Momentan bin ich am Einrichten der richtigen Maschinenbauwerkstatt. Bis jetzt hatte ich ja nur eine kleine Fräse und Drehmaschine im Elektroniklabor (bin Elektronikentwickler mit starkem Hang zur Mechanik und Uhrmacherei). Vor einiger Zeit hatte es sich aber ergeben, dass ich zwei ältere Industriemaschinen in meine Obhut nehmen konnte. Für die meisten hier ist diese Maschinenkategorie vermutlich schon in den Bereich Schwermaschinenbau einzuordnen, aber ich mache sehr viele herkömmliche Teile und für meine Pendeluhr ist eine makroskopische Maschine ohnehin gut zu gebrauchen.
Eine davon ist eine Weiler Praktikant 800R. Sie war aber in einem furchtbaren Zustand. Völlig ungepflegt, so dermaßen verdreckt wie ich es noch nie gesehen hatte. Anstatt Bettbahnöl wurde bei den Schmiernippeln fleißig Fett reingepresst, dadurch sich natürlich eine vorzügliche Schleifpaste ergibt. Ich musste tatsächlich diesen Dreck aus den Ölnuten herausstemmen. Kugellager im Schaltgetriebe waren auch komplett hinüber mit fast 0.5mm Radialspiel. Im Schlosskasten war schon lange kein Öl mehr, denn das lief durch ausgeleierte Wellendichtringe heraus. Schwalbenschwänze waren natürlich ähnlich verdreckt, was den Verschleiß sehr beschleunigt. Das Bett ist im vorderen bereich so um 0.1mm Eingelaufen, was aber quasi keinen Einfluss hat, solange die Führungsbahn in der XZ Ebene sauber parallel zur Maschinenachse läuft. Und selbst das könnte man beheben.
Die Reparaturarbeiten werden in Summe wohl 8-9 Wochen dauern, wobei ein großer Teil schon erledigt ist. Da ich üblicherweise Reparaturberichte auf meiner Seite veröffentliche, werde ich mich hier recht kurz Fassen, den Bericht gibts dann später. Für gewöhnlich handelt es sich dabei aber um Reparaturberichte von elektronischen Messgeräten. (https://oe2bcl.info/website/reparaturen.html vielleicht interessiert das ja den einen oder anderen der mit Elektronik zu tun hat)
Ausgangszustand, wobei hier schon einige Komponenten abmontiert sind: Gesamtansicht
Einzelteile Schlosskasten Ich kenne jede Schraube und jede Zahnlücke von den Rädern jetzt persönlich....
Dreckige Schlossmutter Komplett mit reingepressten Stahlspänen, die jedes Mal schön über die Leitspindel fuhren...
Lagerdeckel Offenbar wurden mal die Muttern der Stehbolzen beim Futter nicht richtig angezogen und danach gleich die Maschine eingeschaltet. Dann entstehen solche Schäden. Was passiert, wenn ein Graugussbröselchen oder irgend ein Dreck von Draußen seinen Weg in das vordere Hauptlager finden würde, kann sich wohl jeder selber ausmalen.
Laufflächen des Hauptlagers Alles schön glatt, kein Pitting oder ähnliches. Zu sehen sind auch die Antriebsriemen der Spindel. Stark zersetzt durch Alterung und Öleinfluss, sie werden natürlich getauscht. Doch dazu muss die Spindel raus.
Drehspindel Arbeiten am Spindelstock und der Spindel gehören zu den sehr kritischen Aktionen. Ein Fehler genügt, und man richtet sehr großen Schaden an.
Zwischenzeitlich wurde ein Großteil der Komponenten gesäubert, repariert und lackiert. Neuer Lack Der Lagerblock und die Zugspindel sind nur provisorisch montiert, weil ich etwas kontrollieren musste.
Gestern wurde es dann ernst, denn da kam die Drehspindel wieder rein. Man muss zum Riemenwechsel die Spindel und sogar das hintere Schrägkugellager entfernen.... Die Montage alleine war eine Arbeit von mehr als 6h.
