Hallo zusammen,

ich besitze eine HU12 aus dem Jahr 1956, bei der ein Relais über den Vorkontakt (vk) den Aufzug steuern soll. Das Relais sollte bipolar funktionieren, d. h. es sollte nach dem Schließen des vk einmal anziehen und selbständig abfallen (sich selbst abschalten), um dann erneut anzuziehen und wieder abzufallen, bis der vk geöffnet wird. Dieses Verhalten entspricht dem bekannten Prinzip, jedoch ohne den Einsatz des Pendelkontakts (pk).

Angeblich wurde diese Konstruktion von Siemens eingeführt, da der Pendelkontakt als potenzielle Störquelle angesehen wurde.

Meine Herausforderung:
1. So wie meine Uhr derzeit verdrahtet ist, scheint sie entweder nie richtig gelaufen zu sein oder das Relais funktioniert nicht korrekt.
2. Das Relais zieht zwar an, bleibt jedoch geschlossen und fällt nicht mehr ab.
3. Es sieht so aus, als wäre an der Verdrahtung herumgelötet worden. Die Verbindungen wirken nicht original. Eventuell wurde das Relais nachträglich eingebaut.

Im Schaltplan ist eine Spule verzeichnet, die entweder für den Aufzug oder das Relais vorgesehen sein könnte. Leider finde ich außer einem Dokument von Reinhard Helsper "Helsper Reinhard, Vergleich Siemens und Elfema - RFT Uhrwerken" keine weiteren Nennungen zu dieser Bauart.

Hat jemand von euch einen Schaltplan für ein solches Relais oder Informationen über diese Bauweise? Ich bin für jeden Hinweis sehr dankbar, um diese Uhr wieder zum Laufen zu bringen.

Beste Grüße,
Werner

Hallo Werner,

ich habe auch solch eine HU 12, allerdings von 1968. Der Relaisanbau ist Serienmäßig, was man an der ordentlichen Verdrahtung sieht. Ich will heute mal den alten DDR-Fernmeldetechniker anrufen, da ich noch einige Fragen zur HU 22 für mein Buch habe. Die Frage nach dieser Schaltung steht schon auf meinem Merkzettel. Der gute Mann ist Mitte 80, ich hoffe er lebt noch. Im Mai letzten Jahres hatte ich ihn besucht. Da war er noch gut drauf - hat aber in diesem Alter nichts zu sagen. Er hatte mir eine Gabellichtschranke zur Entlastung des Pendels empfohlen.

Ich melde mich wieder.

Rainer.

Auf deinem Schaltplan ist jedenfalls kein Relais erkennbar... das an Klemme 6 ist der Aufzug-Magnet.

Ein Relais allein wird wohl auch nicht reichen; dann eher so wie bei Rainer ausgeführt, mit zusätzlicher Beschaltung aus Elko, Widerständen, etc.

So könnte ich mir einen Pendelkontakt-Ersatz auch vorstellen

SieHU10_12v.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)

Interessant. Als Pendelkontaktersatz müßte das ja ein monostabiler Multivibrator sein, mit Schaltdauer und Pause von jeweils 1 Sekunde (oder auch 3/4 Sekunde), beginnend mit einer Schaltpause. Da der Vorkontakt beim Einschalten nicht sauber schaltet (Flattern, Kontaktprellen) ist diese Einschaltpause erforderlich, oder, bei leistungsloser Schaltung, könnte ein Kondensator vielleicht glätten.

Heute wird man wohl eine Gabel-Lichtschranke nehmen.

Diese Schaltung Pendelkontaktersatz wurde in den 1960-er Jahren im VEB Fernmeldeanlagenbau Zittau (ehemals Siemens) von Herbert Thomas entwickelt und den Kunden empfohlen. Der Einbau erfolgte nachträglich in Zittau. Der Aufbau sieht professionell aus (als wenn im Werk in Mittweida oder Leipzig gefertigt), nur an den Lötstellen am Kontaktsatz erkennt man den zusätzlichen Einbau.

Offensichtlich hat man sich nicht nur in Zittau Gedanken gemacht, sondern auch anderenorts im VEB Fernmeldeanlagenbau. Denn Reinhard Helsper beschreibt ebenfalls diesen Pendelkontaktersatz, nennt zwar Leipzig (wohl Vermutung von ihm?), die Schaltung ist aber etwas anders (und für mich verständlicher).

