Den Vorschlag micromeisters aufnehmend öffne ich hier einen Thread über das Ätzen, welches z.B. bei mir und meinen nachgebauten oder eigenen Astronomischen Instrumenten die Graviertechnik der Originale ersetzt.

So kann hier jeder seine Erfahrungen und Ideen kund tun.

Nachdem also Überlegungen wie groß das Instrument werden soll und eine annähernde Bemaßung feststeht, erfolgt der zweite Schritt, die Konstruktion zur Filmerstellung, der zum Ätzen notwendig ist.
Ich kenne einen Kollegen der arbeitet da in alter Weise mit Tusche auf Papier, was aber den Nachteil hat das Korrekturen kaum möglich sind.
Darum habe ich mich vor dreißig Jahren sofort für die Arbeit mit einem Zeichenprogramm entschieden, welches damals im Graphischen Gewerbe eingesetzt wurde und "Freehand" heißt. Man kann aber sicherlich auch andere Programme einsetzen die sich als geeignet erweisen.
Wichtig war für mich die Vorrausetzung einer Kreisteilung in jeder beliebigen Größe, die für Zifferblätter auch einen gewissen Automatismus beinhalten sollte.
Eine 360 Grad - Skala mit unterschiedlichen Strichstärken ohne eine Automatik zu konstruieren ist sehr zeitraubend und aufwendig.

Wichtig für das Film erstellende Satzstudio ist das Buchstaben und Zahlen vor dem Abspeichern der Konstruktion in Zeichenwege umgewandelt wird.
Das hat Gründe die mit der Qualität zu tun hat, aber auch mit der Tatsache das so ein richtiges Umsetzen der gewählten Schrift erfolgt, auch wenn das Satzstudio über diese Schrift nicht verfügt.

Im Freehand wird die Linienstärke in der für die Satzerstellung im Druckbereich üblichen Maßeinheit "p" für Punkt angegeben, man bekommt aber auch Millimeter angezeigt.
Nach Erfahrung darf die Linienstärke nicht unter 0,1 mm eingestellt sein, weil alles darunter beim Ätzen nicht mehr sauber umgesetzt werden kann.

Ich habe als Beispiel nachfolgend einen Ausschnitt aus einer Astrolabiumkonstruktion eingestellt, wo einmal die Linienstärke angezeigt wird und zum anderen zu erkennen ist was im Freehand möglich ist an Kombinationen von Text, Linien und Ornamentik.
Nachfolgend dann eine Aufnahme der fertigen Ätzung mit gleichem Ausschnitt.







Ist die Konstruktion fertig und der Film erstellt kommen wir also zum Ätzen.
Ich selber habe mich zu Anfang dieser Arbeiten vor dreißig Jahren kundig gemacht was man da als Laie wohl selber machen kann, wobei die Entsorgung der gebrauchten Ätzbäder keine unwichtige Rolle spielt.
Nach einigen Versuchen mit dem für Messing üblichen Bädern wie Ammoniumperoxodisulfat und dem schnelleren und aggressiveren Eisen–III–Chlorid, habe ich dann nach einer Ätzanstalt gesucht die in der Lage ist jedes von mir gewünschte Teil ohne wenn und aber in der erforderlichen Qualität zu ätzen.
Das hat einige Zeit gedauert bis ich dann fündig geworden bin, weil die meißten Betriebe nur in der Lage sind, mit fest eingestellten Anlagen die Oberfläche anzuätzen, etwa für Leiterplatten usw.
Heute weiß ich, wenn angegeben wird das man auch Durchätzungen für den Modellbau oder andere Anwendungen bewerkstelligen kann, ist der Ätzbetrieb in der Regel auch für unsere Zwecke brauchbar.

Es folgten mehrere Versuche mit unterschiedlicher Ätztiefe, um herauszufinden welche Tiefe vom Eindruck her der Gravur am nächsten kam.
Herausgestellt hat sich das eine Tiefe von 1/10 Millimeter den besten Gesamteindruck ergab.