Beim Bild der Drehspindel sieht man vorne den Innenring und den Käfig des doppelreihigen Zylinderrollenlagers. Dieses ist in axialer Richtung lose, dh es nimmt nur die radialen Kräfte auf. Das macht es aber exzellent, mit hervorragendem Rundlauf und großer Steifigkeit. Das andere Ende der Spindel ist in einer verspannten Kombination aus Schrägkugellager und Axiallager abgestützt. Die Riemenscheibe sitzt mit zwei Nadellagern auf der Spindel und kann entweder direkt 1:1 auf die Spindel gekuppelt werden oder über ein Vorgelege.
Alle Teile wurden vor der Montage natürlich äußerst sorgfältig gereinigt. Vor allem die Lager, da darf kein Bisschen Dreck übrig bleiben.
Vom Einbau der Spindel gibt es einige sehenswerte Fotos, aber die hab ich momentan noch nicht, die kommen dann in den Bericht rein.
Die Rundlaufmessungen waren dann der krönende Abschluss. Der Zeiger der Messuhr stand quasi still. Im Konus gemessen sowieso (da ist es am wichtigsten) und außen ebenfalls. Hatte leider nur die normale Messuhr zur Hand weil der Feinzeiger (1/1000mm Skalenteilung) im Labor lag. Der Rundlauf wird wohl im Bereich < 0.003mm liegen, möglicherweise noch darunter. In Summe also ein Traumhaftes Ergebnis, und das an einem Freitag den 13. ;)
Würde mich sehr freuen, wenn euch diese kurze Zusammenfassung der Arbeiten gefällt.
Es stimmt, dass diese Maschine etwas größer ist, aber von Weiler ist das eine der kleinsten. Primus, Matador und Condor fallen mir da gerade als größere Maschinen ein.
Pierre hat gerade erst seine China-Drehe auf Vordermann gebracht, die ist auch toll geworden!
Schöner wäre allerdings, wenn Du die Bilder direkt im Beitrag anzeigen würdest. Dazu bietet sich unsere Bildergalerie an, in der Du Dir ein eigenes Verzeichnis mit Unterordnern anlegen kannst. Schau' da einfach mal rein, vielleicht passt das ja für Dich.
Die Matador kenne ich eher als ne Praktikant mit aufwendigeren Getrieben, aber ansonsten ist die von der Konstruktion her so wie die Praktikant. Primus ist kleiner als die Praktikant, aber die Condor ist dann schon ein größeres Vieh. Klein sind sie im Vergleich zu der Maschine die noch kommen wird aber alle. Hab ne ca 3.5t CNC Drehe in Aussicht :D
Seinen Bericht habe ich gesehen, das hat er wirklich exzellent gemacht!
Ja, das dachte ich mir auch. Hab ewig nichts in Foren gemacht und früher war das oft noch so ne Sache mitm hochladen. Aber wenn das hier so leicht geht, schaue ich mir das an. Finde es natürlich auch schöner, wenn man direkt die Thumbnails im Beitrag sieht.
So Leute, jetzt hab ich endlich die Fotos vom Spindeleinbau und die will ich euch natürlich nicht vorenthalten, denn es handelt sich dabei um eine extrem spannende Arbeit.
Begutachtung des Abdrückgewindes und der Lagersitze. In der roten Wanne sind die anderen Teile für den Spindelstock, wie Zahnradhülse, Schaltmuffe, Vorgelege usw.
Hülse zum Abstützen des Innenrings beim Schrägkugellager. Andernfalls würde man beim Eintreiben der Spindel das Lager beschädigen
Gut ist, wenn man bei so einer arbeit halbwegs den Durchblick hat ;) Die zwei Nadellager gehören zu der Zahnradhülse die auf der Spindel drehbar gelagert ist. Auf ihr laufen auch die Riemen und durch eine Kupplung kann das Vorgelege eingerückt werden
Der Käfig und Innenring des vorderen Spindellagers. Diese Lager (Super Precision Kategorie) gehören zum Feinsten was man verbauen kann.
