Hallo,

ich hoffe die Frage passt hier rein, das ist mein erster Beitrag hier.. Ich möchte gerne ein Uhrengehäuse selbst herstellen und das Innenleben mit einem bsp. ETA Laufwerk ausstatten. Nur bin ich mir jetzt unsicher ob ich dafür eigentlich eine "uhrmacher" Drehbank bräuchte oder ob eine normale Drehbank auch dafür ausreicht?

Auch will ich verschiedene Materialen ausprobieren Stahl, Titan, Bronze etc., ich wollte mir hierzu auch bei Amazon ein Buch bestellen "Der Uhrmacher an der Drehbank" weiss aber nicht ob es genau das ist was ich brauche..

achso Uhrengehäuse meine ich Armbanduhren.. also max. 7-8cm Bereich..

Dann wollte ich wissen ob man sich im Vorfeld gedanken machen sollte was für Werkstoffe wieviel Leistung benötigen, nicht das ich mir nachher eine Drehbank zulege die mit dem Material gar nicht zurecht kommt..

Über Tips & Links, Einführung in das Thema würde ich mich sehr freuen.

Herzlichen Dank im Voraus.

So ganz ins Grobe beantwortet. Genau wie die Frage ist:

Erst mal würde ich mir wirklich sehr genau überlegen, ob und was für eine ETA-Werk ins Gehäuse soll.

Auf der anderen Seite würde ich sagen, dass eine etwas größere Drehbank - wenn sie genau genug ist - für solch ein Vorhaben ausreicht. Das Problem ist meiner Meinung nach der Glasrand - wenn Du so etwas machen möchtest. Mit einem normalen Dreibackenfutter wirst Du keinen Spaß haben. Ansonsten nur zu.

Ich denke, Du weißt, dass bestimmte Materialien äußerst schlecht spanend zu bearbeiten sind. Von dieser Seite her würde ich schon mal Titan ausschließen.

Frank

Hi Frank,

erstmal vielen Dank für die schnelle Antwort. Also das mit dem Laufwerk ist nur ein Beispiel. Ich kann ja jetzt nicht nach dem Laufwerk mir eine Drehbank zulegen, es gibt da draussen etliche Anbieter die bereits fertige Laufwerke anbieten, nicht nur ETA, oder besser, ETA bietet ja verschiedene Laufwerke an. Die Frage ist also nicht in Abhängigkeit des Laufwerks eine Maschine zu kaufen.

Ich möchte halt keine Kompromisse machen was Materialen angeht, da möchte ich letztendlich experimentieren, dazu gehört auch bspw. Titan dazu. Was könnte/oder sollte man denn für Titan verwenden? Ich bin da ein absoluter Laie. Ich weiss das ich bei Bohrern unterschiedliche Bohrertypen verwenden muss um ein Ergebnis zu erzielen, das gleiche sollte doch auch bei Drehbänken und den jeweiligen Materialen der Fall sein?

Bin gespannt auf dein Feedback.

Also mit einer Drehbank kommst du noch nicht sehr weit... Ich denke das mit dem Gehäuse herstellen, stellen sich viele etwas zu leicht vor... Ich kenne 2 Personen die zusammen ein Uhrengehäuse von Grund auf konstruiert und hergestellt haben. (CAD, CNC) (ohne das Uhrwerk Zifferblatt, Zeiger,Gläser, Band...) und die haben da schon so um die 250 Stunden Arbeit investiert bis das ganze fertig war... Zusätzlich muss man noch ergänzen das die beiden während diesem Projekt in der Uhrmacherausbildung waren und bereits 3 Jahre an den Maschinen ausgebildet wurden.

