Standuhren will meist niemand haben. Keine Ahnung warum. Die hier habe ich für einen dreistelligen Betrag, einschließlich persönlicher Anlieferung aus Süddeutschland bekommen.
Sie ist in mehrerlei Hinsicht ungewöhnlich. Nach "Lehrbuchmeinung" sind schottische Uhren mit runden Ziffernblättern in die Zeit um 1820 zu verorten. Diese hier ist dagegen sicher auf ca. 1765 zu datieren. Daneben ist bemerkenswert, dass sie Zentralsekunde hat. Ein für Uhren von der Insel des 18. Jahrhunderts sehr rares Merkmal. Die Gravuren des Ziffernblattes in selten gesehener bester Ausführung.
Die Uhr ist bemerkenswert original, einschließlich des Gehäuses. Nicht original war nur das 24 h Rad, es hatte eine falsche Zahnzahl, d.h. das Datum wechselte nicht alle 24 h, sondern etwa alle 22,5 h. Wie kann das sein? Aus mir nicht ersichtlichen Gründen ist die Datumsfunktion bei alten Uhren oft deaktiviert worden, und zwar schon vor langer Zeit. Später hat man dann die Funktion wieder aktiveren wollen. Hier hatte man wohl das originale 24 h Rad entfernt und verworfen. Später hat man das zu ergänzen gesucht, ein Rad aus einer anderen Uhr mit richtigen Dimensionen auch gefunden, dummerweise nur mit 56 anstatt mit 60 Zähnen.
Die Aufzugslöcher im Ziffernblatt sind durch Gravurmuster hindurch gebohrt. Das wird gerne als Hinweis genommen, dass das Ziffernblatt original zu einem 30 h Werk gehört und nicht zu einem 8 Tage Werk. Weil beim 8 Tage Werk um die Löcher herum graviert worden sei. Von dier "Regel" gibt es jedoch gar nicht so selten Ausnahmen, dies ist eine. Die Frage, ob zunächst gebohrt und dann graviert wurde, oder umgekehrt, bestimmt die Ausführung. Analysiert man Rückseite des Blattes, dessen Füße und die vordere Platine, so ist klar, dass das Blatt zu genau diesem Werk gehört.
Bei der Uhr bzw. dem Werk stand natürlich ein Service an, in dessen Zuge wurde ein richtiges 24 Rad angefertigt und eingebaut. Zum Service auch ein paar Bilder. Zwei der Bilder zeigen etwas, was vermutlich weniger bekannt ist, die Löcher für konische Stifte sind oft selbst konisch. Es ist also nicht egal von welcher Seite ein Stift eingeführt wird.
Eine sehr schöne Uhr, gefällt mir. Die Ausführung ist so massiv, das hat man später so nicht mehr gebaut. Tolles Teil. Was mich immer verwirrt, ist, dass der Sekundenzeiger einen Pilgerschritt macht. Klar, rückführende Ankerhemmung, die man schon von vorne sehen kann. Frank
Zitat von mikromeister im Beitrag #3Sieht das nur so aus oder ist das Zifferblatt geätzt? War das zu der Zeit eine gängige Technik? Ich denke schon oder?
Hast Du die Zahnräder trowalisiert? Die sehen zumindest auf dem Foto so sehr frisch aus.
Nein, das Ziffernblatt ist handgraviert und dann mit Wachs gefüllt. Danach erfolgte optional eine Versilberung, bei diesem Ziffernblatt bin ich mir nicht sicher, ob das jemals versilbert war. Graveure waren damals echte Künstler. Die gibt es übrigens auch heute noch vereinzelt. Anbei ein Foto der Arbeit eines Handgraveurs für mich, links ist die von ihm gravierte Kopie des originalen Motivs, rechts. Einen Link zu seiner Website stelle ich auch ein, falls das nicht erlaubt ist, bitte den Link entfernen. Hier der Link: https://www.handgravuren-storch.de/
Die Zahnräder habe ich nur in Waschbenzin gereinigt und dann unter warmem Wasser mit Kfz-Handwaschpaste (auf Basis Holzmehl) und Büste gewaschen. Nur mit Benzin bleibt beim Trocknen gerne ein weißer Belag, das Putzen mit der Handwaschpaste (und natürlich gründlichem Spülen) verhindert das. Im Prinzip waren die also so "frisch", der Reinigungsaufwand minimal.
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31.03.2023 11:29
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