Hallo zusammen,
da ich ja mal vorhabe ein Großuhrwerk für eine Standuhr oder Wanduhr zu bauen stieß ich auf folgende Unklarheit.
Das Antriebsrad, an dem die Feder oder die Schnur der Gewichte befestigt ist greift meistens direkt in den Minutentrieb. Wenn ich also möchte, dass sich dieses Antriebszahnrad alle 24 h einmal dreht, muss ich die Zahnzahl des Minutentriebs mit 24 multiplizieren.

Wenn jetzt der Trieb 6 Zähne hat, wären das dann am Antriebsrad 144 Zähne. 6 Zähne sind jedoch vielleicht etwas wenig um die große Kraft aufzunehmen. Daher würde ein Trieb mit 8 Zähnen vielleicht besser sein. Dann hätte das Antriebsrad jedoch schon 192 Zähne. Nun ergibt sich die Frage, wie groß der Zahnraddurchmesser ist in Abhängigkeit der Zahnzahl. Weiterhin, welche Zahngröße in Punkto Reibungsverlust am optimalsten ist. Sind Hohltriebe deutlich schlechter als gefräste Triebe? Denn die Herstellung eines Hohltriebes ist ja deutlich einfacher.
Leider steht soetwas in keinem Buch, was ich habe.

Viele Grüße
Richard

Je weniger Zähne das Trieb hat, desto mehr Gleitbewegung tritt zwischen den Zähnen auf, und desto ungleichmäßiger wird auch die Drehmomentenübertragung.
6 Zähne sind bei Zykloidenverzahnung ein absolutes Minimum und besser nur Paarungen zu verwenden, die nicht direkt im Zug liegen (z.B. beim Wechselrad). 7 oder besser 8 Zähne sind bei Großuhren häufig; bei höher belasteten Paarungen (Walzenrad) oder bei ausgesprochenen Präzisionsuhren gerne auch mehr (z.B. 12 Zähne).
Bei Großuhren sind Übersetzungen im Bereich zwischen 1:7,5 bis 1:12 die Regel. Warum willst Du unbedingt 1:24 in einer Stufe realisieren? Das gibt halt schon sehr große Räder.
Zwischen Sekunden- und Minutenrad braucht man eh eine 1:60-Übersetzung in zwei Stufen, sehr häufig findet man da die Kombination von 64/8 und 60/8 Zähnen.
Bei Wochenläufern treibt meist das Walzenrad direkt das Minutenrad, bei Monatsläufern ist da meist noch ein Zwischenrad dazwischen.

Moritz

Hallo Richard,

Die Zusammenhänge findest du z.B. in "Reutebuch - Der Uhrmacheer", "Julius Hanke - Die Uhrmacherlehre" und vielen anderen.

Normale Uhrwerke bestehen aus 2 Getriebestrecken. Die Hauptstrecke führt von Antrieb zur Hemmung. Bei der Auslegung sorgt man dafür, dass sich die Übersetzungszahlen so bei maximal 1:10 bewegen und eine Achse sich in einer Stunde dreht. Von dieser abgehend untersetzt ein Zeigergetriebe aus 4 Zahnrädern, mit Rutschkupplung um einfaches Einstellen der Uhrzeit zu ermöglichen, um 1:12 auf den Stundenzeiger. Diese 2 Zahnradpaare müssen gleichen Achsabstand haben. Dazu gibt es ein paar Zahnzahlen, die diese Forderung erfüllen.
Weiterhin sind zu berücksichtigen: Pendellänge, Laufdauer der Uhr, Sekundenzeiger (Echte Sekunden?), wenn ja, zentral und für Präzisionsuhren Zahnräder mit ungeraden Paarungen, um häufige Wiederholung von gleichen Eingriffen zu vermeiden.

