Hallo.

Ich baue gerade an einem Taschenuhrgehäuse für ein besonderes Uhrwerk das mir am Herz liegt, bzw. das ich bei mir tragen können will um es ticken hören zu können. Chronometerhemmung. "Pivoted Detent". Hat halt einen besonderen Klang. Nur "Tick" statt "Tick Tack" oder in English wie George Daniels es auszudrücken pflegte ein "Tick Movement" (statt Tick Tock).

Das Gehäuse wird, wie ihr meinen anderen - noch offenen - Fragen vielleicht schon entnommen habt aus Bronze. Als Rohmaterial verwende ich Rohr passenden Durchmessers. Das Gehäuse bekommt einen gläsernen Staubschutzdeckel mit Löchern für Zeigerstellung und Aufzug mit Schlüssel und darüber einen geschlossenen Bodendeckel. Hier an der Stelle ist der Knackpunkt - einen geschlossenen Deckel aus Rohr herstellen geht nicht so gut. Ich habe darum einen verwaisten silbernen Taschenuhrdeckel hart eingelötet und dabei aus einem Mix aus Unerfahrenheit im Löten von Silberblech und Ungeschicklichkeit den Silbernen Deckel aus Versehen punktuell zu stark erhitzt. Hier die Ansicht nach dem Löten:



Durch das Glühen ist er an einer Stelle etwas eingesunken - ärgerlich. Das es mir nicht gelungen ist ihn auszubeulen, war guter Rat teuer und eine hässliche Fehlstelle sichtbar.



Ein Vereinskollege hat mich auf die Idee gebracht, den Deckel etwas weiter zu drücken, damit die Beule verschwindet. Das habe ich heute gemacht, denn Drücken wollte ich zwar einerseits vermeiden, andererseits aber ohnehin ausprobieren. Die Negativform habe ich mangels Lindenholz aus Fliederholz hergestellt. Eigentlich wollte ich mit MDF mein Glück probieren, habe jedoch keins bei mir gefunden. Den Flieder im Garten hatte ein Wind letztes Jahr dahingerafft und ich hatte die dickeren Holzteile letztlich kleingesägt, um sie dann im Ofen zu verheizen. Weil ich nichts besseres hatte, habe ich daraus



dann die Negativform gedreht und geschliffen:



Mit im Bild ist mein Drückwerkzeug. Es sollte ja stabil sein, abgerundet und gut poliert. Da ich ein Freund schneller und guter Ergebnisse bin, habe ich davon abgesehen, mir einen Satz Drückwerkzeuge herzustellen und zu polieren und statt dessen ein rundes und glattes Werkzeug gesucht - in diesem Fall ein Schraubenschlüssel aus dem Feinkosthandel. ;) Für die Werkzeugfetischisten: Angeschraubt ist sie auf eine Planscheibe zu meiner Unimat3.



Die Schrauben sind aus dem schwedischen Möbelhaus. Der Deckel wurde erst unter Benutzung eines einer Zwischenlage mit dem Reitstock angedrückt und dann, um auch an die Mitte zu kommen, mit doppelseitigem Klebeband an der Holzform fixiert. Hier der Aufbau:



Das Drücken erfolge bei niedrigster Tourenzahl der Maschine und ging viel leichter als gedacht. Das Ergebnis überzeugt:



Die Fehlstelle ist raus. Wenn die feinen Schleifriefen nach Fertigstellung noch rauspoliert sind, dann dürfte das nahezu perfekt aussehen.



Fazit: Könnte sein, dass ich demnächst öfters Gehäuseteile drücke. Der Aufwand hielt sich in Grenzen und das Ergebnis gefällt. Abhängig ist das unter anderem davon, wie mir die Scharniere gelingen, d.h. ob ich es mir öfters geben werde Scharniere anzufertigen - ich will ja unter dem Deckel Glas haben um das Uhrwerk ansehen zu können.

Gruß
Norbert

Hallo Norbert,

das ist gut geworden. Gratuliere!

Eine Frage zur Vorgehensweise: Hast du den Schlüssel "freihändig" ins Blech gedrückt oder hast du dir ein Widerlager z.B. aufs Drehbankbett geschraubt?

Viele Grüße

Kurt

Sauber gemacht.
Hatte die Holzform das "Endmaß" oder hast du Rückfederung beim Drücken mit eingerechnet?

Das Holz auf dem Foto ist übrigens nie im Leben Flieder sondern Fichte oder Kiefer.
Bei letzteren hat man das Problem, dass beim Schleifen die härteren Winter-Ringe vorstehen. Flieder wäre einfacher gewesen.

Ich habe freihändig gedrückt. Die nötigen Kräfte sind nicht besonders groß und so habe ich mehr Gefühl.

Das mit der Holzart kann stimmen dass ich mich da vergriffen habe. Oder der Flieder schon im Ofen gelandet ist. ;-) Das mit den inhomogenen harten Jahresringen ist allerdings ein Nachteil, es besteht die Gefahr dass man deren Stuktur mit ins Metall drückt.
Ursprünglich wollte ich wegen der Homogenität wie gesagt MDF verwenden, habe aber auf die Schnelle kein geeignetes Reststück gefunden. Ich glaube die Holzart ist auch nicht kriegsentscheidend.

Ich habe nicht gerechnet, sondern einfach probiert und gemacht. Dadurch, dass Silber ein weiches, geradezu matschig zu bearbeitendes Material ist und durch den Druck dünner wird und zu allen Seiten vom aktuellen Druckpunkt ausweicht, ist meine Theorie, dass es durch die Oberflächenvergrößerung quasi in die Form hineinfließt und nicht zurückfedert. Anders gesagt: nach dem Drücken liegt das Silber an der Form an.

Gruß
Norbert

Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen. Das ist doch der Plan hier, gegenseitig voneinander zu lernen. Ich löte halt mittlerweile mit der großen (Propan-)Flamme die auch für Dachrinnen zu gebrauchen ist. Vorteil: es geht viel besser als mit der Gaskartusche und das Gas ist billiger. Nachteil: man muss aufpassen dass man seine Arbeit nicht zu Klump schmilzt, vor allem wenn es sich um dünnes Blech handelt. Steigerung wäre dann noch Azetylen/Sauerstoff, aber das muss für Uhrenteile zum Glück nicht sein.

Das Scharnier wird noch eine Herausforderung und ich habe vor, das Mittelteil nach uhrologischem Vorbild dekorativ zu rändeln. Ich bin jetzt schon bei Mittelteil Nummer zwei, mal schauen wie viele es noch werden bis ich fertig bin. Aber Übung macht ja den Meister. ;-)

Gruß
Norbert