Hallo.

Habe mich hier angemeldet, weil ich es übernommen habe, eine Uhr wieder in Gang zu bringen und mein örtlicher Uhrmacher das Teil mangels Ersatzteilverfügbarkeit aufgegeben hat.

Es handelt sich um eine ältere Wanduhr mit EMES 69 c Werk. Zum einen macht der Mechanismus zum Aufziehen des Werkes Schwierigkeiten (so rund alle Minute wird mit einem Elektromagneten eine Feder neu gespannt) - es scheint sich vor allem um Kontakt- und Einstellprobleme zu handeln, nach etwas Arbeit an den Kontakten und (hoffentlich richtigem) erneuten Zusammenbau funktioniert dieser Teil im Augenblick, aber möglicherweise noch nicht zuverlässig. Hat jemand nähere Info zu diesem Mechanismus, vor Allem auch zum Einstellen der Vorspannung der Spiralfeder, die auf der Rückseite des Werkes auf den Mechanismus einwirkt?

Zum Anderen weist das Werk Korrosion und Verunreinigungen auf - müßte also wohl gereinigt werden und dann neu geschmiert werden (an einigen Stellen ist da durchaus Schmiere dran). Das Werk ist heute einmal stehen geblieben, obwohl noch Restspannung auf der Feder war - im Augenblick läuft es, aber wenn es wieder stehen bleibt, müßte ich da wohl doch dran.

Nur - habe ich davon kaum Ahnung und müßte mich in diese Arbeiten einlesen. Welche Literatur ist da zu empfehlen? Das Werk ist kein Wunder der Feinstmechanik sondern eher "Weckerbau", hat aber 7 Juwels. Mit den richtigen Info werde ich das wohl auch gereinigt und neu geschmiert kriegen.

Tips und Hinweise?

Hallo Ernest

Am besten sind Fotos vom Uhrwerk, Gesamtansicht von vorne und hinten, Detailaufnahmen zu deinen Fragen. Dann kann dir jemand bestimmt konkret Antwort geben.

Schau mal in den Literaturhinweisen nach Empfehlungen Literaturhinweise
Zu Elektromechanischen Uhren Bosco-Clocks - Hunderte Animationen von elektromechanischen Uhren auf CD!

Und nutze die Suchfunktion zu Themen wie Reinigung und Ölen

Viel Spaß im Uhrenwerkstattforum!

Erstmal herzlichen Dank für die Hinweise. Gestern Abend habe ich mir noch ein paar Beiträge hier angeschaut und bin sehr beeindruckt.

Seit gestern frühen Abend läuft das EMES Werk ununterbrochen, wenn das so bleibt, mache ich da ersteinmal nichts weiter dran, sondern gebe die Uhr zurück. Wenn die das nächste Mal stehen bleibt, gehe ich tiefer rein.

Anbei (wenn das Hochladen klappt) ein paar Bilder vom Werk. Korrosion ist deutlich zu sehen, die Uhr hängt in einer im Winter ungeheizten Laube. Als "Schiffsuhr" sollte man denken, dass das der Uhr nichts ausmacht, aber das Werk scheint doch eher für geheizte Wohnräume geeignet zu sein. Es ist wahrscheinlich nur ein Frage der Zeit, bis das Teil wieder Schwierigkeiten macht.

Auf dem ersten Bild sieht man unten rechts die Spiralfeder, die (zusammen mit einer Zugfeder, die unter der Pertinaxplatine ist) den "Federspeicher" bildet. Diese Spiralfeder kann auf der Welle so verdreht werden, dass sie die Zugfeder unterstützt oder Ihr entgegenwirkt, beschriftet ist das auf der Pertinaxplatine mit "+ Amplitude -". Im Augenblick habe ich diese Spiralfeder so eingestellt, dass sie die Zugfeder leicht unterstützt (das Werk bleib ja vorher einmal stehen, obwohl noch etwas Spannung auf der Feder war).

DSCF4061.JPG - Bild entfernt (keine Rechte)

Auf dem zweiten Photo sieht man im unteren Bereich des Werkes (rechts) die Korrosion auf den Platinen und eigentlich überall. Das wird irgendwann sicherlich Ärger machen.