Dieser Zusatz fand aber keinen Eingang in die üblicherweise in jeder Uhr vorhandenen Schaltzeichnungen. In Deiner Uhr, Werner, wurde der Pendelkontaktersatz offensichtlich nicht in der neuen Uhr, sondern vielleicht später erst nachgerüstet. Der Kabelbaum im ersten Bild deutet auch auf einen Fachmann hin, denn wir Kfz.-Elektriker haben Kabelstränge auch gern mit Puschierrohrstücken gebunden. Auf jeden Fall muß ein Kondensator vorhanden sein.

Helsper beschreibt diese 2. Variante so:
Zitat
Bekanntlich wird der Pendelkontakt bei den Siemens Hauptuhren ab der Baureihe der 1930er Jahre als nachteilig für den Gang angesehen. Er belastet das Pendel bei jedem Rechtsausschlag und ist somit ein Störfaktor. Hinzu kommt bei den RFT-Uhren die deutlich schlechtere Qualität der Kontakte, welche den Wartungsaufwand erhöht hat.
Daher war es auch im Gerätewerk Leipzig, wo ein Verbesserungsvorschlag umgesetzt wurde, den ich für durchaus brauchbar ansehe. Unter Zuhilfenahme eines Relais wird der Pendelkontakt ersetzt und der Schaltvorgang nur durch den pendelunabhängigen Vorbereitungskontakt vk eingeleitet. Das funktioniert folgendermaßen:

Nach Ablauf einer Minute fällt der Hebel von der Schnecke (Excenter) auf der Sekundenwelle und schließt den vk. Hier wird nun an Stelle des Aufzugmagneten das Hilfsrelais angeschlossen, welches verzögert anzieht. Durch einen Kontakt des Relais wird der Aufzugmagnet unter Strom gesetzt und zieht jetzt an, durch den zweiten Kontakt dieses Relais (Öffner) wird aber der Strom für das Relais im gleichen Augenblick unterbrochen. Das Relais fällt wieder ab. Weil der vk noch geschlossen ist (der Schaltstern hat ja nur einen Schritt gemacht) zieht das Relais wieder an und aktiviert den Aufzug zum zweiten Mal.
Damit öffnet sich auch wieder der vk (durch den Nocken der Seiltrommel) und das Relais kann nicht mehr anziehen. Das bleibt für die restliche Minute so bis der Vorgang wieder von vorne beginnt. Wichtig ist, daß das Relais durch geeignete Beschaltung verzögert arbeitet (jeweils ca.1 Sekunde), damit Magnet und Nebenuhren genügend Zeit für ihre Betätigung haben.

Bei solchen Werken hat man den Pendelkontakt nicht ausgebaut, sondern einfach zusammengelötet. Der Betätigungsbügel auf der Sekundenwelle muß so verschoben oder gedreht werden, daß er nirgends mehr anstößt.
Zitat Ende.

Das beigefügte Foto von R. Helsper zeigt ein Relais mit zwei Wechsler, während die Zittauer Version nur zwei Schließer hat, aber 3 Steuerspulen. Der Kondensator auf dem Bild ist von 1969, in meiner Uhr von 1965.

Rainer.

Reinhard Helsper 2.JPG - Bild entfernt (keine Rechte)

Hallo,
wenn außer den auf dem Bild ersichtlichen Bauteilen nichts weiteres verbaut ist, müsste die Schaltung eigentlich so aussehen:
Zusatzaufzugsrelais3.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)
Zusatzaufzugsrelais2.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)
Grüsse
Achim

Danke, Achim. Die Schaltung 1 ist an meiner Uhr. Ich habe sie abgezeichnet und mehrmals auf Richtigkeit kontrolliert, verstehe sie aber leider nicht. Das Relais hat 3 Wicklungen. 1-2 ist wohl die normale Steuerspule. Die anderen beiden, offenbar bifilar gewickelt (warum?), entziehen sich meiner Kenntnis. Der Elko bekommt auch keine Masse? Die Schaltrichtung der Diode ist nur symbolisch eingezeichnet, kann Schaltungsmäßig auch anders herum sein.

Die Schaltung 2 entspricht meiner Vorstellung aus dem Text vom Helsper und ist etwas anders, als Deine. Ich kann aber auch einen gedanklichen Fehler drin haben. Der Widerstand verlangsamt die Aufladung des Elkos (hoher Ladestrom und deshalb Spannungsabfall über den R) und verzögert somit das Anziehen des Relais. Der Ruhestromkontakt wird geöffnet und das Relais hält sich noch kurz, bis der Elko entladen ist.

