Guten Abend, ich hab mal wieder beim Dorotheum gestöbert und bin zum x-ten Mal auf eine Uhrenart gestoßen, die ich sicher schon -zigmal vor langer Zeit in den späten 70er und frühen 80er Jahren ge- und wieder verkauft habe.
Es geht um diese Uhr hier. https://www.dorotheum.com/de/l/8779892/#

Damals hat ein Trödler mit Schwerpunkt Uhren alle 14 Tage einen kleinen LKW voller Antiquitäten aus Wien und Umgebung geholt, und dabei waren immer wieder genau solche Uhren, die Gehäuse waren bis ins kleinste Detail absolut identisch, wie aus einer einzigen Fabrik stammend, nur die Werke waren leicht unterschiedlich, aber immer von sehr guter Qualität, ich hab die immer so um 1900 eingeordnet.

Die meisten waren nicht signiert, nur wenige trugen eine Signatur wie diese hier, und der Händler nannte diese Uhren Postuhren und behauptete, davon gebe es so viele, weil diese Uhren in jeder Poststelle der österreicher Post als genaugehende Art Normaluhren gehangen hätten.

Ich habe deswegen schon oft nach Infos zu diesen Uhren gesucht, aber bisher nie irgendetwas finden können.
Vielleicht sind unsere beiden Wiener Sammler Steffi und steffl62 in der Lage, etwas Licht ins Dunkel zu bringen?

Die Meindls scheinen eine Händlerdynastie gewesen zu sein. wird im NAWCC Forum ausgiebig diskutiert.

https://mb.nawcc.org/threads/mathias-meindl.170745/

"Just to add a little pepper to the soup, there was also Oskar Meindl, clockmaker, whose business was founded in 1862. He was further away in the district of Margareten (Wien IV, Margaretenstrasse 45). Both Johann and Oskar had very large entries in many of the business directories, saying that they were government approved valuers, had large stocks of all types of clocks, gold and silverware etc. etc. and that they had been established a long time. Mathias, on the other hand, always had much more modest entries."

Also mir ist der Begriff "Postuhren" bisher noch nicht untergekommen. Es erscheint mir auch nicht wirklich wahrscheinlich weil eine genauere Zeit wohl eher auf den Bahnhöfen verfügbar gewesen wäre. Da war die genaue Zeit wichtig zur Ablaufsteuerung des Zugverkehrs. Zudem gab es sogar Menschen die sich Geld damit verdient haben mit einer genauen Taschenuhr die exakte Zeit von der nächsten Sternwarte zu hohlen und sie dann zu dafür zahlenden Kunden zu bringen. Diese Dienstleistung war aber natürlich nur in der Umgebung von Sternwarten verfügbar.
Diese Gehäuse sind aber so um 1900 schon sehr verbreitet und man sieht sie wirklich oft mit Wiener Regulatoren bestückt. Was sehr gut Möglich wäre ist das es sich um eine Art Standard Bürouhr gehandelt hat die vom Staat in höheren Stückzahlen für diverse Ämter angekauft wurde aber dann wären wohl auch immer die selben Werke drinnen. Eher könnte es sein das es sich um immer den selben Gehäusehersteller gehandelt hat der diese Gehäuse in Serie produziert hat und bei dem sich dann die diversen Uhrmacher eingedeckt haben. Speziell bei den Gewichtsregulatoren ist ja die notwendige Fallhöhe wichtig und da war wohl die Auswahl an verfügbaren Gehäusen auch eingeschränkt.

LG Christian

Hallo Christian, was mich wundert ist, dass diese Uhren mit den doch sehr schlichten Kästen so gar nicht in die Moder der damaligen Zeit hereinpassten, die für die Bürger waren entweder total verziert im Jugendstil oder altdeutsch geprägt, und dagegen dieser so schlichte Kasten?

Ich habe sogar auf den extrem guten Bildern des Dorotheums die charakteristischen Wandabstandsschrauben wiedererkannt, die nicht wie sonst üblich am Umfang gerändelt waren, sondern nur so gewellt ausgestanzt. Sicher eine typische Rationalisierungsmaßnahme bei der Massenproduktion.

Gut möglich ist sicher auch, dass das wie du schreibst Standard-Bürouhren waren, die in vielen Amtsstuben gehangen haben dürften und sehr zuverlässig genaue Zeit anzeigten.
Schade, dass es darüber nichts genaueres gibt, für mich wäre es interessant, mehr davon zu erfahren.

Hallo zusammen,

auch wenn es nicht wirklich was mit Wien zu tun hat:


Als ich hier Postuhr gelesen hab, kam mir gleich Gustav Becker in den Sinn.
https://de.wikipedia.org/wiki/Gustav_Becker_(Uhrenfabrikant)

Zitat

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[...] Im Jahr 1854 folgten Großaufträge für die Königliche Post und das Telegrafenamt Schlesiens.

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Scheinbar hatte also (zumindest die schlesische) Post erhöhten Bedarf an guten Großuhren. Denkbar, dass das in Österreich nicht anders war.

Danke! das ist doch mal ein guter Hinweis.
Ich hab diese Uhren dutzendfach von Wilhelm Bauer, dann von Wenzel Schönberger gehabt, weitere fallen mir grad nicht ein, und die waren alle auf dem Emailzifferblatt signiert, teils abgerieben, teils noch lesbar, teils fast unlesbar.

Das alles deutet auf eine Massenfertigung hin, wobei der Uhrmacher ein fertiges Gehäuse bezog und nur noch seine Teile wie Pendel, Werk, Schlüssel, Gewicht und Pendelskala beisteuerte und die Pendeluhr an die bestellende Behörde auslieferte.

Wäre totzdem schön, wenn es weitere Infos zum Thema gäbe!