DSCF4060.JPG - Bild entfernt (keine Rechte)

Hallo Ernest,
erstmals danke für das Vorstellen des Werks. Das ist ein interessantes Stück Technik das es nicht mehr allzu häufig gibt. So wie ich das sehe sind die Korrosionsspuren auf eine einmal ausgelaufene Batterie zurück zu führen. seitdem frisst sich die Batteriesäure wohl immer weiter ins Werk vor. Ich finde es fast schon ein Wunder das da überhaupt noch was geht. Meiner Meinung nach muss das Werk und sein Gehäuse komplett zerlegt und die Säure entfernt bzw. neutralisiert werden. Dann jeder Teil gründlich gereinigt und konserviert und das Werk wieder zusammengebaut und frisch geölt werden. Das ist schon jetzt eine ganze menge Arbeit aber wenn das nicht bald passiert kommen auch noch sehr aufwendige Reperaturarbeiten dazu.

lg Christian

Grüß Gott hier im Forum, Ernest.

Zu Deinem Werk ist ja schon einiges geschrieben worden. Die Funktionsweise entspricht dem Klappmagnetwerken von HETTICH, Kienzle etc. Hier findest Du sicher weitere Informationen darüber: http://www.hwynen.de/uhren-kat.html .

Aber wie auch Steffl schon geschrieben hat: DRINGEND vor dem weiteren Betrieb eine Reinigung und Entfernung der Batterielaugen-Reste machen. Sonst wird der Schaden nur noch Größer.

Viel Erfolg und wenn Du Fragen hast, frage

Herzlichen Dank für die vielen Tips. Im Augenblick hängt die Uhr wieder an Ihrem Platz und lief heute Nachmittag noch, als ich das letzte Mal nach Ihr geschaut habe. Das macht Hoffnung.

Ob die Korrosion nun von einer Batterie stammt oder ob die Uhr vielleicht doch mal Salzwasser gesehen hat - macht wohl keinen Unterschied, Eure Empfehlung ist ja in jedem Fall: Korrosion stoppen.

Ok. Was bräuchte ich denn so an Mindestausrüstung, bevor ich mich an die Operation am offenen Herzen mache? Welche Mittelchen, Reiniger, Öle?

Wenn ich das richtig verstanden habe, sollte das Werk zerlegt werden, die Einzelteile gereinigt und dann wieder zusammengebaut und geölt. Korrekt?

Was ist mit den ganz empfindlichen Teilen, Unruhe und Hemmung? Bis dorthin ist die Korrosion augenscheinlich noch nicht vorgedrungen, können die am Platz bleiben?

So viele Fragen. Aber besser vorher fragen, als anschließend alles kaputt.

Wie von Euch wohl schon erwartet, ist die Uhr wieder stehen geblieben. Ich habe jetzt das Werk aus der Uhr ausgebaut und den Aufzugsmechanismus vom Werk abgebaut.

Am Aufzugsmechanismus selber gibt es vor allem einen Punkt, der zu denken gibt: Sichtbare Krater auf den Kontakten. Die Kontakte sind goldfarben, ich vermute veroldet. Eine Bekannte ist Goldschmiedin, ich muß die mal fragen, ob die die Kontakte neu vergolden kann.

Das Werk ist aber trotz geringer Restvorspannung auf der Feder stehen geblieben. Das ist auch kein Wunder, siehe das stark verdreckte Fett vor allem auf dem Ankerrad auf den Bildern.

Die Korrosion gibt auch zu denken. Während die Unruhe in Steinen gelagert ist, ist der Anker in Metalllagern gelagert, das Ankerrad und das folgende Rad wiederrum in Steinen, die letzten beiden Räder wieder in Metall. Während die Achsen in den Steinlagern (soweit sichtbar) noch gut und leicht ölig aussehen, machen die Metalllager Sorgen - die Korrosion ist zumindestens außen bis an das Ankerlager vorgedrungen.

Meine erste Idee war, dass Werk als ganzes zu waschen, anschließend die Lagerstellen zu ölen und wieder einzubauen. Das wird so nicht gehen, da die Unruhe beidseitig in geschlossenen Lagern läuft und daher Schmutz beim Waschen nicht aus diesen Lagern der Unruhe entfernt werden wird und auch z.B. die Waschlösungen nicht. Es sieht so aus, als ob man die Unruhe einzeln ausbauen kann - da habe ich aber großen Respekt davor.

Ob beim bisherigen Zerlegen alles geklappt hat? Nein, ich habe einen Stehbolzen, der das Werk im Gehäuse hält, abgerissen. Es ist der Stehbolzen, der zusätzlich zum Halten des Werkes auch die eine Kontaktfahne des Batteriefachs an das Werk drückt - hier ist die Korrosion auch am stärksten. Wenn ich die Uhr wieder zusammenbaue (wenn ...) werde ich ein Kabel von dieser Kontaktfahne zur Spiralfeder des Schaltkontaktes legen, damit der Strom nicht mehr über diesen "Wackelkontakt" zwischen Fahne und Platine muß. Und - ich werde mich um den abgerissenen Stehbolzen (M2) und die Hülsenmutter kümmern müssen. Eigene Dummheit ... .
IMG_2044.JPG - Bild entfernt (keine Rechte)

Frage an Euch nun: Ist das Vorgehen "Unruhe ausbauen, übriges Werk so wie es ist waschen, Lagerstellen ölen, Unruhelager seperat waschen und ölen, alles wieder Zusammenbauen" erfolgversprechend oder muß das ganze Werk zerlegt werden (wovor ich auch einen großen Respekt habe, weniger vor dem Zerlegen, eher davor, 5 Wellen gleichzeitig in ihre richtigen Löcher bekommen zu müssen, ohne etwas zu zerdrücken).