PS: Titan kannst du vergessen... das ist ein sehr kompliziert zu bearbeitendes Material... (Falls du nicht gerade in der Mikromechanik-Bramche arbeitest :P)

PS: Das "Laufwerk" ist das Uhrwerk

Gruss Loris

Hi Loris,

wir sind zu zweit, der Kollege von mir ist gelernter Werkzeugmacher und kann auch CNC Programmierer. Er kennt sich schon aus, nur das Thema Uhren hat er nie als Thema gehabt.. jetzt versuchen wir beide uns erst mal ein Bild davon zu machen. Ich selbst bin ein klassischer "bürohengst" und hab bis auf das ich mein eigene Harley umgebaut habe keinerlei technisches Kenntnis.. (sägen, schweißen, löten, lackieren etc.pp hat zumindest bei einem Zweirad geklappt) aber bei einem Feinwerk.. keine Ahnung.. deshalb bin ich jetzt erstmal am infos sammeln.. und da ich schon immer Interesse an Uhren gehabt habe, bleibe ich jetzt dran.. :D

Hallo Devrim,

meine ehrliche Meinung ist, wenn du und dein Kollege zusammen nicht mal eine Vorstellung davon habt, welche Drehmaschine für so eine Arbeit geeignet ist, hast du in meinen Augen nicht die geringste Chance ein ordentliches Uhrengehäuse zu bauen.
Das ist, wie meine Vorredner schon gesagt haben eine richtig schwierige Arbeit, selbst wenn man jahrelang einschlägig beruflich tätig war.
Die meisten Gehäuse sind gegossen oder geschmiedet und dann spanend nachbearbeitet.
Als Einzelstück ist das besonders schwierig.

Um einen Vorgeschmack zu bekommen kannst du dir ja mal ein paar M1 oder M1,6 Gewindebohrer kaufen und Gewinde in deine bevorzugten Materialen schneiden.
Das lehrt Gefühl und nordet dich ein.

Der Frust wird genauso groß sein, aber viel billiger und schneller als beim Drehmaschinenkauf und Gehäusebau.

Ich würde mir an deiner Stelle den Frust und die Kosten sparen und lieber ein bisschen an fertigen Uhren rumschrauben, wie es nicht ohne Grund selbst die meisten gelernten Uhrmacher tun.
KFZ Mechaniker bauen auch keine Autos selber.

Nicht die Jungs demotivieren, alle Fakten sind richtig, aber wer will soll machen. In den Achtzigern hatten wir einen Wissenschaftler, heute würde man Nerd sagen, der hat auf seiner damals schon alten Hommel UWG 1 eine Titan Gehäuse gefertigt vom feinsten.
Alles geht, man muss sich nur ordentlich damit beschäftigen und nicht zu schnell aufgeben. Ich wage zu behaupten das man auch ein solches Gehäuse auf einer Unimat SL herstellen kann, wenn man nur will.

Können tut man schon, wenn man will.
Aber nicht nur will sondern auch kann.

Es ist demotivierend, wenn man ein paar Tausend Euro in Maschinen investiert und dann erst feststellt, dass eine Uhrmacher-Drehmaschine kein Gerät zum herumdrehen von Uhrmachern ist.

Hallo Jungs,

also soweit ich mich eingelesen habe, brauchen wir nicht wirklich eine "reine" Uhrmacher Drehbank. Die sind ja eher für arbeiten an Laufwerken gedacht. Wir nehmen uns eine normale Drehbank um unser gewünschtes Werkstück "Gehäuse" auszutesten. Vielleicht wird es gar gefräst. Das weiss ich noch nicht.

Der Herr Cougarnaut hat es ja schön beschrieben.. ist ja erst mal ein Anfang.. ich würde so oder so erstmal in eine Werkstatt und dort erst mal ausprobieren und auch mal völlig unvoreingenommen an die Sache rangehen..

da fällt mir was schönes dazu ein.. "Jeder sagte es ist unmöglich, dann kam einer und machte es einfach!"

Hi Phil,

vielen dank für die tollen Links, auf das Forum bin ich auch gestoßen, allerdings seit 3 tagen warte ich auf eine Freischaltung.. da kam bisher keine Freischaltung.. muss noch weiter warten.. aber das selbstgebaute Gehäuse ist mal genial gemacht in deinem Link. Macht auf jeden Fall Lust auf mehr.. :)

vielen dank nochmals.