Das nachfolgende Bild zeigt das Aussehen einer sauberen Ätzung ohne Ausfransungen mit eben dieser Tiefe.
Und in der Vergrößerung ist dann auch der Unterschied zu einer Gravur zu erkennen.
Während bei einer Gravur mit einem Spitzstichel der Materialaushub V - förmig ist, erinnert die Ätzung an ein Flußbett.
Ich habe zur Kontrolle der Ätztiefe eine Messuhr mit einem Fuß und einer sehr feinen, spitzen Nadel ausgerüstet.





Noch ein wichtiger Aspekt das zweiseitige Ätzen betreffend.
Beim einseitigen Ätzen reicht es wenn die Ätzanstalt den Film vor der Belichtung so auf der Messingplatte befestigt das alles drauf ist.
Beim zweiseitigen Ätzen reicht das natürlich nicht.
Man stelle sich einen Meridianring vor der beidseitig eine 360 Grad - Skala besitzt, die an den Kanten mit Ornamentkreisen abschließen.
Da müssen beide Filme mit einer Genauigkeit von 1/10 montiert werden, oder man sägt beim Dekupieren unweigerlich auf der unteren Plattenseite diese Ringe an.
Zudem müssen natürlich auch die Gradeinteilungen auf jeder Seite deckungsgleich sein, ansonsten wird das Instrument für die wirkliche Beobachtung unbrauchbar.

Für diese Geschichte habe ich mir eine Offset - Film/Platten - Lochstanze besorgt, mit den entsprechenden Metallstreifen, die genau in die gestanzten Löcher eingreifen. Für die unterschiedlichen Messingstärken von 2, 3, oder 4 Millimeter habe ich dann Montierleisten mit diesen Metallstreifen angefertigt, wo dann zwischen dem oberen und unteren Film die Messingplatte nur noch eingeschoben und fixiert werden muß.
Die beiden Filme werden also zuerst deckungsgleich montiert und dann gelocht.

Die Qualität ist wirklich erstaunlich.
Wird der Lack heuzutage nicht einfach mit einem Laser belichtet?

Zitat von mikromeister

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Die Qualität ist wirklich erstaunlich.
Wird der Lack heuzutage nicht einfach mit einem Laser belichtet?

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Ich hatte vor einiger Zeit bei einer Laser - Cut Firma in unserer Nähe nachgefragt ob es möglich sei anstatt zu ätzen die Teile zu lasern und dabei direkt auszuschneiden. Ist im Prinzip möglich, wenn man mal davon absieht das beim Messing schneiden immer noch Probleme auftauchen.
Nur ist dieses Lasern mit speziellen Programmen verknüpft, und ein Umwandeln meiner Konstruktionsdaten in diese Programme käme ziemlich teuer.

Meine Ätzanstalt arbeitet aber auch heute noch mit den herkömmlichen Filmen.
Eine zweiseitige Ätzung 200 x 200 mm kostet ca. 30 Euro, was für den Hobbybereich eine vertretbare Summe ist.

Zitat von Mahlekolben

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Bin grad ein wenig baff und versuche Radien zu zählen - überall stimmen die Abstände zu den Buchstaben, alle Winkel passen - die Skalen alleine...

Hollaholla - da säße ein Graveur Jahre dran - schöne Arbeit, ganz toll!

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Danke Michael.
Na ja, Jahre wohl nicht. Meine Recherchen haben ergeben das die Kreise mit dem Reißzirkel gemacht wurden und die Gradmarkierungen mittels einer besonderen Vorrichtung und der Reißnadel, sodaß sich das eigentliche Gravieren auf die Schrift und die Zahlen beschränkte.
Ein Astrolabium in dieser Größe wurde in ungefähr zwei Wochen fertiggestellt.
Die Augsburger Werkstatt Schißler hat sich, um rationeller arbeiten zu können z. B. Schlagzahlen und auch Buchstabensätze schneiden lassen, was man aber auch auf den entsprechenden Instrumenten sieht.

WOWW! (Direkt mal Lesezeichen gesetzt.. ^^)

Zur Kontrolle der Ätztiefe hier meine Uhr mit Tastnadel.