Schon mehrfach habe ich folgenden Phänomen beobachtet:
Bei der Revision von Regulatoren mit Graham-Hemmung pflege ich das Steigrad und die Ankerpaletten zu epilamisieren. Danach lasse ich die Hemmung einen Tag lang trocken laufen, um das Epilam an den Berührstellen abzutragen, bevor ich die Hemmung dort öle.
Zu Beginn läuft die Uhr mit sehr großer Amplitude bzw. bedarf nur eines sehr leichten Antriebsgewichts, wenn ich dieses ermitteln will. Nach einigen Stunden bleibt sie dann typischerweise stehen. Nach dem Ölen der Hemmung läuft sie dann zwar wieder, aber nie mehr wieder mit solch einem leichten Gewicht wie zu Beginn frisch epilamisiert.
Offenbar ist das Epilam (ein Fluor-basierter Kunststoff) eine bessere Schmierung, bzw. hat einen geringeren Reibwert als nachher die geölte Stahlpalette. Warum, frage ich mich dann immer, verwendet man dann nicht grundsätzlich PTFE für die Hemmung?
Kennt Ihr ebenfalls diese Beobachtung? Vage erinnere ich auch, dass es mal von einem deutschen Hersteller (AMS?) versuchsweise eine Brocot-Hemmung mit Teflonpaletten gab.
Offenbar ist das Epilam (ein Fluor-basierter Kunststoff) eine bessere Schmierung, bzw. hat einen geringeren Reibwert als nachher die geölte Stahlpalette. Warum, frage ich mich dann immer, verwendet man dann nicht grundsätzlich PTFE für die Hemmung?
Ich beschäftige mich beruflich mit PTFE im Bereich der Dichtungstechnik. PTFE ist sehr weich und fliesst unter Last weg (kriecht). Dort wo das Steigrad aufschlägt wird bald eine Mulde sein. Ev. wäre ein PEEK-Compound besser, daraus könnt man leicht mal formstabile Ankerpaletten drehen.
Zum Öl: Ich könnte mir vorstellen, dass durch die viskose Scherreibung im Ölfilm mehr Kraft notwenig ist als beim noch funktionierenden Trockenschmierfilm aus Epilam, daher die höhere Reibung.
Zitat von Bierjunge im Beitrag #1Zu Beginn läuft die Uhr mit sehr großer Amplitude .... Nach einigen Stunden bleibt sie dann typischerweise stehen..... Warum, frage ich mich dann immer, verwendet man dann nicht grundsätzlich PTFE für die Hemmung?
Vielleicht, weil nicht besonders reibungsarmer, sondern besonders verschleissarmer und gleichbleibender Lauf über Zeit und Temperatur sinnvoll ist.
. Viele Grüße von Coloman, der natürlich nicht ich ist.
Zitat von mikromeister im Beitrag #3Vielleicht, weil nicht besonders reibungsarmer, sondern besonders verschleissarmer und gleichbleibender Lauf über Zeit und Temperatur sinnvoll ist.
Was die Verschleißarmut betrifft, gehe ich mit Dir konform. Hier punkten zumindest Rubinpaletten.
Ich stimme jedoch nicht beim gleichbleibenden Lauf zu: Die erforderliche Anwesenheit eines Öls, das chemisch altert, mit der Temperatur seine Viskosität ändert, verharzt, Dreck aufnimmt oder einfach wegläuft, ist doch gerade nicht, was man sich unter "gleichbleibendem Lauf über Zeit und Temperatur" vorstellt (*). In Bezug auf Langzeitstabilität sähe ich eine trockene Reibung im Vorteil.
Moritz
*) Deswegen doch z.B. Harrsions geradezu verzweifelte Anstrengungen, das Öl im Uhrwerk loszuwerden (Pockholz, anti-friction wheels, grasshopper).
Dein Epilam ist ja offensichtlich nicht besonders Langzeitstabil und auch reine Festkörperreibung ist nicht ohne Verschleiß und damit Änderung. Trocken laufende Kunststoffpaletten gibt es, aber z.B. wegen des Temperaturverhaltens eher in Billigwerken. Das scheint also auch nicht der Weisheit letzter Schluss. Öl muss wohl ein guter bewährter Kompromiss sein und seit den Zeiten des harrisonschen Hammelklauenöls hat sich die Langzeitstabilität von Schmierstoffen ja auch deutlich verbessert.
. Viele Grüße von Coloman, der natürlich nicht ich ist.
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27.02.2021 22:00
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