Gruß Werner

Vielen Dank Moritz und Werner für die wirklich sehr hilfreichen Antworten.
Auch für die Buchtipps, die werde ich mir noch zulegen.
Ich dachte, dass man vor diesem Walzenrad, wenn es sich in 24 h einmal dreht ein Rad mit einer Rutschkupplung setzt, von dem dann z.b. die Nachtabschaltung des Schlagwerks abgegriffen werden kann. Allerdings werde ich dann wohl eher (wegen des sehr großen Durchmessers) ein Zwischenrad einplanen.
Die Uhr soll von einer sehr großen Unruhe als Hemmung gesteuert werden. Das wäre dann auch so ein Punkt, den ich in Büchern erst noch finden muss. Wie berechnet man z.B. von einer 20 cm großen Unruhe die Schwingungsdauer und welche Spiralfeder nimmt man da?
Nach meinem Empfinden liegt sie für eine Schwingung, also ein hin und zurück bei etwa 5 Sekunden. Ich würde das Hemmrad gerne mit einem Sekundenzeiger verbinden, der natürlich dann immer 2,5 sec Sprünge macht.

Hallo Richard!

Nicht böse sein, aber so ganz ausgegoren klingen deine Pläne nicht. Warum willst du das Werk derartig exotisch aufbauen?

Zitat von Graf von Falkenstein im Beitrag #4

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Ich dachte, dass man vor diesem Walzenrad, wenn es sich in 24 h einmal dreht ein Rad mit einer Rutschkupplung setzt, von dem dann z.b. die Nachtabschaltung des Schlagwerks abgegriffen werden kann.

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Zitat von Graf von Falkenstein im Beitrag #4

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Wie berechnet man z.B. von einer 20 cm großen Unruhe die Schwingungsdauer und welche Spiralfeder nimmt man da?

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Hallo Markus,
ich bin nicht böse, sondern freue mich über gute Tipps:-)
Ich dachte an Rollenlager, die nicht aus kompletten Rädern bestehen, sondern nur aus dem Kreissegment, was wirklich für die Unruhachse gebraucht wird. In der Skizze habe ich eines der Rollenlager mal skizziert. Um weitere Reibung einzusparen sollen die vier Rollenlager nicht Lager besitzen, sondern je zwei Blattfedern bekommen, wie bei der Pendelaufhängung. Diese Rollenlager sollen auch ein Gegengewicht bekommen, damit sie nicht nach unten wandern.
Gruß Richard
20210315_145727.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)

Puh, aufwändig. Die Blattfedern der Rollenlager wirken dann auch wieder auf die Unruhe und müssen bei der Berechnung der Spirale berücksichtigt werden, oder nicht?

Hast du eigentlich die Möglichkeiten das tatsächlich umzusetzen?

Und warum diese Konstruktion? Der einzige Grund der mir für diese Konstruktion einfällt ist ein optischer Effekt. Ein Plus an Ganggenauigkeit kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen.

Tja, das stimmt. Ich dachte mir halt, das wäre mal interessant, eine Wanduhr mit einer riesigen schönen Unruh. Aber der Aufwand wird enorm, vor allem muss ich mir noch eine Drehbank und Fräse besorgen.

Zitat von Graf von Falkenstein im Beitrag #8

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Tja, das stimmt. Ich dachte mir halt, das wäre mal interessant, eine Wanduhr mit einer riesigen schönen Unruh. Aber der Aufwand wird enorm, vor allem muss ich mir noch eine Drehbank und Fräse besorgen.

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Zitat von Graf von Falkenstein im Beitrag #6

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Ich dachte an Rollenlager, die nicht aus kompletten Rädern bestehen, sondern nur aus dem Kreissegment, was wirklich für die Unruhachse gebraucht wird. In der Skizze habe ich eines der Rollenlager mal skizziert. Um weitere Reibung einzusparen sollen die vier Rollenlager nicht Lager besitzen, sondern je zwei Blattfedern bekommen, wie bei der Pendelaufhängung. Diese Rollenlager sollen auch ein Gegengewicht bekommen, damit sie nicht nach unten wandern.

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........Fange doch erst einmal mit dem Warten bestehender Uhren an. Und dann mit dem Reparieren bestehender Uhren. Und wenn Du dann irgendwann gaaanz viel Zeit, Geld, Werkzeug und Geschicklichkeit hast, vielleicht mit dem (Nach)Bau einer halbwegs bewährten Konstruktion, bei der man weiß, dass sie nachher funktioniert. Und dann vielleicht.........