Auf keinen Fall aufgeben und sich beeindrucken lassen. Ein Uhrengehäuse zu fertigen ist kein Hexenwerk und für "Metaller" keine unlösbare Aufgabe. Ich persönlich verwende für diese Arbeiten Fräsmaschine mit Drehteller. Aber da hat jeder seine eigenen Techniken.
Am wichtigsten ist die Zeichnung. Wenn die 100% stimmt, dann klappt es auch mit der Herstellung.

LG
Joerg

Hallo Jörg,

vielen Dank, bin an dem Thema dran.. habe mir zwei neue Bücher zugelegt.. der uhrmacher an der Drehbank.. und ein handbuch für uhrmacherlehrlinge.. obwohl ich ja nicht in die lehre gehe ist das kein problem mit dem selbststudium..

;-)

vielen dank nochmals..

Um noch mal zum Thema zurückzukommen, ein Beispiel, was geht und auch ging:

Meine Frau wollte vor über 10 Jahren eine schöne Armbanduhr, und was man damals kaufen konnte, das war entweder überteuert oder hatte ein Uhrwerk von 10 Mark (damals) drin. Dann habe ich mich - schwer - entschlossen, etwas eigenes zu bauen. Ich hatte noch ein sehr gutes Quartzwerk, superflach, im Lager liegen.

Zuerst die Materialwahl:

Ich wollte ein Material, welches gut zu bearbeiten war, und was ich nicht beschichten musste. Messing fiel daher schon mal weg. Edelstahl auch, denn erstens lässt es sich unterirdisch drehen, und zweitens nicht gescheit hartlöten. Gold war mir und meiner Frau zu teuer, daher bin ich auf Silber verfallen. Das Material lässt sich - etwas mäßig - drehen, gut hartlöten und polieren und hat auch ein nettes Aussehen, und es ist massiv und nicht zu teuer. Bei der Planung habe ich das Glas 1/10mm versenkt. Das scheint nicht viel, aber Kratzer hat es auch nach über 10 Jahren nicht, und das bei täglicher Beanspruchung. Die Krone hat einen Tubus und ist versenkt, damit die Uhr robust bleibt. Außerdem hat sie Dichtungen, damit sie - als Damen-Schmuckuhr - trotzdem wasserdicht ist. Das hat sich schon mal bewährt, weil wir auf einer uhrmacherfreien Insel mit der Uhr ins Wasser gegangen sind. Gut, dass sie dicht war!

Auf Titan wäre ich nie verfallen. Ich musste so ein Material schon mal bearbeiten, daher fiel es von vornherein aus. Das geht gar nicht!

Bei der Konstruktion lohnt es sich also, einige Dinge zu bedenken und nicht einfach so vor sich hinzuwerkeln. Jedes Ding, was man beachtet hat, lohnt, und man ärgert sich um jedes Ding, was man vergessen hat.

Als "Bearbeitungszentrum" hat wirklich eine einfache Drehbank gedient, nicht besonders groß und nicht besonders präzise. Außerdem Laubsäge und Feile. Das war es schon. Es kommt eher auf das "Gewusst wie" an.

Immerhin hat sich die Sache gelohnt. Das Einzelstück wird jetzt ungefähr 15 Jahre täglich getragen - und das gerne.

Frank

An dieser Stelle noch ein Buchtipp:

Das Handwerk des Uhrgehäusemachers: Die Uhrmacherei Bd. II, Profiwissen für den Praktiker
ISBN-10: 3941539027
ISBN-13: 978-3941539020

Bei Titan gilt die goldene Grundregel aller Hartlegierungen: weniger ist mehr! also geringe Schnittiefen und Vorschub.
Nicht beim Werkzeug sparen, unbedingt kühlen!

Was Titan teuer macht, ist nicht das Material an sich sondern die langwierige und werkzeugfressende Bearbeitung.