Hallo,

ich habe einen Neuzugang in meiner kleinen Sammlung Wiener Uhren, eine schöne Stutzuhr um 1810. Ein sehr schönes klassisches Mahagonigehäuse mit allerfeinsten vergoldeten Bronzen verziert, und doch ich war sehr misstrauisch, ob an der Uhr alles original ist.
Nach Erhalt stehe ich nun vor einem Rätsel: ein mit Wien signiertes absolut typisches sehr feines Zifferblatt, makellos erhalten, der Uhrmacher (um 1820) ist mehrfach in der Literatur zu finden, doch es ist gar kein typisches Wiener Uhrwerk, sondern ein sehr feines massives französisches Pendulenwerk mit 8 Tagen Laufdauer. Absolut untypisch in einer Wiener Uhr. Die Reglage über der 12 wirkt auf eine Pendelfeder ein, die bei Wiener Uhren um 1810-20 nicht üblich war, aber alles stimmt perfekt und passt zusammen.
Zifferblatt und Werk, also Aufzugsbohrungen, Zifferblattfüße etc. passen perfekt, eine Mariage scheint ausgeschlossen, sogar die Datumsanzeige aus der Mitte funktioniert und ist auf dem Zifferblatt emailliert.
Hat jemand von euch schon mal etwas Vergleichbares gesehen? Für mich siehts original aus, aber es ist die Erste Wiener Uhr, bei der solch eine Kombination vorliegt.

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Der Regulierung nach ist dieses Werk ungefähr 100 Jahrd alt, davor hatten diese Werke eine Fadenaufhängung.
Vermutlich wurde nur das Zifferblatt im nachhinein umgeschrieben?
Viele Grüsse
Mario

Mario hat sicher recht, das Werk ist auf keinen Fall so alt. Auch das Zifferblatt ist meiner Meinung nach für 200 Jahre viel zu gut erhalten. Ich vermute das das Zifferblatt für die alte Lünette und das neuere Werk erst später angefertigt wurde.

lg Christian

Eimal mit Fadenaufhängung:
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Anker,Pendel und Ankerrad sehen etwas anders aus.

Ich würde auch vermuten, dass das Zifferblatt jüngeren Datums ist. Vielleicht aus den 1980er Jahren. Damals wurde sehr viel Geld für diese Art von Uhren bezahlt. Somit lohnte es sich entweder eine komplett neue "alte" Uhr um ein französisches Pendulenwerk zu bauen bzw. ein verschlissenes, altes Gehäuse aufzuarbeiten und das beschädigte Zifferblatt durch ein "neues" zu ersetzen.
Wie du schon geschrieben hast: Der Name des Uhrmachers wird in der Literatur erwähnt
Es ist aber dann trotzdem eine schöne Stiluhr mit gutem Uhrwerk. Falls du keinen Mondpreis gezahlt hast, kannst du zufrieden sein.
Originalität wird überbewertet

Schönen Gruß!
Markus

Das Zifferblatt ist ganz sicher alt. Solche Zifferblätter in der Feinheit nachzumachen war in den 1980er Jahren kaum möglich, und wenn dann nicht annähernd so fein bemalt. Mit dem Thema habe ich mich beruflich sehr intensiv zu der Zeit beschäftigt, da ich im Handel mit antiken Uhren gearbeitet habe und beste Kontakte hatte, und damals war solch ein Blatt anfertigen zu lassen fast unmöglich und immer sehr teuer. In NL gabs diverse Zifferblattmacher, aber die Arbeiten waren eher grausam als gut.

Inzwischen denke ich, dass vielleicht die Pendelfederreglage später an das Werk drangebaut worden ist, denn erstens ist der Kloben der Ankerwelle ansonsten genauso wie auf Manfreds Bildern, und zum zweiten funktioniert die Verstellung der Pendelfeder aufgrund eines Konstruktionsfehlers gar nicht, das spricht gegen eine originale Konstruktion. Auch ist die Pendelfeder ca. 3-4 Zehntel dick, lässt sich also kaum biegen und ganz sicher unfachmännisch dort eingebaut.
Mal sehen, vielleicht baue ich das zurück auf eine Fadenaufhängung.

Die andere Frage ist noch immer, ob solche eindeutig französischen Werke schon mal in Wiener Uhren gesichtet wurden, da gab es ja manche Im- und Exporte, da diese Pariser Werke überragend gut waren und sehr hoch geschätzt, die originären Wiener Werke waren dagegen in der Mehrzahl meist von bescheidener Qualität. Ich habe jede Menge diese Wiener Werke und meist sind die sehr dürftig gebaut.

Hallo Pfertbauer,
ich hätte es lieber, man könnte Dich z.B. mit Vornamen direkt ansprechen.
Ich bin zwar im konkreten Thema nicht unbedingt gut informiert, kann aber zumindest aus meinem Spezialbereich heraus Folgendes beitragen.
Es gab wohl zu allen Zeiten Uhrmacher, auch sehr namhafte Uhrmacher, die neben den wenigen Uhren aus kompletter eigener Fertigung auch Werke oder selbst komplette Uhren aus anderer Fertigung zugekauft haben. Diese wurden in der Regel blank bezogen und dann in eigenen Namen vertrieben oder auch oft schon mit eigener Signatur bestellt.
Der Kunde konnte in der Regel den Unterschied nicht feststellen und glaubte das was auf dem Zifferblatt steht.