Ich glaube das ist das vernünftigste. Erst mal mit Wartungen anfangen, vielleicht auch mal Lager ersetzen. Geräte besorgen, z.B. Rolliergerät, Reibahlen und so weiter...
Dann vielleicht Umbauten bestehender Werke, wie oben beschrieben und wenn das alles klappt, kann man sich mal an die erste Uhr ran wagen
Viele Grüße
Richard

Das geplante Projekt ist interessant, doch als Einsteigervariante halte ich das als reichlich gewagt. Ich habe auch erst an alten Uhren gebastelt, bevor ich mich an mein Eigenbauprojekt getraut habe, das "NUR" eine normale PPU sein soll. Schon dabei haben sich ausreichend viele Probleme aus Unkenntnis und zu ungeeigneter Technik gezeigt.

Die Lagerung der Unruh auf Bogenelementen ist schon möglich. Auf jeder Seite der Unruh müssten es aber zwei sein, die zueinander im Winkel von etwa 60 Grad stehen. So erhält die Achse einen definierten Drehpunkt.
Ich glaube mich zu erinnern, dass jemand hier im Forum eine solche Lagerung bei seiner Uhr schon vorgestellt hat.

Welche Feder für die Unruh benötigt wird, hängt sowohl von der Steifigkeit der Feder als auch vom Trägheitsmoment der Unruh ab. Theoretisch kann man das ja berechnen, doch ich vermute, man wird dazu geeignete Kombinationen aus Versuchen ermitteln müssen.


Roland

Wenn Dich die Sehnsucht nach einem Spaziergang auf dem Mond fasziniert, musst Du zuerst lernen, wie man eine Rakete baut und danach, wie man diese Rakete auf dem richtigen Weg bis zum Mond steuert.




LG Ralf

Hallo Richard,

Neben dem Tipp von Matthias hätte ich neben dem Literaturstudium folgende Anregung. Der anspruchsvollste Teil der Uhr ist die Hemmung. Korrekte Fertigung von Zahnrädern mit Pseudozykloidenverzahnung erfordert zwar hohen Aufwand an Werkzeugen (Drehbank, Teilkreise, Fräse, Satz Fräser, da kommen schnell mehrere 1000€ zusammen), ist aber mit einiger Übung machbar. Die Hemmung erfordert weniger Spezialwerkzeug, aber viel Fachwissen.
So könntest du mit gekauften Zahnrädern mit Evolventenverzahnung anfangen (Muss ja nicht gleich ein Monatsläufer werden) und z.B. einen Stiftengang fertigen. Ist heute sehr selten und ansehnlich. Genaue Konstruktionsanweisung findet sich in Claudius Saunier - Lehrbuch der Uhrmacherei, Band 2 sowie dem zugehörigen Atlas. Auch in Dietzschold, Hemmung der Uhren.
Weitere Tipp sind z.B. Bausätze aus Holz (Billig bei Amazon) sowie Bausätze und Bauanleitungen für unterschiedliche Uhren aus Holz mit teilweise Exotischen Hemmungen im Web.
Denn ein weiterer Punkt ist das Material, Messing ist nicht einfach zu bekommen und nicht billig. Ein paar 4mm Sperrholzplatten zu zersägen kratzt dagegen nicht.
Denn zur Uhrmacherei brauchst du vor allen Dingen Geduld und Sauberes Arbeiten. Was nicht 100% ist, muss in den Müll.
Gruß Werner

Hallo zusammen,
ja, der einzig sinvolle Weg ist wirklich erst mal mit ausgeschlachteten Uhrwerken anzufangen und einfache funktionierende Werke zu basteln. Wenn ich so weit bin, habe ich schon viel erreicht. Das Werkzeug ist auch sehr teuer und ich könnte es mir nur nach und nach leisten. Die Drehbank mit Teilapparat wird extrem die Kasse belasten. Ich habe jetzt erst mal die Standuhr komplett zerlegt und gereinigt und wieder zum Laufen gebracht. Ich setzt mal Bilder rein. Das Werk war sehr überschaubar aber der verknotete Draht hat mich zur Weißglut gebracht.
Danke für die Buchtipps, davon kann ich nicht genug bekommen. Mich interessiert sehr die Grashüpferhemmung, weil sie so leise ist und auch praktisch keine Reibungsverluste hat. Soetwas würe ich gerne mal versuchen zu bauen.
Viele Grüße
Richard