Hallo zusammen,

in meinen Federkovoluten finden sich recht seltene, aber alte Federgrößen.
Zum Beispiel solche Roskopffedern, noch original im Cellophan verpackt. Das kartonierte Bild in der Verpackung trägt die Überschrift "Freigegeben durch Reichsluftfahrtministerium". Somit ca. 80 Jahre alt.

2085_Federn.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)

Sind solche Federn noch brauchbar, oder ermüdet der Federstahl im Laufe der Zeit, auch ohne Betätigung ?
Würdet Ihr solche Federn noch einbauen, oder sind das schon museale Gegenstände?


Vielen Dank für Eure Einschätzung!

Matthias

Meine unbedeutende Meinung: ich hatte letzthin ein solches Briefchen mit Ersatzfedern freudestrahlend gefunden, nur um festezustellen, dass ALLE Federn nach dem zweiten Mal Aufziehen gebrochen sind (meist am Federzaum) - habe alle in der selben Uhr nacheinander verbaut. Soll nix heißen, aber recht vertrauenserweckend sind diese alten Schätze bei mir nicht... gab auch schon andre Federn, die in der Mitte gebrochen sind, nachdem die einmal aufgezogen wurde.

Die Frage finde ich als Uhrmacher- Laie sehr interessant! Ich ging immer davon aus, dass Federn die vor dem zweiten Weltkrieg aus Kohlenstoffstahl produziert wurden grundsätzlich Probleme hatten hinsichtlich Bruch unter Last. Nach dem zweiten Weltkrieg produzierte man doch die unzerbrechlichen "Nivaflex"- Federn.

Grüße

Michael

Ich hatte vor Jahren einen Posten Zugfedern, noch Original verpackt, für alle alten Junghans - Kaliber erworben. Bei Nutzung brachen die Federn bereits beim einsetzen ins Federhaus. Weitere konnte man mit den Fingern in Stücke zerlegen. Das Konvolut war komplett unbrauchbar.
Dies würde ich aber nicht generell annehmen wollen, da ich auch schon oft alte Federn verbaut habe, die einwandfrei waren. Rein äußerlich sahen die Federn fast gleich aus. Wieso man nun die einen Federn aus Vorkriegszeit zerbröseln kann und andere noch einwandfrei sind, kann ich nicht sagen.
Man weiß nicht wie im Detail diese alten Federn gefertigt wurden und was im Laufe der Jahrzehnte damit alles passiert ist.

Hallo zusammen,

danke für Eure Einschätzungen. Viele der Federn habe ich noch nicht verbaut, Federbruch war auch noch nicht dabei.
Ich hatte aber das subjektive Gefühl, daß die Federn an Federkraft bzw. Spannkraft verloren haben.


Viele Grüße!

Matthias

Hallo Matthias

Ich habe vor etlichen Jahren auch mal ein Konvolut dieser alten blauen ZF erworben.

Nach dem Öffnen der ersten Papiertütchen stellte sich heraus, dass ein Teil dieser Zugfedern sich bereits im „New Old Stock“ - Zustand ohne je in den Einsatz zu gelangen, selbst zerlegt hatten. Die Papiertütchen enthielten also Federn in kleinen Teilen. Ebenso durfte ich die Erfahrung machen, dass die „alten Blauen“ kurz nach dem Einbau den Weg des „ich teile mich jetzt mal“ gingen.

Seither bin ich gegenüber den „alten Blauen“ sehr skeptisch und vermeide es, sie zu verwenden.

Gruss Ralf

So lange ich noch blaue ZF in passender Größe habe, baue ich keine moderne Feder in eine alte Uhr.
Ich kenne auch diese Federn, die sich allein durch Lagerung zerlegen. Weshalb es bei einigen passiert und bei vielen anderen nicht, weiß ich nicht. Natürlich sind mir die scheinbar intakten ZF aus einer Packung in der auch defekte sind suspekt. Ich habe aber festgestellt, dass diese sich spätestens beim Einwinden und nicht erst später zerlegen. Deshalb öffne ich die alten Federn auch dann, wenn ich sie nur Eindrücken könnte. Außerdem gehen sie geöffnet erst mit durch die Reinigung. Federn die weder beim Entspannen noch beim späteren Einwinden gebrochen sind, haben dann später auch immer gehalten.
Und auch an dieser Stelle wieder mein Hinweis, dass diese Federn nicht ins US-Bad gehören. Ich kann es wissenschaftlich nicht begründen, kenne aber die Folgen aus der früheren Praxis. Auch diese Federn hatten nach dem Bad das Bedürfnis sich in viele kurze Stücke zu teilen.

