (Alkohol: Isopropanol / Waschbenzin ?, Spiritus ?) unter Zuhilfenahme von mehr oder weniger feinen Pinselchen um das Werk von altem (verharzten) Öl und ggf. Schmutz / Abrieb zu befreien, blase es gleich anschließend vorsichtig mit Druckluft trocken (gaaanz sachte mit geringem Druck) und öle bestimmte Stellen neu (welche Stellen und mit welchem Öl)?

Möglicherweise ist das auch eine völlige Schnapsidee und ich würde das Werk damit ganz kaputt machen ...
Oder es ist deshalb keine gute Idee weil`s nichts bringt?

Wer kann mir bitte zu was raten bzw. wie vorzugehen (oder auch raten es evtl. besser bleiben zu lassen)?

Schöne Grüsse.

Moin
Ist ne Schnapsidee
Das Uhrwerk muss ausgebaut, komplett zerlegt, gereinigt und wieder zusammengebaut werden.
Geölt werden grundsätzlich nur die Lager - bei dieser Uhr mit Großuhrenöl
Als Einsteigermodell wirklich machbar - jeden Schritt beim Zerkegen fotografisch festhalten und in ungekehrter Reihenfolge wieder zusammen.
Schritte:
Zeiger abnehmen, die drei Schrauben lösen und Uhrwerk ausbauen
!!! Feder abspannen !!! Zerlegen - Teile und Lager reinigen - bei der Hemmung sehr vorsichtig vorgehen

Oggy hat da leider nen Punkt.

Ich würde aber nicht zuerst die Schrauben lösen und auf gar keinen Fall diese vier Muttern. Dann fliegen dir die Feder und das Räderwerk um die Ohren, die ist nämlich noch aufgezogen, wie es aussieht. Vorher lieber gucken, ob das Zifferblatt nicht vielleicht mit Klammern/Haltespangen am Werk befestigt ist. Also Zeiger runter, dann Zifferblatt runter, Werk erstmal so lassen.

Diese Uhren stammen aus der Wirtschaftswunderzeit. Da hieß es wegschmeißen, neu kaufen, Wirtschaft ankurbeln. Die sind eigentlich nicht gebaut, um repariert zu werden.

Heißt nicht, dass es unmöglich ist, die Dinger zu reparieren, aber es ist furchtbares Gefummel. Die Zugfeder scheint mir wie gesagt noch aufgezogen zu sein. Die muss erstmal abgespannt werden. Das ist kein Federhaus mit extra Gesperr wie bei Kleinuhren, sondern ein dickes Rad, auf dessen Unterseite das Gesperr, so vermute ich, fest montiert ist. Da kommt man nur ran, wenn man das Zifferblatt abnimmt. Siehe oben.

Du musst einen passenden Schlüssel auf den Aufzugsvierkant setzen, gut festhalten (die Feder hat ordentlich Power!), dann die Sperrklinke lösen und die Feder abradeln lassen. Soweit die Theorie. Ich habe Junghans noch nicht auf meinem Hobbytisch gehabt, aber so Tischwecker von Europa, ZentRa und Kienzle, die sind teilweise sehr ähnlich gebaut. Da hab ich als Hobby-Bastler schon richtig grübeln müssen, wie man diese Werke möglichst ohne Unfall abspannt.

Das könnte eine Körnerunruh sein, das obere Unruhlager weckt in mir so einen Verdacht. Sieht aus wie eine Schraube mit Gegendruckfeder, bei der man die Höhenluft einstellen kann. Körnerunruhen sind mega-robust, denen macht ein Sturz nichts aus, aber die haben hohen Verschleiß. Die Lager sind offen, da kommt sehr leicht Staub rein, irgendwann sind die Spitzen rundgelutscht, und die Uhr läuft nicht mehr.

Die Körnerspitzen kann man auf der Drehbank nachschärfen und die Lager reinigen.

Aber "repariert" wurden diese Uhren eigentlich, indem man sie neu kauft oder das Werk tauscht...

Zitat von Oggy im Beitrag #2

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Moin
Ist ne Schnapsidee

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Deine Uhr hat ne sogg. schwebende Hemmung
Der gesamte "schwarze Teil" oben - simple formuliert
Das Abspannen hat Ingo ja erklärt

Was ich mir nicht erklären kann, ist die schwarze Spiral?feder links unten aussen am Uhrwerk

Was Dir passiert ist, ist ziemlich klar:
Da Du kein geschlossenes Federhaus hast kann die Feder im entspannten Zustand auch nac den Seiten "ausbrechen" und sich dabei an der Platine verhaken - wenn Du sie jetzt zusammendrückst, dann kann sie sich weiter entspannen- das macht dann das "Schnalzgeräusch"

Ich weiß nicht, was die "Stirnseite des Federpakets" ist. Aber ein "lauter Schnalzer" ist nicht gut. Lieber nicht machen.