Habe heute noch mal mit dem Techniker gesprochen, 2 Schaltungen sind ihm nicht bekannt, nur diese "Zittauer" (Schaltung 1). Klar, nun ist das alles 35 Jahre her und der gute Mann ist 86. Mit PC arbeitet er nicht. Ich schicke ihm die Schaltungen hin und er will mal nachschauen, ob er noch alte Unterlagen findet. Die meisten Unterlagen hat er dem Herrn Ochmann in Olbersdorf übergeben (https://www.alles-lausitz.de/zeitumstell...ges-uebel1.html).

Rainer.

Schaltung 1.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)Schaltung 2.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)

Hallo Achim, Deine Schaltung verzögert nur am Ende (wenn ich das richtig sehe). Das Relais muß aber auch Anzugsverzögert arbeiten, was mit meiner gedachten Schaltung passieren sollte. Hier die ordentlich gezeichneten Schaltbilder und die korrekt eingezeichnete Diode.

Rainer.Relaisschaltung einfach .JPG - Bild entfernt (keine Rechte) Zittauer.JPG - Bild entfernt (keine Rechte)

Hallo ihr Guten,

entschuldigt bitte, dass ich mich nicht früher gemeldet habe. Leider erhalte ich keine E-Mails vom Forum, obwohl meine E-Mail-Adresse hinterlegt ist. Ich muss das wohl noch einmal überprüfen. Vermutlich liegt es an den strengen Sicherheitsanforderungen von G-Mail, die bestimmte Vorgaben an die Absender von E-Mails stellen. Dadurch landen die Mails möglicherweise im Spam-Ordner, den ich gar nicht einsehe.

Das von mir zu Beginn beschriebene Relais hat keine Wechslerkontakte, sondern nur zwei Schließer. Glücklicherweise habe ich bei eBay ein passendes Relais mit zwei Wechselkontakten gefunden. Ein Wechselkontakt öffnet einen Kontakt und schließt gleichzeitig einen anderen. Es hat also drei Anschlüsse: in der Mitte der gemeinsame Anschluss (Common), und links und rechts befinden sich ein Schließer (NO, Normally Open) und ein Öffner (NC, Normally Closed).

In meiner Schaltung verwende ich bei einem Kontaktsatz den Öffner und beim anderen den Schließer. Mit einem solchen Relais lässt sich auch ein Polwender realisieren.

Die Schaltung hat mich ganz schön herausgefordert, aber kurz vor der Verzweiflung tauchte wie immer eine Lösung auf, die mich mit ihrer Einfachheit beeindruckte.

Die Schaltung kann man sich etwa so vorstellen:

Der SK wird überbrückt. Vom VK/NK nimmt man den mittleren Pin der Kontaktreihe (zweiter von rechts) und führt eine Leitung über einen Widerstand zum Common des ersten Schalterkontakts. Vom Öffner (der in Ruhe geschlossen ist, NC) des Kontakts geht eine weitere Leitung zur Spule des Relais.

Wenn ein Signal vom VK oder NK eintrifft, zieht das Relais über den noch geschlossenen Öffner an und fällt sofort wieder ab, da der Öffner beim angezogenen Relais öffnet und die Spannung vom Relais entfernt. In diesem Moment wurde jedoch der Kondensator durch das Signal vom VK/NK aufgeladen. Er hält nun eine Spannung von etwa 15 Volt (abhängig vom Wert des Widerstands R1). Diese Spannung reicht aus, um das Relais für eine gewisse Zeit zu halten. Der Kondensator entlädt sich dann langsam über die Spule des Relais, was zu einer zeitverzögerten Entladung führt und schließlich dazu, dass das Relais wieder abfällt. Dann beginnt der Zyklus von Neuem, da der Öffner wieder geschlossen ist, das Relais erneut anzieht und der Kondensator wieder aufgeladen wird.

Der zweite Kontaktsatz wird verwendet, um der Aufzugsspule (AK) die volle Spannung von 24 Volt zuzuführen. Hier bietet sich der Schließerkontakt an, da die Spannung an der AK bei angezogenem Relais zeitverzögert abfallen soll. Dadurch hat die AK genügend Zeit, aufzuziehen und den Schaltstern zu drehen. Der Kontaktsatz des Relais leidet beim Öffnen unter den Folgen der Induktion der Spule des Aufzugsmagneten und wird daher mit einem Widerstand und einer Diode geschützt.

