Und hier sozusagen die Antithese zu englischer Qualitätsarbeit (siehe Thread zur "Robert Knox", den ich versehentlich bei Wanduhren gepostet hatte). Die Uhr hat ein für Mora Uhren untypisches konisches Gehäuse. Als Besonderheit Datum und Wochentag aus der Mitte. So etwas hatte ich bei diesem Uhrentyp noch nie gesehen, weshalb ich sie erst recht haben mußte.
Wo man angesichts der Indikationen ein qualitativ guten Werk vermuten würde, dennoch die typische Mora "Klempnerarbeit". Erworben für einen kleineren 3-stelligen Betrag. Das Werk total versifft, das Schlagwerk durchlaufend, weil der Schöpfer fehlte, die Datums- und Wochentagsanzeigen nicht richtig schaltend.
Da gabs dann einiges zu tun. Hier ein paar Fotos von "Fundzustand". Die Schrauben im Ziffernblatt sind übrigens original so, es wird nicht etwa am Werk angeschraubt, sondern am Tragbrett, auf dem das Werk befestigt ist.
Man erkennt, dass der Schöpfer weg ist. Ich hatte im Uhrenkasten sicherheitshalber gesucht, hätte ja sein können, dass der nur herunter gefallen ist, leider erfolglos.
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Man beachte die gegossenen Räder, wo nicht nur der Guss mies ist, sie wurden auch nicht ansatzweise ausgeputzt. Hab ich so gelassen, ist schließlich so original.
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Nach dem Zerlegen, Reinigen, Justieren, Zusammenbau und Ölen habe ich dann den Schöpfer aus dem Vollen gefeilt, solange bis er funktionierte. Das Viereckloch ist mit einer Diamant-Vierkantnadelfeile (2 mm) ausgearbeitet. Das "Finish" ist nur wenige besser als der Rest des Werkes.
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Noch ein bissl schöner gemacht, und funktioniert!
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Jetzt sieht sie zwar nicht anders aus, als in dem ersten Foto, aber alles funktioniert, einschließlich der Datums- und Wochentagsschaltung.
Ein Detail, das Flügelrad des Schlagwerkes wird von einem Wurmgetriebe angetrieben (hier im noch ungereinigten Werk zu erkennen).
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Ich hatte diesen Eingriff, wie bei Eingriffen üblich, nicht geölt. Fehler. Das Schlagwerk lief nur äußerst mühsam und extrem langsam ab. Ich hatte zunächst gedacht ich hätte irgendwas falsch gemacht. Auf Verdacht einen Tropfen Öl auf das Zahnrad des Wurmgetriebes und, oh Wunder, plötzlich lief es perfekt ab.
Hallo Bernhard, Ein durch Indikation und Wurmtrieb interessantes Werk. Glückwunsch. "Klempnerarbeit" finde ich jetzt etwas despektierlich. Man sollte auch die Situation und wahrscheinlich beschränkten Möglichkeiten in Skandinavien von 150-200 Jahren berücksichtigen. Insofern war auch dieser Uhrmacher ein Meister, genauso wie die Uhrmacher des Schwarzwaldes, die komplizierte Mechanismen mit teilweise primitiven Mitteln realisierten. Viel Freude an der schönen Uhr. Gruß Werner
es waren halt Gebrauchsuhren ohne hohe Qualitätsansprüche und zu günstigen damaligen Neupreisen. Oft wurden die Uhren auch sozusagen als Freizeitbeschäftigung (Nebenerwerb) hergestellt, von Menschen, das sich das mehr oder weniger autodidaktisch angeeignet hatten (zugucken + nachmachen).
Auch in Skandinavien gab es um 1800 und auch früher durchaus die Möglichkeiten beispielsweise Kloben nicht nur so primitiv, nämlich aus gebogenem Eisenblech und auch noch ohne Passstifte, zu fertigen. Ohne dass es despektierlich sein soll (schließlich habe ich die Uhr gekauft, fehlerfrei gangbar gemacht und habe meine Freude daran!), es ist einfach - nüchtern betrachtet - billig konstruiert und gebaut worden. Allein schon an dem fehlenden Verputzen der gegossenen Räder ersichtlich. Und diese Bauweise stellt einen heutzutage deshalb vor deutlich höhere Anforderungen bei Wartung und Reparatur, als beispielsweise ein englisches Qualitätswerk aus der gleichen Zeit, letzteres kann jeder Hobbyist mühelos warten.
Umso erstaunlicher, wenn auch solche Werke die Jahrhunderte überlebt haben und auch funktionsfähig sind bzw. reparierbar. Die Erwartungen an die Gebrauchsdauer dürften damals kaum höher als vielleicht 50 Jahre, wenn überhaupt, gewesen sein. Und sollten zudem quasi von jedem Menschen reparierbar sein, der etwas mit Metallbearbeitung zu tun hat, also ebenfalls möglichst preiswert.
Ansonsten, auch bei Schwarzwalduhren und Mora gibt es bei fundamental gleichen Konstruktionsprinzipien sehr unterschiedliche Qualitäten der Ausführung. Bei Taschenuhren, beispielswiese, gibt es ja auch solche und solcher mit Stiftenhemmung. Niemand würde ein sehr frühe Lange mit einer Dollar Watch gleich setzen wollen. Meine Mora, bei aller Liebe und Zuwendung, die ich ihr gegeben habe, ist von der Qualität des Werkes - milde gesagt - nicht allererste Sahne ... . Aber wie gesagt, ich habe Freude daran, möglicherweise, weil es so fummelig war, bis alles funktionierte. Die meisten Leute, die sich so etwas kaufen, sehen so ein Stück ja eher als "Möbel", also ohne Ansprüche an Funktionalität.
Beste Grüße, Bernhard
P.S.: Wäre ich professioneller Uhrmacher/Restaurator, mit den üblichen Gewährleistungspflichten, ich hätte die Wartung und Reparatur dieses Werkes vermutlich abgelehnt....
31.03.2023 18:04 (zuletzt bearbeitet: 31.03.2023 18:57)
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. Aber wie gesagt, ich habe Freude daran, möglicherweise, weil es so fummelig war, bis alles funktionierte. Die meisten Leute, die sich so etwas kaufen, sehen so ein Stück ja eher als "Möbel", also ohne Ansprüche an Funktionalität.