Zitat von Oggy im Beitrag #5

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Was ich mir nicht erklären kann, ist die schwarze Spiral?feder links unten aussen am Uhrwerk

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Zitat von TimeLess im Beitrag #4

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"bei der Hemmung sehr vorsichtig vorgehen"Sicher ne etwas seltsame Frage für ein Forum wie dieses aber welches Teil ist die "Hemmung"? Ich vermute mal das ist das feine spiralförmige Federchen ganz "oben" in der Mitte....

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Bildschirmfoto 2024-03-11 um 11.55.06.png - Bild entfernt (keine Rechte)
Sieht im 2ten Bild so aus, als ob die Feder über der Platine liegt
IMG_2484.jpeg - Bild entfernt (keine Rechte)
Wäre ne verflixt lange Klinke...

Also je länger ich mir das angucke... scheint mir doch ein relativ servicefreundliches Werk zu sein.

Werk.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)

Die Unruh kann man mit den beiden oberen Schrauben abmontieren und den Anker mit der Schraube darunter in der Mitte.

Die Unruh scheint mir leicht schief zu stehen. Das spricht für extrem abgenutzte Körnerspitzen. @TimeLess – probier mal, ob der Unruhreif vertikal Luft hat oder seitlich kippelt. Das sollte er nämlich nicht bzw. nur minimal.
Ich würde die Unruh mal abmontieren (Anker drin lassen), auseinandernehmen und mir die Körner und die Lager ansehen. Körnerspitzen nachschärfen, Lager säubern, vielleicht läuft die Sache dann wieder.

"Ich würde aber nicht zuerst die Schrauben lösen und auf gar keinen Fall diese vier Muttern. Dann fliegen dir die Feder und das Räderwerk um die Ohren...."
Hilfreicher Hinweis. Danke!

"Heißt nicht, dass es unmöglich ist, die Dinger zu reparieren, aber es ist furchtbares Gefummel."
Das war mir nach einem genauem Blick in die Innereien von vorneherein klar.
Drum hatte ich ja gehofft es geht auch mit nur dem Werk als Ganzes "baden".
"Furchtbares Gefummel" ist eigentlich meine Spezialität - aber so ganz sicher bin ich mir (noch) nicht ob ich mir DAS antun will.


"Aber "repariert" wurden diese Uhren eigentlich, indem man sie neu kauft oder das Werk tauscht..."
Da beides ausfällt wegen "iss nich" eine allgemeine Frage zur Lebensdauer.
Mal angenommen ich tu mir das an, zerleg das Teil, baue es wieder zusammen und öle es.
Weiter angenommen die Uhr würde dann funktionieren wie sie soll.
Wie lange ungefähr würde so eine Uhr laufen bis diese Reinigungsaktion das nächste Mal fällig wäre oder bis das Werk aufgrund von natürlichem Verschleiß einfach hinüber ist?
Gibt es da optische Anhaltspunkte anhand deren man beurteilen könnte wie weit der Verschleiß ggf. schon fortgeschritten ist, bzw. ob sich so eine Aktion "längerfristig" überhaupt lohnt (mir ist schon klar, dass alles irgendwann das Zeitliche segnet, wenn ich aber wüsste wie lange es so ein Werk "normalerweise" macht, könnte ich das besser einschätzen)?

Wenn die Lager soweit i.O. sind und alles blitzsauber, dann läuft die Uhr weitere 10 Jahre - kann man aber erst sagen, wenn zerlegt
Im besten Fall ist es nur Schmodder - die Lager gucken eigentlich relativ gut aus

Achtung:
Unruh erst demontieren, wenn Uhrwerk abgespannt!

@Imgo Du hörst jetzt sofort auf hier schöne Beschriftungen einzuarbeiten - das grenzt ja an Arbeit und untergräbt meine optischen Machenschaften

Natürlich wäre eine fachgerechte Revision das Beste für die Uhr. Aber einem Laien einfach so die Demontage des Werkes zu empfehlen halte ich für riskant für das Ergebnis. Zu dieser Revision würde auch der Ausbau der Feder und das erneute Einwinden gehören. Ohne Werkzeug für jemand der keine Übung hat???

Mich würde interessieren, ob überhaupt Kraft am Ankerrad ankommt, d.h. wenn man die Unruhe in Schwingung bringt, läuft dann das Ankerrad zumindest ein Stück.
Ich habe den Verdacht, dass die Zugfeder so stark aufgezogen ist, dass die Windungen durch altes Fett und Schmodder aneinander kleben. Das würde auch die geschilderten Geräusche erklären.
Man könnte die Feder etwas entspannen, so wie schon erklärt. Auf der einen Seite den Schüssel ordentlich festhalten und mit der anderen Hand die Sperrklinke lösen, dort wo die kleine Feder außen ist. Zur Not mit einer Hilfsperson. Ein paar Tropfen Öl auf die Federwindungen könnten da auch nützlich sein.
Da die Feder ohnehin entspannt werden muss, wäre das erst einmal einen Versuch wert.

Ich vergaß zu erwähnen, dass man die Sperrklinke nur dann lösen kann, wenn man die Kraft des Sperrrades etwas reduziert. Also den Schlüssel zuerst in Aufziehrichtung drücken und dann nach lösen der Klinke langsam kommen lassen.