Eintreiben der Spindel. Wurde mit einem Holzhammer gemacht, aber keine Sorge, ich weiß schon wie man das macht ohne dass die Lager beschädigt werden. Dazu war z.B. die Hülse da und als die Rollen dann in die Nähe der Lauffläche kamen, wurde natürlich ohne Unterlass kontrolliert, dass nichts verkantet. Tut man das nicht, kann man so ein Lager sehr leicht schrotten.
Erste Rundlaufmessung nach Einstellung des Lagerspiels. Die Ergebnisse waren hervorragend.
Dem schließe ich mich an. Habe auch noch eine etwas größere Drehmaschine mit 51 mm Spindelbohrung und DIN-800-Flansch (1500 mm Spitzenweite), dort ist der Spindelkopf nachstellbar gleitgelagert. Das Nachstellen nützt aber wenig, falls die Buchse oval ausgenuddelt ist.
Vielen Dank, freut mich sehr, dass es euch gefällt!
Morgen wird das Vorschubgetriebe wieder montiert. Das musste nochmal runter wegen einem "verschluckten" Passstift. Das Schaltgetriebe (sitzt im Unterbau und wird über eine Welle mit Kugelgelenken über ein Handrad geschaltet) hätte ich zwar schon eingebaut, aber dann ist mir ein nerviger Fehler aufgefallen. Im Deckel ist die Schaltwelle + Ritzel welches in eine Zahnstange greift. Diese ist gleichzeitig die Schaltgabel. Im Bild aus Michaels Kommentar gut zu sehen, wenn auch etwas unscharf. Beim Zerlegen habe ich extra darauf geachtet, wie die Welle orientiert sein muss, wenn das Getriebe im vierten Gang ist, damit ich es später nur ja richtig zusammenbaue. Leider habe ich das dann nicht nochmal kontrolliert. Nun kam was kommen musste: Das Ritzel hätte doch um 1-2 Zähne versetzt rein gehört und der Deckel ist natürlich bereits mit Loctite 5910 abgedichtet.... Nun liegt die Beschriftung vom Handrad nicht genau auf einer Linie mit der Markierung. Aber das ist ganz einfach die gerechte Strafe für ein Mal nicht sauber arbeiten. Wird aber auch morgen korrigiert, sofern ich den Deckel aufbekomme.
Hallo Chris, Deine Beschreibung speichere ich mal als Anleitung für mich ab, wenn mal bei meiner Matador der Riemenwechsel ansteht. Davor fürchte ich mich, seit ich diese Maschine habe. Deshalb habe ich seinerzeit den Spindelstopp, der ja auf dem Motor sitzt, und seine Kraft zusätzlich über die Riemen übertragen muß, ausgebaut. So muß ich halt auf das Auslaufen der Spindel warten, aber der Riemenwechsel wird hinausgezögert. So wie ich das sehe, sitzt das Hauptlager auf einem Konus, sodaß darüber das Radialspiel eingestellt werden kann. Ist das richtig?
Darum wollte ich das gleich am Anfang erledigt haben, zumal die alten Riemen schon stark brüchig waren. Achte genau darauf, dass kein Öl aus dem Spindelstock oder dem Schaltgetriebe auf die Riemenscheiben sifft. Im Zweifel würde ich diese Bereiche mit Bremsenreiniger säubern und die Riemen auch, sofern sie Öl abbekommen haben. Es darf nicht auf dauer Einwirken.
