Ich habe unter anderem (davon ein ander mal mehr…) eine kleine (H 24,5 x B 24,3 x T 14,2 cm), recht guterhaltene Comtoise ergattert.

Das Pendel ist vorne. Zweiteilig geprägtes Zierblech … Türen ohne Relief, Hinterwand nicht angeschraubt, sondern mit zwei eisernen Steckstiften festgeklemmt.
Pendel fehlt (das heisst ein falsches schweres Rechenpendel war dabei). Gewichte dabei.
Stundenzeiger zu ergänzen und ein paar kleine Retouchen am Zifferblatt zu machen.

00 frontonIMG_3290.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)

01 cage IMG_3250.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)

00a aiguilles IMG_3245.jpg - Bild entfernt (keine Rechte) 01a fixation back P1140344.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)

Interessant wird es im Inneren:
Die Pfeilerfüsse sind nicht eingeschnitten und zwei rund gearbeitete Winkeleisen (equerres) halten Stundenrad und Chaussée (besser zusehen auf Hinteransicht). Der Halbstundenschlag wird hinten ausgelöst.

Der Rechen (crémaillère) gleitet nicht wie üblich senkrecht auf dem rechten Pfeiler, sondern ist im eisernen Kasten links verankert (Bogenrechen).
Auch das Schlagwerkgesperr (grande détente) ist nicht wie üblich oben sondern unten verankert.

Der Barillet / Aufzugsmechanismus hat noch einen Holzkern … (übrigens für das Uhrwerk mit 72 Zähnen, für des Schlagwerk mit 96 Zähnen).
Der Volant ist noch aus Eisen … und alle Räder sind ganz offensichtlich handgefertigt.

02a front P1140354.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)

02b back P1140355.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)

03 de?clenchement demie-heure P1140348.jpg - Bild entfernt (keine Rechte) 03a repe?res IMG_3270.jpg - Bild entfernt (keine Rechte) 03b grande de?tente pieds de biche IMG_3272.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)

IMG_3294.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)

Für eine Datierung sind das zum zum Teil widersprüchliche Angaben … aber es ist ganz deutlich, dass da nichts verbastelt wurde.
Ich würde die Uhr zwischen 1820 und 1840 ansiedeln !?

Mehr davon später … Mehrere Lager müssen ersetzt werden.


Andreas

Hallo Fugix,
grundsätzlich stimme ich dir zu bei deiner Vermutung 1820-40. Die geteilte Messingfront gab es bis um 1840, danach wurde es möglich große, also ganze Frontschilde zu pressen. Ich tendiere eher gegen 1820, 1810?, weil die Rückwand "nur" durch Stifte gehalten wird und ein fester (nicht angeschraubter) Kamin für die Fadenaufhängung vorhanden ist. Die Aufzugrollen aus Holz wurden bis Anfang 1800 verwendet, später bekamen die Holzrollen einen Messingmantel, um ab ca. 1820 dann aus Vollmessing gefertigt zu werden. Gewisse Übergangszeiträume gab es natürlich...

Ist es bei diesen Uhren üblich, dass der Halbstundenschlag direkt durch die Auslösung des Gehwerks erfolgt? Ich kenne mich bei diesen Uhren nicht so aus.

Frank

@ Henning (Norduhr) Vielen Dank !

Interessant, das mit dem festen Kamin wusste ich nicht.
Deine Einschätzung freut mich … ich wollte nur vorsichtig sein beim Datieren
Ich hatte erst vor 2 Wochen eine Comtoise mit Pendel hinten (und Bronze Hahn) zum Service und das Schlagwerk neu eingestellen müssen … dabei ist mir die Ähnlichkeit meiner kleinen Comtoise mit ihrer älteren Schwester aufgefallen.

@ Frank (1-2-3) Soweit ich das beurteilen kann, gibt es 2 Systeme: mit einem oder zwei Hämmer
- 1 Hammer : Auslösung durch Schlagwerk (cf. Bild 1 unten)
- 2 Hämmer : Halbstundenschlag ausgelöst durch Gehwerk (beide Hämmer hinten cf. Bilder oben Beitrag#1 … scheint aber selten zu sein) ; (Halbstunden Hammer vorne cf. Bilder 2 und 3 unten … das sieht man sehr oft)

Bild 1 125.jpg - Bild entfernt (keine Rechte) Bild 2 und 3 dispo declanchement sonnerie P1020007.jpg - Bild entfernt (keine Rechte) de?clanchement sonnerie.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)

Bei den frühen Comtoisen wurde der Halbstundenschlag "en passant" ausgelöst. Ein zweiter Hammer, von vorn gesehen links, ist auch zu finden wenn die Uhr über einen Wecker verfügt.

Detail zum Rechen / crémaillère …

Bei dieser Comtoise ist der Finger des Rechens welcher auf den Limaçon fällt 2-teilig ausgelegt und gefedert.

