Hier ein Kauf unlängst, der mir, denke ich, viel Freude bereiten wird. Der Kaufzustand wirklich "horrible", wie ich nach Erhalt feststellen konnte. Noch nie habe ich eine solche "Patina" erlebt. Was in den Verkäuferphotos für mich als Optimisten wie dicker Dreck aussah, entpuppte sich als massive Oxidationsschicht auf Messing. Sowas habe ich bei noch keiner Uhr erlebt, auch wenn sie 200+, bis zu ca. 300, Jahre alt ist. Hier ein paar "vorher"-Fotos:

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Interessant machen die Uhr zwei Merkmale, einmal eine "silent" Graham Hemmung und einmal eine Reguliervorrichtung für die effektive Pendellänge mit Hebel und Steuerscheibe. Bei der "silent" Hemmung handelt es sich um einen Doppelanker, wobei zwischen den beiden jeweiligen Ankerarmen Darmseiten gespannt sind. Anstelle von normalen Ankerpaletten wirken diese Darmseiten als Paletten und bewirken dass die Hemmung praktisch lautlos arbeitet. Ich habe eine Uhr mit rückführender Ankerhemmung, welche auch solche Darmpaletten besitzt, und kann daher aus eigener Kenntnis bestätigen, dass man in ca. 1 m Entfernung in der Tat nichts hören kann. Als Graham Hemmung ist mir diese Variante noch nie unter gekommen. Wie lange solche Darmpaletten halten, mag eine andere Frage sein, und letztlich auch der Grund, warumsich das nicht durchgesetzt hat. Vermutlich müssen die alle paar Jahre erneuert werden. Die Reguliervorrichtung erlaubt ein Regulieren von der Ziffernblattseite mit einem kleinen Schlüssel. Das Pendel muss daher nur einmal, beim Aufstellen der Uhr, grob eingestellt werden.

Die Reinigung erfolgte zunächst mit mehrtägigem "Einweichen" in Aceton und Abbürsten mit einem Aceton-beständigen Pinsel. Effekt nahe null, außer wohl etwas Fett und/oder Öl, was abgekommen ist. Für den Fall, dass ein Zaponlack angebracht ist, hatte ich gehofft, dass dieser wenigstens aufgeweicht wird.

Die Platinen habe ich mit einem "Metal Restorer" aus dem Kfz-Bereich stundenlang poliert, bis die ursprüngliche Messingoberfläche zu Tage trat. Diese hat eine interessant Struktur, nämlich "wolkig". Danach mit Handwaschpaste (auf Basis Holzmehl) mit einer Bürste unter viel warmem Wasser gespült. Bei den Rädern habe ich es mir einfacher gemacht, zunächst mit einer Messingbürste (Dremel) lose Oberflächenbeläge entfernt, dann mit 1200er Schleifpapier, mit Öl benetzt, geschliffen und schließlich poliert. Stahlschrauben nur mit der Messingbürste und dann auf Hochglanz poliert.

Nach rund 15 Stunden am letzten WE waren die Platinen mit allen zwischen den Platinen angeordneten Teilen wieder zusammen, hier ein paar Fotos. In einem sind zwei Räder gezeigt, einmal im "Fundzustand" einmal bearbeitet. Wird wohl. Das Darmseitenmaterial ist schon auf dem Weg und dann kommt auch noch die Peripherie, einschließlich Pendel dran, dann läuft die Uhr wieder.

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Fortsetzung folgt

P.S.: Falls wer das eBay Angebot beobachtet hatte, die Uhr gabs für 1/5 des aufgerufenen Preises, was sie aber - nüchtern betrachtet - auch nur wegen der Hemmung überhaupt wert war.

Noch nie was gehört von so ner Hemung, tolles Teil!

Hallo Bernhard,
wie schafft man die nötige Spannung auf die Darmsaiten, ist zumindest ein Ankerteil verschiebbar auf der Ankerwelle?
Werden die beiden Ankerteile auf Spannung gekeilt oder wie funktioniert das?

Gruß Volker

P.S.:
Nochmal genauer hingesehen und ich vermute, dass der Anker nicht zwei-, sondern dreiteilig und Teil 1 eine Feder ist.
Damit wäre die Spannungsfrage geklärt.

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Hi Volker,

richtig gesehen, Adlerauge. In dem Foto der Hemmung ist links eine Blattfeder neben dem Doppelanker zu sehen, diese ist wie der dahinter liegende Anker geformt und so vorgespannt, dass die Enden abstehen, wenn die Feder bei der Ankerwelle an den Anker angeschraubt wird. Die Montage der Darmseite erfolgt so, dass bei abgeschraubter Blattfeder die Darmseiten durch alle 3 bzw 6 Löcher gefädelt, möglich stramm verknotet werden, und dann die Blattfeder angeschraubt wird. Dadurch spannen sich die Darmseiten, weil eine auch so hinreichend stramme Verknotung wird man ja kaum hinbekommen.

