Beim Aufräumen im Bücherregal fiel mir eine Semesterarbeit in die Hand, die ich seinerzeit im Studium angefertigt hatte:



Das Glockenspiel am Turm des Neuen Rathauses in München, das allmittaglich zu Touristen-Aufläufen auf dem Marienplatz führt, dürfte wohl allseits bekannt sein. Bei der Semesterarbeit ging es darum, ein funktionsfähiges Modell davon zu konstruieren, das sich ausschließlich aus leicht zu beschaffenden (also z.B. Baumarkt-gängigen) Teilen und Halbzeugen bauen lassen sollte. Wir befinden uns hier schließlich noch in der Prä-Internet-Ära, ohne Internet-Versender, ohne CAD und erst recht ohne 3D-Druck. Ein Conrad- und ein Selva-Katalog waren schon das höchste der Gefühle.

Im Rahmen der Recherche hatte ich die Gelegenheit, das Glockenspiel im Rathausturm zu begehen.

Die Rathausuhr, der ich damals viel zu wenig Beachtung geschenkt habe. Leider lässt sich der Hersteller auf meinem unscharfen Foto nicht erkennen:



Erstaunlicherweise hat die Uhr aber keinerlei funktionale Verbindung zum Glockenspiel; dieses wird bei jedem Lauf von einem Rathaus-Mitarbeiter von einem vorsintflutlich anmutenden Schaltschrank aus manuell gefahren:





Der Fahrmotor:



Von diesem Spieltisch aus ließe sich das Carillon auch manuell spielen; üblicherweise werden aber die Melodien von einer großen Stiftenwalze abgenommen:





Die elektromechanischen Antriebe der einzelnen Glocken:





Von hier geht es über Drahtzüge und Winkelhebel...



...zu den einzelnen Glocken:



Zwischen den Figuren der Schäfflertanzgruppe...





...und der Ritterturniergruppe durcfte ich ebenfalls hindurchklettern. Der unterlegene Ritter, der bei jeder zweitetn Begegnung vom Pferd gestoßen wird, muss übrigens auch manuell vom Mitarbeiter wieder aufgerichtet werden!











Ausschnitt der Originalpläne vom Schäfflertanz, ...



...vom Ritterturnier ...



...und vom Antriebsmotor:



So stellte ich mir in meiner Arbeit den Aufbau des Modells vor:



Der Antrieb der planetenartig gegensinnig rotierenden Schäfflerfiguren war zu kompliziert, um sich von Laien aus leicht beschaffbaren Teilen nachbauen zu lassen. ich entwarf daher einiger vereinfachte Varianten, die letztlich zur selben Bewegung führen:









Ein handelsübliches Zungenspielwerk anstelle der komplizierten Carillon-Mechanik:



Und eine vereinfachte Ausführung des Antriebs der Ritterturniergruppe mit ihren beiden gegenläufig rotierenden Scheiben:





Von der Schäfflertanzgruppe hatte ich schließlich noch ein Funktionsmodell gebastelt, wobei ich mich für die am einfachsten nachzubauende Kettenvariante entschieden hatte. Leider habe ich keine weiteren Fotos mehr von meinem Modell:



Vielleicht macht es aber Euch Spaß, die Bilder anzuschauen.

Gruß, Moritz

Hallo Moritz,

da kommt Freude auf.
Das ist Technik, wie ich sie liebe.

Viele Grüße
Bernd

Nett :-)

Was ist denn mit Deinem Modell passiert? So, wie ich das verstehe, kannst Du keine neueren Fotos machen.

LG, Willy

Hinter der Ausschreibung des Themas gab es wohl einen Auftraggeber, der hat das Modell bekommen.
Und ich eine gute Note. So lief das halt damals.

Moritz

Heute hätte man zumindest einen kleinen Film gemacht, um die Dynamik darzustellen. Interessanter Bericht!