Hallo

Da diese Federn permanent unter Spannung stehen, ist davon auszugehen, das sie an Qualität verloren haben.
Die Entropie mach auch vor Federn nicht halt.

Gruß hermann

Hallo Ralf, Fritz und Hermann,

danke auch Euch für Eure Meinungen und Einschätzungen.
Schade trotzdem, daß es dann wohl mit vielen der Federn Probleme geben kann.
Aus einem echten Nachlass, den ein befreundeter Großuhrmacher erhalten hat, habe ich eine ganze Kiste dieser "blauen" Federn erhalten.
Das wäre ein mehr als "lebenslanger" Zugfedernvorrat gewesen.

2086_Federn.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)

Viele Grüße!

Matthias

Ich bin ja kein Fachmann in Materialkunde, aber ich habe es nie begriffen wie man die Federn unter Spannung lagern kann. Sicher sind sie bequemer zum Einbauen und nehmen beim Lagern weniger Platz ein.

Aber mir wurde immer beigebracht, dass Uhren immer entspannt versorgt werden. Bei normalen Uhren weniger ein Problem, die laufen irgendwann aus. Aber Stoppuhren mussten vor dem Versorgen immer gestartet werden.

Zitat von jeannie im Beitrag #10

---

Ich bin ja kein Fachmann in Materialkunde, aber ich habe es nie begriffen wie man die Federn unter Spannung lagern kann. Sicher sind sie bequemer zum Einbauen und nehmen beim Lagern weniger Platz ein.

---

Vielleicht weil die Federn "komplett entspannt" gelagert keine so gravierende Alterung erfahren, als wenn sie (wie in einer abgelaufenen Uhr) dennoch mit Spannung gelagert werden? Unterschied von komplett entspannt zu abgelaufen ist nicht viel anders als komplett entspannt zu aufgezogen.

@Alberich:
ich hab auch so eine Kiste - die Federn rechts und links unten im Eck sind bei mir die besseren, der Rest in den Papiertüten (trotz Ölpapierverpackung) ist leider oft hinüber :(

Geben es Erfahrungen über das Verhalten im eingebauten Zustand im Vergleich zur Aufbewahrung in Originalverpackung?
Ich vermute das Innere einer Uhr ist vor Feuchtigkeit über lange Zeit hinweg geschützt. Wenn es nur am Material liegt, müßten eingebaute Federn genauso stark von Bruch und Zerbröseln betroffen sein. Die Papiertüten sind über 50 und 100 Jahren schwankender Luftfeuchtigkeit ausgesetzt, da könnte sich bei dem alten Kohlenstoffstahl in Haarrissen schon Korrosion bilden. Die neuen Federn bestehen ja größtenteils aus Chrom und anderen Legierungsmetallen und rosten meines Wissens nicht.

Hm, da kann ich als Komplettlaie nur trotzdem Folgendes einwerfen: während die Federn in Ölpapier in der Überverpackung in einer Kiste/Schublade in einem Kasten in einem Raum/Werkstatt in einem Haus mit halbwegs gleichmäßiger Temperatur/Feuchtigkeit oft über Jahrzehnte gelagert werden, so ändert sich, wenn die Lagerung nicht zufällig in feuchten Kellern oder frostigen Garagen erfolgt, deren Umgebung doch kaum im Vergleich zum Aufenthalt in einer Armbanduhr, die extremer Hitze (Sonneneinstrahlung), sowie Kälte, ggf Feuchte (Schwitzen) und naturgemäß gravierenden, schnellen Schwankungen (mehrmals pro Woche/Tag, zB von der Kälte draußen in die Wärme) dieser Zustände ausgesetzt ist.

Zitat von Fritz im Beitrag #11

---

Das verstehe ich nun wieder nicht, denn sie werden ja in genau dem Spannungszustand gelagert, in dem sie im eingebauten Zustand sind, wenn das Werk abgelaufen ist. Wenn das den Federn schaden sollte, weshalb bauen wir sie dann überhaupt ein.

---