Echt pfiffig konstruiert, weil das ist ja bei diesen Silent Hemmungen das Hauptproblem. Etwas verbreiteter (wenn auch immer noch sehr selten) ist die "silent" Ausführung einer Spindelhemmung. Da sind die Spindellappen als kleine Gabeln ausgeführt, zwischen deren "Zinken" der Darm gespannt ist. Irgendeine Möglichkeit diese "Darmspindellappen" zu spannen gab es dabei nicht, jedenfalls habe ich sowas nocht nie gesehen oder darüber gelesen. Hier ein Bild einer solchen Spindelhemmung. Vermutlich kam es im Fall dieser Spindelhemmung nicht so darauf an, dass der Darm stramm sitzt, solange er fest geklammert ist.

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Beste Grüße, Bernhard

Hier bin ich noch die Fortsetzung schuldig. Das Werk ist mittlerweile fertig gestellt und läuft bestens (und wirklich leise). Ein wenig fummelig war das stramme Verknoten der Darm-Paletten. Die Pendelfeder ist noch provisorisch verstiftet, aber für einen Funktionstest reicht es. Die Pendelfeder ist aus Meterware eines Fühlerlehrenbandes für den Kfz Bereich geschnitten (geht schön mit einer Schere), hier in der Stärke 0.08 mm. Das Pendel hat sich erfreulicherweise als richtig erwiesen, die Uhr läuft nach dem Regulieren auch sehr genau. Das Ziffernblatt habe ich sehr behutsam einer Reinigung unterzogen. Es sieht schon viel besser als vorher aus. Von einer Neuversilberung werde ich absehen, die Uhr hat "gelebt" und darf dies auch in moderater Weise zeigen.

Demnächst steht dann noch das Gehäuse an. Die Lunette wurde schon poliert, jetzt sind noch einige wenige Arbeiten am Holz nötig.

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Ich denke ich werde auch noch ein unten (für das Pendel) offenes Gehäuse aus Messing anfertigen, das sich auf das Werk aufklipsen läßt (also ohne irgendwelche Löcher irgendwohin zu bohren). Mit umlaufender Dichtlippe zum Holzgehäuse. So ist dann auch ein brauchbarer Staubschutz gegeben. Und die Uhr kann dann auch frei stehen, sofern das Pendel Platz zum Schwingen hat.

Die Metallflächen habe ich übrigen mit einem feinen Film Renaissence Wachs konserviert.

Ganz toll gemacht! Danke für die Präsentation.

lg Christian

Zitat von steffl62 im Beitrag #7

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Ganz toll gemacht! Danke für die Präsentation.

lg Christian

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Hier das fertige Ergebnis. Die PC Staubschutzhaube bekommt vielleicht noch im oberen Bereich eine einfach aufgesetzte und leicht abnehmbare Verblendung aus dunkel gebeitztem Sperrholz. So kann man sich die ultrarare Grahamhemmung mit Darmpaletten ("silent") im Betrieb anschauen. Tisch und PC Material waren auch nicht teuer, so um die 130 € zusammen.

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Hallo Bernhard,
die ist ja wirklich schön geworden, tolle Lösung das mit dem Tisch! Für die Staubschutzhaube hätte ich allerdings ein alternative anzubieten.
Hier zwei Fotos wie das mit einem Stück gebogenem Plexiglas bei einer von unseren Uhren gelöst ist:
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Das Plexi ist auf einem dünnen 4-Kant Stahlrahmen verschraubt. So ist das Werk auch von allen Seiten gut einsehbar. In Deinem Fall kann man ja die rückseitige Holzplatte auch noch durch ein Stück Plexi ersetzten.

LG Christian

Soweit so gut, ein wenig Anreibeversilberung hätte dem Zentrum des ZB besser gestanden.

Hi Christian,

Genau sowas hatte mir eigentlich vorgeschwebt, sieht toll aus! Nur, ich habe Plexiglas noch nie gebogen. Und wollte wenigstens irgendwas als (transparentem) Staubschutz haben. Sofort, bislang hat ein aufgesetzter Pappkarton das Werk geschützt

Hast Du die selbst gefertigt? Wenn ja, wie? Eiofach nur warm machen und biegen geht vermutlich in die Hose. Zumindest eine Form braucht es vermutlich?

Beste Grüße, Bernhard

Zitat von Fritz im Beitrag #11

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Soweit so gut, ein wenig Anreibeversilberung hätte dem Zentrum des ZB besser gestanden.

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Ich meinte natürlich nur das Zentrum. Ich habe so etwas schon einmal gemacht und der optische Unterschied war erstaunlich. Natürlich erst einmal auf einem anderen Teil üben, aber es ist nicht schwierig und sieht später immer besser aus als die blankgewetzte Stelle.
Zum Abschluss empfiehlt sich etwas mikrokristallines Wachs, aber die Dose habe ich ja auf einem Deiner Fotos gesehen.

Zitat von Bernhard J im Beitrag #12

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Hi Christian,

Genau sowas hatte mir eigentlich vorgeschwebt, sieht toll aus! Nur, ich habe Plexiglas noch nie gebogen. Und wollte wenigstens irgendwas als (transparentem) Staubschutz haben. Sofort, bislang hat ein aufgesetzter Pappkarton das Werk geschützt

Hast Du die selbst gefertigt? Wenn ja, wie? Eiofach nur warm machen und biegen geht vermutlich in die Hose. Zumindest eine Form braucht es vermutlich?

Beste Grüße, Bernhard

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