Wenn du Riemen kaufst, müssen diese Satzgleich sein. Wir haben im Lager wirklich welche ausgesucht, die direkt nebeneinander abgeschnitten wurden im Werk. Ich hab die zwei Riemenscheiben mitgenommen und da haben wir am lebenden Objekt geprüft, ob die Riemen auch wirklich gleich lang sind. Das ist von allergrößter Wichtigkeit, sonst schwingt alles. Scheinbar gibt es bei Weiler diese Riemen nicht mehr, was ich aber nicht glauben will. Die haben normal fast alles für die alten Maschinen.
Das mit dem vorderen Hauptlager siehst du richtig. Es ist ein NN 3012 KMSP Lager, wobei das K für Kegel steht und SP ist Super-Precision. Hast du das Handbuch? Kostet zwar ein paar Zehner, aber ist sein Geld absolut wert. Das Radialspiel wird nach dem Zusammenbau eingestellt, indem mit der inneren Nutmutter der Innenring auf den Konus gedrückt wird und der sich dadurch weitet.
Hinter dem äußeren Lagerdeckel hinter der Spindelnase sitzt eine Kreuzlochmutter, mit der der Innenring von der Nase weg abgedrückt werden kann. Im Spindelstock sitzt, da wo die Schaltmuffe vom Vorgelege drüber fährt, eine Nutmutter. Diese muss gelöst werden, damit genug Luft ist um mit der vorderen Kreuzlochmutter den Innenring abzudrücken. Die erforderlichen Kräfte sind einigermaßen Beachtlich, also habe ich einen gedrehten Zapfen in eine der Bohrungen an der Spindelnase gesteckt und das dann mit einer Bandschlinge mit dem Bett verzurrt. Danach den Hakenschlüssel angesetzt und mit einer Rohrverlängerung und aller Kraft den Ring gedreht. Furchtbares Gefühl wenn man bei solchen Dingen rohe Gewalt anwenden muss, aber es geht nicht anders. Anschließend habe ich die Spindel vorsichtig von hinten Ausgeklopft. Dabei bekommt zwar das hintere Stützlager (Schrägkugellager) die Stöße auf die Wälzkörper, aber das ist ohnehin die erlaubte Belastungsrichtung und zum Anderen sehe ich keine Möglichkeit, den Innenring von hinten zu stützen. Beim Eintreiben braucht man aber zwingend so eine Hülse oder ähnliches, denn sonst würde man das Lager garantiert zerstören!
Wenn du die Riemenscheibe ausbauen willst, musst du auch die dicke Zahnradhülse mit den Nadellagern ausbauen. Dazu muss, lächerlicherweise, auch das hintere Stützlager raus. Ich hab dazu die Abtriebswelle für den Wechselrädersatz entfernen müssen (lässt sich nach lösen der Schrauben mit zwei Schrauben abdrücken). Das doppelte Zahnrad, das auf der Welle verschiebbar ist, muss nämlich weg, sonst kann man von innen das Lager nicht ausdrücken, jedenfalls wenn man es so macht wie ich. Ich hab da ein Rohrstück genommen, das ich dann von innen gegen den Aussenring des Stützlagers gedrückt habe. Über dieses Rohr wurde das Schrägkugellager dann mit einer art Gleithammer (runde Metallplatte + Gewindestange + Muttern + Gewicht mit Loch) aus dem Sitz geschlagen. Geht aber recht leicht, der Sitz ist nicht besonders fest.
Erst dann kann man die Hülse durch die Bohrung des Stützlagers herausnehmen.... Klingt umständlich, ist es auch. Aber es ging in 6h perfekt über die Bühne. Einen Helfer kann ich nur empfehlen, der Die Schlaghülse hält und auch andere Teile, sonst ist es eine "Fudlerei".
Falls du Rat brauchst, kannst du dich sehr gerne an mich wenden. Aber so schlimm ist der Spindelstock nicht, man muss halt genau überlegen.
Die paar Zehner bezogen sich auf das Handbuch. Das ist fast Pflicht bei den Arbeiten. Mit dem Lagerpreis hast du recht, so ca 600-700 blättert man wohl für das Zylinderrollenlager hin.
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14.07.2018 13:11
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