Die Federung ist nicht etwa um den Schlag auf die Schnecke abzudämpfen, sondern erlaubt es dem Uhrwerk weiter zu laufen auch wenn das Schlagwerk abgelaufen ist.
Wie auf dem zweiten Foto ersichtlich lässt so der Finger die abgeschrägte Schnecke vorbeigleiten ohne das Uhrwerk zu behindern …

IMG_3300.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)

IMG_3309.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)

@ Fugix (Andreas)
Bist du mit dem Bogenrechen weitergekommen? Wenn nicht schaue ich nochmal in meinem Comtoisearchiv und versuche dort etwas für dich auszubuddeln.

Hallo Norduhr (Henning),

Danke für die Nachfrage !

In Maitzner - Moreau « La comtoise, La morbier, La morez, son histoire, sa technique, ses particularités, ses complications, sa réparation » ; 5ème édition …

… steht auf Seite 105 zur Charakterisierung von Comtoisewerken : La sonnerie est à crémaillère droite ou exceptionnellement courbe (râteau) …

Und im Comtoise Archiv habe ich unter der Nr. 321 CUM ein praktisch identisches Uhrwerk gefunden : > hier <
Rechen sowie grosse und kleine « détente » sind gleich angeordnet ; auch der Limaçon befindet sich hinter dem Stundenrad … (schade dass das Archiv nicht mehr Bilder zu diesem Werk hat)

Im Moment läuft die Uhr im Keller im Atelier … aber zu schnell … ich habe das ca. 96 cm lange Faltpendel von meiner anderen Comtoise zum Test ausgeborgt. Über den Daumen geschätzt, sollte das Pendel ca. 20 cm länger sein. Das ist aber nicht ohne weiteres erhältlich. Vielleicht werde ich selbst ein Faltpendel fertigen müssen oder aber ein bestehendes verlängern.

Beim Hinhören stelle ich auch fest, dass wahrscheinlich ein oder zwei Zähne des Ankerrades eine ganz kleine (ohne Ausmessen nicht sichtbare) Unregelmässigkeit aufweisen. (hört sich etwa alle 30(31) Halbschläge…)

Inzwischen habe ich den Käfig mit Schwarz Wachs aufgefrischt …
IMG_3311_.jpg - Bild entfernt (keine Rechte) IMG_3315_.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)

Interessant aber wohl nicht selten : die Höhe des Ankerrades kann justiert werden …
IMG_3323.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)

Was auch noch ansteht ist das Auffrischen des Zierbleches …

O.K. gerne Andreas. Nachdem was du herausgefunden hast werde ich wohl nicht viel weiteres dazu betragen können. Zu deinem Problem des Pendels meine Frage: Wie viel zu schnell läuft das gute Stück denn? Wie schwer sind die Gewichte die du verwendet hast?
Vielleicht zunächst ein einfaches Birnenpendel verwenden, das zu testen allemal reichen sollte. Der Vorteil ist das es ja ohne großen Aufwand beliebig verlängerbar ist.
Nun zum Ankerrad >> Ich sage mal aus meiner Erfahrung mit diesen Uhren >> solche "Kleinigkeiten" kann man quasi vernachlässigen. Eine sonst vernünftig gelagerte, geölte, gut laufende Comtoise zermahlt Kieselsteine zu Staub...
Die Spindel war für gewöhnlich einstellbar, sogar noch bei den späteren (ab ca. 1860) mit Ankerhemmung war noch ein Einstellschräubchen vorgesehen.

Zu guter Letzt. Eine wirklich schöne Uhr, die es verdient restauriert zu werden, was man bei lange nicht allen Comtoisen sagen kann. Ich habe eine Hahnenuhr stehen, die quasi nur noch Schrottwert hat, oder bestenfalls als Teileträger dienen könnte.

Wie ich ja eingangs erwähnte (#1) … habe ich die halbe Schweiz für andere Uhren durchquert. Diese kleine Comtoise war « nur » eine Zugabe … deshalb mein Erstaunen und die Freude an all den Details.

Was die Länge des Pendel betrifft … ca. + 45 min/24h … damit wäre ich in der Nähe einer Comtoise des 18. Jh. Pendellänge über einem Meter.
Sobald ich die Zeit dazu finde werde ich mal alle Räder und Triebe durchzählen um die Frequenz zu errechnen … und dann Tabellen konsultieren.

Ich habe auch schon an ein Birnen Pendel gedacht.

Mehr davon später …

Zugaben sind so manches mal die interessantesten...Ich habe mal in meinem Fundus geschaut und ein 105 cm (!) langes Faltpendel gefunden. Bin gespannt auf deine "Durchzählergebnis".

Eine 18. Jh Comtoise welche ich vor drei Wochen überholt habe, hat eine Pendellänge von 152 cm, gemessen ab Kasten, da kommen noch etwa 24 cm dazu… insgesammt also 176 cm
Heute abend oder Morgen werde ich das für meine klären … Auf jeden Fall sind wir da deutlich unter der Sekunden Frequenz