Ein paar Photos:

IMG_2042.JPG - Bild entfernt (keine Rechte)
IMG_2043.JPG - Bild entfernt (keine Rechte)
IMG_2038.JPG - Bild entfernt (keine Rechte)

Hallo Ernest,

das Werk sollte komplett zerlegt gereinigt werden. Nach dem Ultraschallbad hängt noch viel in den Lagern, was mit einem Putzholz entfernt wird. Wahrscheinlich sind Zapfen zu glätten und Lager zu tauschen.

Übe doch mit einem alten Wecker die Montage ehe du dir diese Uhr vornimmst.

Vg, Andrea

Hallo Ernest,

im Forum!

Gruß Michael

Kurz zu den Kontakten: Die sind nicht vergoldet, denn erstens ist das Werk dazu zu billig gewesen. Außerdem kann auch Silber so anlaufen, dass es oberflächlich wie Gold aussieht. Einmal mit einem trockenen Tuch kräftig drüber reiben, dann wird es silbern.

Da die Kontakte wahrscheinlich massiv Silber sind, kann man sie fein abfeilen (nicht schleifen, denn dann kann Schleifkorn dazwischen kommen, und das ist ein Isolator), ohne die Form zu verändern. Also soll eine Seite flach bleiben, die andere gewölbt. Dann kommt der Druckpolierstahl, ein harter Stahlstab, mit dem man die Oberfläche wieder fein poliert und härtet. Dann ist die Oberfläche beider Seiten wieder top, und an dieser Stelle gibt es keine Probleme. Alle anderen leitenden Stellen, wie Batteriefach usw, sollten metallisch rein sein. Ist das Uhrwerk ok, also gereinigt, eventuelle Lager wieder wie neu, läuft die Chose wieder. Zusammenbauen ist etwas nervig bei diesem Kaliber, aber sonst geht es.

Kenne diese Uhrwerke noch von meiner Ausbildung, da mussten wir damals ran.

Frank

So, ein kleines Update: Werk zerlegt, Teile durchgesehen und angefangen mit säubern. Das Meiste sieht brauchbar aus (soweit ich das beurteilen kann), aber am Ankerrad hat ein Lagerzapfen doch sichtbar unter der Korrosion gelitten (Narbenbildung).

Ideal wäre sicherlich ein Ersatzteil - das es aber wohl nicht mehr gibt. Gibt es Ratschläge, wie ich mit diesem Zapfen verfahren sollte?

Die Uhr selber - hängt inzwischen mit einem neuen Quarzwerk wieder an Ihrem Platz, ich hab also alle Zeit der Welt für das alte Werk.

Inspiriert von echten Könnern hier habe ich mich auch noch etwas dichter mit der Linse an die Teile herangetraut. So gut wie deren Bilder sind die hier nicht, aber unglücklich bin ich mit denen hier auch nicht.

Hier der Zapfen vom Ankerrad. So, wie der aussieht, ist der etwas eingelaufen und leicht schief. Muß der neu?
20130831_0001.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)

Hier an einem anderen Rad eine leichte "Delle" in der Verzahnung. Ich muß - wenn es jemals zum Wiederzusammenbau kommt - wohl darauf achten, dass auf der Höhe nicht das Gegenrad läuft, sonst muß ich wohl zumindestens irgendwie versuchen, das hinausgedrängte Material wegzuglätten.
20130831_0009.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)

Dann noch ein Bild von der Platine. Eigentlich hatte ich gedacht, ich hab die Korrosion entfernt, aber die fängt doch schon wieder an. Da waren wohl doch noch Rückstände. Auf dem Bild die Grenze zwischen angegriffenem und nicht angegriffenem Material.
20130831_0014.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)

Hier das Ganze nochmal mit maximal Vergrößerung (angeblich 200 x).
20130831_0015.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)

Aus lauter Begeisterung für das neue Spielzeug noch eine Draufsicht auf das Ankerrad.
20130831_0003.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)

Und eine Draufsicht auf den Anker:
20130831_0004.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)