Hallo,
Ich habe nach längere Pause wieder zu den Uhren zurückgefunden und habe mir einen lang gehegten Wünsch erfüllt, einen Biedermeier Regulator. Das Werk war ziemlich verschmutzt, sieht aber hochwertig aus und ist handgemacht. Man sieht noch die feinen Ritzen des Eingriffzirkels. Es lief nicht und ich habe jetzt 2 Wochen gebraucht, um es zu säubern. Lag aber auch daran, dass ich erst mal mein Uhrenwerkzeug auf aktuellen Stand bringen musste. Die Schraubenschlitze im Werk sind so schmal, dass ich erst mal einen Satz Schraubendreher richtig scharf schleifen musste, dazu brauchte ich wieder ein Werkzeug. Dazu 2000 Schleifpapier, Polierscheiben usw.usw.
Der Grahamgang ist ruhend und greift ziemlich weit, 11 Zähne? von 40 und ist etwas eingelaufen. Diese Reparatur traue ich mir aktuell nicht zu. Abschleifen geht nicht, da die Ankerbrücke verstiftet ist.
Trotzdem läuft das Werk, und auch richtig. Allerdings ist der Pendelausschlag sehr klein, 15mm für das 3/4 Sekunden Pendel.
Da ich bisher nur Uhren habe, Standuhren und Wanduhren ab 1870, die deutlich weiter ausschlagen, meine Frage.
Liegt das an eingelaufenen Anker und kann man die Uhr so weiterlaufen lassen?

Anbei ein paar Bilder:

Hallo Werner,
Du kannst das Werk ruhig laufen lassen solange nur die Lager sauber sind. 15mm Amplitude ist wirklich sehr klein für ein 3/4tel Sekundenpendel. Bei den Standardwerken aus dieser Zeit war das deutlich mehr. Das deutet tatsächlich darauf hin das Du entweder Antriebsenergie auf dem Weg zum Pendel verlierst (eingelaufener Anker oder Zapfen oder ausgelaufene Lager) oder das einfach zu wenig Gewicht dran hängt. Da waren meist so 800 bis 1200g gebräuchlich. Bei der zeitlichen Einordnung hab ich bei dem Stück Probleme. Zum Einen deutet die Platinenform, der weite Ankerübergriff, die Form der Triebe und der Ankerkloben ganz eindeutig auf Biedermeier hin. Die Befestigung der vorderen Platine mit Muttern war zu dieser Zeit zwar sehr ungewöhnlich aber bei hochwertigen Werken auch schon vorhanden. Was aber eigentlich so gar nicht in die Zeit passt ist die Art der Abfallregulierung, die kam so bei den Wienern erst viel später auf und findet sich zu der Zeit eigentlich nur bei Portaluhren und Pendulen.
Wenn Du den Anker reparieren möchtest wäre es am besten wenn Du Dir bei einem Juwelier oder Zahntechniker mit einem Laserschweißgerät das abgenutzte Material auf den Anker wieder aufschweißen lässt. Dann solltest Du auch mit der verstifteten Ankerbrücke nach dem Schleifen wieder hin kommen. Wenn Du bei einem einteiligen Anker einfach nur so abschleifst geht Dir die Ankeröffnung zu weit auseinander und wenn Du die Schenkel dann zusammen drücken willst wird Dir der Anker wahrscheinlich brechen. Ich gehe jetzt mal von einem Einteiligen Anker aus, die mit verstellbaren Paletten kamen ja erst viel später auf. Zur not kannst Du die Stifte aus der Ankerbrücke aber einfach raus ziehen und bekommst so etwas Spiel zum besser einstellen des Eingriffs.

lg Christian

Hallo steffl62

Danke für die Einschätzung. Ich hatte mir für die Reinigung ein Ultraschallbad gekauft und die Teile in Plastikdöschen mit Wasser, Spülmittel und ein bisschen Salmiakgeist gesäubert. Dann die Seiten der Räder mit 2000 Papier leicht geschliffen (Optik) und am Schluss mit Spiritus und Zahnbürste gesäubert. Die Zapfen waren noch OK, und da sie teilweise sehr fein sind, unter 1mm, habe ich nicht versucht, eine Politur vorzunehmen. Da übe ich erst mal an einem robusten Standuhrwerk mit dem 8mm Drehstuhl, den ich aufbauen und mit regelbarem Antrieb versehen will. Das Uhrwerk läuft ja jetzt seit 3 Tagen sauber. Ich widme mich jetzt dem Gehäuse, damit die Uhr wieder an die Wand kommt.

Heute habe ich die Uhr endlich an der Wand und sie läuft. Kurz vor Abschluss noch ein paar Zicken. Die Steckbuchse des Stundenzeigers passte wohl nicht ganz und so hat man mit Schellack? nachgeholfen, bröselte mir beim aufstecken entgegen. Muss ich noch mal Nacharbeiten, aber erst mal geht es.

Hier noch zwei Bilder der Uhr.