Das ist der erste Entwurf der Schaltung. Ich bin offen für eure Vorschläge und werde mich dazu gerne noch einmal melden. Zumindest sehe ich, dass es auch eine Lösung ohne Wechsler gibt.

Was mir auffällt ist, dass meine Aufzugsspule nach einigen Hüben sehr warm wird. Sie fällt dann aus dem Takt. Die Uhr selber habe ich noch nicht revidiert.

Nochmals vielen Dank für eure Unterstützung!

Aha, also hast Du die gleiche Schaltung in der Uhr, wie ich auch. Nenne sie "Zittauer Schaltung". Die erforderliche Platine (Pertinax) mit dem Elko, 2 Widerstände und Diode wurde entfernt, weshalb das Relais nicht mehr richtig schalten konnte. Diese Schaltung entspricht meinem beigefügtem rechten Schaltbild, was man an der Typenbezeichnung des Relais erkennt. (Ich hoffe, Du wirfst das Relais nicht weg. Ich würde es mir gern ausborgen, um die Spulen durchzumessen).

Deine Schaltungsentwicklung entspricht meiner gedanklichen Schaltung im beigefügtem Bild links, von der Beschreibung vom Helsper abgeleitet. Die Anzugsverzögerung soll die Folgen des Flatterns des Steuerhebels verhindern, was bei Achim`s Schaltung nicht der Fall ist. Für den Nachbau eignet sich ja jedes handelsübliche 24 V-Relais mit 2 Wechsler. Was für mich interessant ist, ist die Bestückung, da ich die Schaltung ja nur nach der Beschreibung vom Helsper entworfen habe. Ist der Elko wirklich 1 Farad groß? Dann müßte das Relais ja einen hohen Strom ziehen.

Wie weit sich die Aufzugsspule (Aufzugsmagnet-AM) erwärmt, habe ich noch nicht kontrolliert. Sie sollte bis 20 V gut schalten. Macht sie das bei noch niedrigerer Spannung, könnte ein Windungsschluß vorliegen, daß heißt, ein höherer Schaltstrom. Oder ein 12 V-Aufzugsmagnet?

Rainer.

ich sehe gerade, dass meine Zeichnung nicht zum Bild passt, da das abgebildete Relais 2 Schließerkontakte hat.
Das Thema Flattern hatte ich nicht auf dem Schirm, ansonsten sollte es eigentlich egal sein, ob das Relais verzögert anzieht oder abfällt, solange die nötige Einschaltzeit des Aufzugsmagneten erreicht wird.
Wenn ich ein ähnliches Relais finde, probiere ich es mal aus.
Grüsse
Achim

Die Sache mit der Aufzugsverzögerung im Dokument von Reinhard Helsper konnte ich ebenfalls nicht ganz nachvollziehen. Entscheidend für den Aufzug ist eine länger anliegende Spannung, die durch eine Abfallverzögerung erreicht wird. Das Relais selbst wird durch den Öffnerkontakt sehr schnell abgeschaltet. Möglicherweise spielen auch Nebeneffekte wie ein Schnattern eine Rolle, die ich bisher noch nicht berücksichtigt habe.

Der Hinweis zum Ladestrom und der heißlaufenden Spule ist ein guter Tipp. Ich vermute, dass der Ladestrom nur durch den Kondensator fließt, während der Entladestrom über die Spule verläuft. Ich werde prüfen, wo ein zusätzlicher Widerstand am besten platziert werden könnte. Es könnte auch sein, dass die Aufzugsspule nicht die passende ist. Sie ist etwas kleiner und hat einen größeren Abstand zum Anzugsbügel.

Ich bin gerne bereit, die Uhr mit beiden Relais abzugeben. Nicht, weil ich sie nicht mag, sondern weil ich auch an den Frieden im Haushalt denken muss.

Leider kann ich kein Video hochladen. Entweder ist die Datei größer als 12 Megabyte, oder es erscheint eine Fehlermeldung, dass das Format nicht unterstützt wird. Gut, es heißt ja auch „Foto hochladen“.

Reinhard Helsper ist wohl bereits im letzten November von uns gegangen.